In einer internationalen Plakatkampagne übt sich die Fast-Food-Kette in Minimalismus. Zu sehen ist ein Burger in hochaufgelöster Nahaufnahme, die Lagen aus Brötchen, Fleisch, Salat, Käse und Tomate sehen fast wie abstrakte Flächen aus. Keine Schrift, nur ein Preis: 1,99 Euro, und ein dezentes grünes Logo, fast nicht lesbar das Kleingedruckte. Dem US-Maler Mike Bouchet kommt diese Optik nur allzu bekannt vor, er sieht darin ein Plagiat seiner Burger-Gemälde, die eine sehr ähnliche Komposition aufweisen. Wir haben mit dem Künstler gesprochen.
Mike Bouchet, seit wann machen Sie Burger-Bilder?
Die Serie begann im Jahr 2007. Ich hatte zuvor eine Skulptur mit dem Titel "Canburger" aus 10.000 Hamburger-Dosen hergestellt und fing dann an, Gemälde von Hamburgern auf Plakatwand-Format zu produzieren. Ich war schon immer daran interessiert, Kunst zu machen, die sowohl unsere Zeit als auch die Kontinuität der Kunstgeschichte repräsentiert. In den Bildern kreuzen sich die Wirkung großer, üppiger Ölgemälde und die von extrem konstruierter, fetischisierender Food-Fotografie. Im Beschneiden und Skalieren des Bildes konzentriere ich mich sozusagen auf das "Herz der Sache". Ich wollte auf die hervorstechenden Aspekte dieser Burgerbilder fokussieren und die übertriebenen und fast surrealen Qualitäten in ihnen offenbaren.
Gab es jemals eine kommerzielle Anfrage an Sie?
Nein.
Haben Sie die Agentur von McDonald's kontaktiert?
Nein, ich habe gerade herausgefunden, wer die Agentur ist. Was ich merkwürdig finde, ist, dass ich die Bilder ursprünglich 2008 in Paris ausgestellt habe und die Agentur, die diese Kampagne produziert hat, TBWA, ihren Sitz in Paris hat. Scheint ein ziemlicher Zufall zu sein. Sie starteten diese Kampagne im Jahr 2013 und bewarben sie als "textlose, markenlose" Werbetafeln und Plakate. Die Kampagne läuft immer noch in Frankreich, und wird jetzt auf internationaler Ebene gezeigt. In Deutschland ist sie seit mehr als einem Jahr zu sehen.
Fühlen Sie sich bestohlen?
Das Stehlen ist in Bezug auf Kunst immer ein kompliziertes Wort. Unter Künstlern hat es eine ganz andere Bedeutung, da dieser Diebstahl immer auch Anerkennung von Ideen und Methoden bedeutet. Etwas anderes ist es, wenn einer der größten Konzerne der Welt im Grunde genommen die visuelle Sprache, den Maßstab und die Gesten eines Künstlers ohne Nennung, Kontakt oder Anerkennung kopiert. Das ist Plagiat. Das ist etwas anderes als Appropriation.
Wo liegt für Sie der Unterschied?
Der Vorgang ist nicht vergleichbar, weil die Ziele unterschiedlich sind. In einem kommerziellen Kontext wird das Bild zu Verkaufszwecken verwendet. In der Kunst wird dasselbe Bild zu einem Werkzeug, um komplexe Fragen über Gesellschaft, Wirtschaft, Funktionsweise von Bildern und so weiter zu stellen. Die Agentur, die meine Arbeit verwendet hat, verbreiten diese Bilder und verlangen von ihrem Kunden ein Honorar für ihre kreativen Dienste. So ist keine künstlerische und kritische Auseinandersetzung mit der Bedeutung dieser Bilder möglich. Wenn ein Künstler Werbebilder appropriiert, ist das eine gesunde und notwendige Reaktion, zum Beispiel als Kontrapunkt zur erstickenden Präsenz von Werbung in jeglichem Raum, real oder virtuell. Es ist nicht miteinander vergleichbar, wenn ich ihre Bilder und andere Burgerfotos benutze, oder wenn sie meine verwenden. Ich habe einen Bildtyp präzise verändert, um ein Kunstwerk zu erstellen. Sie haben mich identisch kopiert, um eine Anzeige zu machen. Das zeigt den Unterschied zwischen dem, was ich kann und dem, was sie können.
Und juristisch gesehen?
Juristisch gibt es die Frage nach dem Urheberrecht, und auf einem verfeinerten Niveau die Diskussion, was ein Künstlerwerk ausmacht. Die stilistischen Aspekte dieser Serie von Gemälden von mir sind entscheidend für ihre Wirkung: wie das Bild beschnitten wird, die Farbkorrektur, die übertriebene fotografische Tiefe beim Malen. Es ist sehr wichtig, dass kein Text oder Branding vorhanden ist. Dies sind die künstlerischen Elemente, die ich in diesen Gemälden verwende. Diese Entscheidungen sind für die Wirkung der Anzeige weitaus wichtiger als wer das Recht auf das Lebensmittelfoto besitzt und welcher Fotograf den Knopf auf der Kamera gedrückt hat.
Nimmt die Kunst dadurch denn Schaden?
Ich weiß nicht, ob es der Kunst schadet, aber es zeigt die schwache rechtliche und finanzielle Situation, in der sich die Kunst heute befindet. Wenn diese Agentur einige Noten aus einem Stevie-Wonder-Song in einem Jingle verwendet hätte, selbst wenn es nicht wissentlich geschehen wäre, hätten sie dafür bezahlen müssen. Mode und Werbung leihen und stehlen seit langem bei der Kunst, aber es ist nicht so ein Geben und Nehmen, wie die Leute denken. Was geben sie wirklich zurück? Es ist vielmehr eine Einbahnstraße mit bestenfalls einer winzigen Rückkopplungsschleife. Manche würden sagen, dass es sich um ein Ökosystem oder einen Kreislauf aus Aneignung und Umwidmung handelt, und dass es kein Original gibt. Aber was ich tue, ist etwas anderes. Ich kopiere nicht, sondern ich untergrabe. Alles, was sie tun, ist, mich zu kopieren, ohne meiner Arbeit etwas hinzuzufügen.
Was wäre ein wünschenswerter Umgang?
Die Frage der finanziellen Entschädigung ist eine Sache, und die Frage des kreativen Credits ist eine andere. Dass eine einzelne Printkampagne sechs Jahre lang international läuft, spricht für die Stärke der künstlerischen Eigenschaften, nicht für die fotografischen Qualitäten. Hier geht es vor allem darum, Künstlern ihre Anerkennung zukommen zu lassen und den Ursprung einer Idee anzuerkennen.
Wie könnte das aussehen?
Zum Beispiel wurde in dem Film "The Eternal Sunshine of the Spotless Mind" von Michel Gondry und Charlie Kaufman anerkannt, dass die Idee vom Künstler Pierre Bismuth stammte. Ihm wurde künstlerische und finanzielle Anerkennung gewährt. In einer fast schon psychotisch medial durchdrungenen Welt, die zunehmend fragmentiert wird, halte ich es für außerordentlich wichtig, dass den Künstlern die gebührende Anerkennung zuteil wird.