120 Jahre Fu Baoshi

Trunken vor Freude an der Natur

Vor 120 Jahren wurde der chinesische Maler Fu Baoshi geboren. Kennen Sie nicht? Seine Bilder erzielen heute höhere Preise als westliche Blue-Chip-Künstler wie Lucian Freud oder Wassilly Kandinsky

"Immer trunken gemalt." Dieses Siegel setze der chinesische Landschaftsmaler Fu Baoshi häufig unter seine Bilder. Trunken vor Freude an der Natur, zugleich oft schlicht betrunken – nannte man den Künstler auch "Alter Weinkrug". Fu Baoshi, der am 5. Oktober 1904 – also vor genau 120 Jahren – in der südlich des Jangtsekiangs gelegenen Stadt Xinyu geboren wurde, gehört neben Zao Wou-Ki, Wu Guanzhong, Qi Baishi und Zhang Daqian zu den wichtigsten Vertretern neuerer chinesischer Malerei. Das zeigt sich allein schon an seinem unglaublichen Marktwerk: Im jüngsten Kunstindex des "Manager"-Magazins steht Fu Baoshi mit einem einem Umsatz von fast 69 Millionen US-Dollar auf Platz 27 der Liste mit den umsatzstärksten Künstler des letzten Jahres – vor Wassiliy Kandinsky, Roy Lichtenstein und Lucian Freud. Sein Werk "Die Landschaft um den Yuntai-Berg" von 1942 wurde etwa 2023 bei einer Auktion in China für 12,9 Millionen US-Dollar verkauft.

Fu Baoshi war ein moderner Maler, aber wie seine Darstellung des Yuntai-Berg zeigen viele seiner Rollbilder vormoderne Idylle: Gelehrte am Bergbach, ein greiser Angler am Fluss, Wildgänse am sandigen Strand. Mit Tusche und leichten Farben brachte der Künstler die Landschaften zu Papier, mal mit feinen Strichen, mal grob laviert. In Motivwahl und Technik folgt Fu Baoshi der Tradition. Dennoch lassen einige Bildern westliche Einflüsse erkennen – sind manchmal gar in der für asiatische Kunst ungebräuchlichen Zentralperspektive gemalt.

Die westliche Malerei war Fu Baoshi vertraut, hatte er sie doch neben der japanischen an der Kunstakademie in Tokio studiert, auf Reisen nach Rumänien und in die Tschechoslowakei fand er neue Motive. Schwieriger hingegen fiel ihm nach Ausrufung der Volksrepublik 1949 die Forderungen nach Lebensnähe in seine Arbeit zu integrieren. Die Stromleitungen auf einigen Bildern fallen nicht sofort ins Auge, Punkte am Horizont könnten LKWs darstellen. Den Grausamkeiten der Kulturrevolution entging der feinsinnige Maler jedoch: Er starb 1965, ein Jahr vor deren Beginn.