Tipps und Termine

Wohin am Wochenende?

Die Kunst der Woche in Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Ratingen, Schleswig und Wittenberg


Coronabedingt können bestimmte Ticket-, Hygiene- und Abstandsregelungen gelten. Vor dem Ausstellungsbesuch empfiehlt sich deshalb ein Blick auf die jeweilige Institutions-Website.


Paper Positions in Berlin

Eine Messe in angenehm überschaubarem Format ist die Paper Positions. Im August probiert sie in Berlin den postpandemischen Neustart mit knapp 50 internationalen Galerien, darunter die Berliner Thomas Schulte, CFA, Kuckei + Kuckei und Kornfeld, Thole Rotermund aus Hamburg oder Heike Strelow und Anita Beckers aus Frankfurt am Main. Die gezeigten Werke schöpfen die Varianz des Mediums Papier aus, von Künstlerbüchern über Zeichnungen und Aquarelle bis zu skulpturalen Arbeiten. Als Location wurde die Telekom Hauptstadtrepräsentanz ausgewählt.

"Paper Positions", Telekom Hauptstadtpräsentanz, Berlin, bis 22. August


Wiedererwachte Nationalgalerie in Berlin

Nach Schließung und jahrelanger Sanierung eröffnet die Neue Nationalgalerie in Berlin mit drei Ausstellungen. Der Architekt Ludwig Mies van der Rohe (1886-1969) schuf Ende der 60er-Jahre den als Ikone gefeierten prägnanten Bau aus Glas und Stahl als Museum für die Kunst des 20. Jahrhunderts. "Die lange Schließung ist eine Zäsur und die Möglichkeit des Neuanfangs", sagte der Leiter der Neuen Nationalgalerie, Joachim Jäger, in Berlin.

Zur Wiedereröffnung am 22. August gibt es mit "Die Kunst der Gesellschaft 1900-19452" eine bis Juli 2023 geplante Dauerausstellung mit zentralen Arbeiten aus der rund 1800 Werke umfassenden Sammlung der Nationalgalerie. In die Ausstellung integriert ist die Präsentation "Die Neue Nationalgalerie. Ihr Architekt und ihre Baugeschichte" zu dem von Stararchitekt David Chipperfield sanierten Museum.

In der spektakulären Haupthalle sind in der Ausstellung "Alexander Calder. Minimal/Maximal" bis zum 13. Februar Werke des US-amerikanischen Bildhauers zu sehen. Calder (1898-1976) ist mit dem Bau auch durch seine Arbeit "Têtes et Queue" von 1965 verbunden, die zur Eröffnung des Mies-Baus aufgestellt wurde und wieder auf der Terrasse des Museums zu finden ist.

Mit "Rosa Barba. In a Perpetual Now" ist die dritte Ausstellung der in Berlin lebenden Künstlerin gewidmet. Im Grafischen Kabinett der Neuen Nationalgalerie zeigt sie bis zum 16. Januar zentrale Filme ihres Werkes aus der Zeit zwischen 2009 bis heute. Für die Anordnung wählte auch sie einen Bezug zu Mies und seiner Architektur. Die Stahlkonstruktion für die Arbeiten ist angelehnt an die Haupthalle und basiert zugleich auf dem Grundriss von Mies van der Rohes "Landhaus aus Backstein". (dpa)

Neue Nationalgalerie, verschiedene Ausstellungen, Berlin, ab 22. August


Kunst aus Japan in Düsseldorf

Als japanische Unternehmen nach dem Zweiten Weltkrieg Mitte der 1950er-Jahre den Weg zurück nach Deutschland suchten, wurde Düsseldorf dank gezielter Wirtschaftsförderung und früher Unterstützung im Aufbau einer japanischen Infrastruktur bald zum bevorzugten Ansiedlungspunkt. Mit aktuell rund 8400 Personen beheimatet die Landeshauptstadt heute die drittgrößte japanische Community Europas. Die japanisch-deutsche Freundschaft hat Düsseldorf nicht nur um eine Reihe fantastischer Restaurants, einen authentischen japanischen Garten, eine florierende Cosplay-Szene und wichtigen interkulturellen Austausch bereichert, sondern der Stadt auch beachtenswerten künstlerischen Nachwuchs beschert.

Seit 1960 haben mehr als 300 japanischstämmige Künstlerinnen und Künstler ein Studium an der Kunstakademie Düsseldorf absolviert. Fünf von ihnen hat die Kunsthalle Düsseldorf nun zur Gruppenschau "tomodachi to. Mit Freund*innen" eingeladen und sie gemäß des Ausstellungstitels angehalten, eine befreundete Person mitzubringen. Zu den bekanntesten japanischstämmigen Kunstakademie-Absolvierenden zählt zweifelsohne Yoshitomo Nara, dessen Malereien trotzig dreinblickender Tiere und Kleinkinder 2001 in Takashi Murakamis genredefinierender "Superflat"-Ausstellung zu sehen waren und seitdem emblematisch für die japanische Pop-Figuration geworden sind.

Selbst eingeladen hat er den nach wie vor in Düsseldorf ansässigen Akademie-Absolventen Masao Nakahara, dessen Figuren ebenfalls häufig kindliche Züge tragen, mit ihren fragilen Körpern aus Pappmaschee und Bienenwachs und ihren von deutlichen Pinselstrichen markierten Gesichtern jedoch der Textur gegenüber der Flachheit den Vortritt lassen.

Yukako Andō, deren Skulptur "Präzision und Veränderungsmöglichkeiten" den einstigen Düsseldorfer Wohnort Ludwig van Beethovens markiert, bringt ihre Kunstakademie-Professorin Magdalena Jetelová mit; Kyōko Murase hat ihre aus Budapest stammende Konrad-Klapheck-Klassenkameradin Anca Muresan eingeladen.

Yūji Takeoka und Karin Sander verbindet zwar keine Kunstakademie-Studienzeit, dafür aber der Hang zu einem feinsinnig-humorvollen skulpturalen Minimalismus. Als jüngste Kunstschaffende vertreten sind Ryō Kinoshita, der sich die Permeabilität der Leinwand für seine komplexen Werke zwischen Quilt und Reliefmalerei zunutze macht, und sein Gast Sōya Arakawa, dessen Performances und autofiktionale Skulpturen sowohl von seiner Ausbildung in traditioneller japanischer Töpferkunst als auch von seinen zahlreichen Besuchen im Düsseldorfer Puppentheater zehren. Mit den in fünf verschiedenen Dekaden geborenen Protagonistinnen und Protagonisten bildet die Schau ein Stück international verwobener, lokaler Kunstgeschichte ab.  

"友達と – "tomodachi to. Mit Freund*innen", Kunsthalle Düsseldorf, bis 24. Oktober


Kunst von Professorinnen in Düsseldorf

Künstlerinnen gab es zu allen Zeiten, doch erst 1919 wurden mit der Einführung des Frauenwahlrechts in Deutschland auch die ersten Frauen als Kunststudentinnen angenommen. Die Düsseldorfer Kunstakademie gesellte sich 1921 als letzte Institution dazu. Nach der Unterzeichnung der Weimarer Verfassung im August 1919 hat die Einrichtung sich erst im darauffolgenden Jahr zur Bewerbungsmöglichkeit für Frauen gesetzlich verpflichten müssen – und das bis zuletzt ausgereizt. Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums dieses Ereignisses zeigt die Düsseldorfer Sammlung Philara die Gruppenschau "Mirrors and Windows": Werke ehemaliger und aktueller Professorinnen wie Keren Cytter, Sabrina Fritsch, Dominique Gonzalez-Foerster, Katharina Grosse, Rita McBride, Rosemarie Trockel und Katharina Wulff. Was wären wir heute ohne sie.

"Mirrors and Windows", Sammlung Philara, Düsseldorf, bis 3. Oktober


Virtuelle Kunst in Düsseldorf

Keine Kunstobjekte real zum Anfassen, sondern nur auf dem Smartphone oder Tablet sichtbar: Das NRW-Forum Düsseldorf richtet von diesem Sonntag an "die weltweit erste AR-Biennale" mit 19 internationalen Künstlern aus. AR steht für Augmented Reality - digitale Realitätserweiterung - und gehört laut Veranstalter zu den "spannendsten aktuellen Darstellungsformen für zeitgenössische Kunst." In Ehrenhof und Hofgarten nahe des NRW-Forums startet das Projekt, weitere Arbeiten sollen in Köln und Essen zu sehen sein.

Wer das "weltweit einzigartige" Projekt mit dem digitalen Skulpturenpark erkunden möchte, braucht ein Smartphone oder Tablet - und eine spezielle App. Mit diesem Programm namens "AR Biennale" werden digitale Kunstwerke in die reale Umwelt eingefügt und auf dem Endgerät sichtbar - und nur dort. Ohne das Endgerät sieht der Besucher: nichts. 

"Die erweiterte Realität ist hybrid, neuartig und sehr künstlerisch. Physikalische Grenzen werden aufgehoben und man sieht Dinge, die real nicht existieren könnten", schilderte Alain Bieber, Künstlerischer Leiter des NRW-Forums und Kurator der ersten Ausgabe. Viele Künstlerinnen und Künstler entwickelten derzeit solche innovativen AR-Werke. Im Rahmen einer Biennale werde ihnen erstmals eine Plattform geboten. Zu sehen sind etwa überdimensionierte Skulpturen oder eine virtuelle Figur, die in die Sammlung des Kunstpalasts eindringt, um dort Werke zu stehlen. (dpa)

AR Biennale, Düsseldorf, Köln und Essen, bis 20. Februar 

Aby Warburgs Bilderatlas in Hamburg

Er besteht aus 971 Abbildungen auf 63 großen schwarzen Tafeln: Aby Warburgs berühmter Bilderatlas "Mnemosyne" kehrt zurück in seine Geburtsstadt Hamburg. "Der Bilderatlas zählt bis heute zu den weltweit bedeutendsten kunsthistorischen Forschungsprojekten", teilten die Deichtorhallen mit. Von Samstag an bis zum 31. Oktober ist das Kunstwerk in der Sammlung Falckenberg in Hamburg-Harburg zu sehen.

Aby Warburg (1866–1929) stammte aus der wohlhabenden jüdischen Hamburger Bankiersfamilie Warburg. Nach seinem Studium der Kunstgeschichte untersuchte er die Wechselwirkungen von Bildern aus verschiedenen Epochen und kulturellen Kontexten. Mit dem "Bilderatlas Mnemosyne" wollte er die Einflüsse der Antike auf die Renaissance und weit darüber hinaus bildlich darstellen. 
"Die Ausstellung stellt die letzte dokumentierte Version des Atlas von Herbst 1929 nahezu vollständig mit den Originalabbildungen wieder her", hieß es.

Der größte Teil der 971 Abbildungen wurde in der 450.000 Objekte umfassenden "Photographic Collection" des Londoner Warburg Institute wieder aufgefunden. Zum ersten Mal nach Warburgs Tod könne damit sein Hauptwerk, die 63 Tafeln des Atlas, in der final überlieferten Konstellation präsentiert werden.

Sammlung Falckenberg, Deichtorhallen Hamburg, 21. August bis 31. Oktober


Wohnwelten in Ratingen

Für manche geht es darum, die Traumwohnung zu finden – bodentiefe Fenster und genug Platz für die Haustiere. Für andere darum, überaupt ein Dach über dem Kopf zu haben. Wohnen ist ein Menschenrecht, und die Frage nach bezahlbarem Raum eine der wichtigsten, die unsere Gesellschaft zur Zeit zu lösen hat. In dieses Themenfeld hinein stößt die Ausstellung "Der Traum vom Wohnen" im Museum Ratingen. Sechs internationale Künstlerinnen und Künstler zeigen, wie Menschen im Ruhrgebiet oder in China wohnen, gestalten architektonische Visionen und fassen die Hoffnungen und Sehnsuchten in Bilder, die die Menschen mit dem Wohnen verbinden.  

"Der Traum vom wohnen", Museum Ratingen, bis 1. November

 

Eine Region als Filmkulisse in Schleswig

"Landarzt", "Immenhof", "Tatort" oder auch "Nosferatu": In Schleswig-Holstein werden immer wieder Filme und Serien gedreht. Bereits 1921 wurden in Lübeck, Lauenburg und auf Sylt unter der Regie von Friedrich Wilhelm Murnau Szenen aus dem Gruselfilm "Nosferatu" gedreht. Seitdem entstehen immer wieder Filme und Vorabendserien im nördlichsten Bundesland. Eine neue Schau im Landesarchiv in Schleswig beleuchtet von Donnerstag an 100 Jahre Filmset Schleswig-Holstein. Die Ausstellung "Urlaubsort – Tatort – Drehort! 100 Jahre Filmset Schleswig-Holstein" soll einen Bogen spannen von der Entstehung der Filme bis hin zu ihrer Archivierung für die Zukunft. 

Ermöglicht wurde die Ausstellung nach Angaben des Landesarchivs durch die Sammelleidenschaft des Schleswiger Fotografen und Autors Kai Labrenz. Er begleitet seit 1992 Dreharbeiten in Schleswig-Holstein mit der Kamera. Einen Großteil seiner Sammlung hat Labrenz inzwischen als Schenkung ans Landesarchiv gegeben. So habe bei der Gestaltung der Ausstellung auf einen reichen Fundus von Fotografien, Pressemappen, Requisiten, Plakaten und Fanartikeln zurückgegriffen werden können, teilte das Archiv mit.

Darüber hinaus will ein vielfältiges Begleitprogramm weitere Einblicke ins "Filmland Schleswig-Holstein" bieten. Neben Vorträgen gibt es den Angaben zufolge Filmvorführungen im Landesarchiv und im Schleswiger Capitol-Kino. Interessierte können sich mit Filmkenner Labrenz zudem auf Spurensuche begeben und Drehorte entdecken. Außerdem gibt es Führungen durch die Ausstellung. (dpa)

"Urlaubsort – Tatort – Drehort! 100 Jahre Filmset Schleswig-Holstein, 35 Jahre Landesfilmarchiv", Landesarchiv Schleswig-Holstein, bis 1. Juli 2022

 


Die Lehren der Pest in Wittenberg

Was haben die Pestausbrüche im Mittelalter und die Corona-Pandemie gemeinsam? Erstaunliche Parallelen zeigt seit Donnerstag die Ausstellung "Pest. Eine Seuche verändert die Welt" in der Lutherstadt Wittenberg. Die Gemeinsamkeiten reichten von Seuchenleugnern, Sündenböcken, systemrelevanten Jobs bis zu einer Reihe noch heute aktueller Hygienemaßnahmen, erklärt der Kurator der Sonderausstellung im Augusteum, Mirko Gutjahr.

Die Ausstellung präsentiert auch eine Reihe von Absonderlichkeiten der Pestbekämpfung. Im heutigen Niedersachsen habe man beispielsweise im 17. Jahrhundert mit einem Schinken versucht, die Krankheit aus der Stadt zu locken. Auch mit Knallgeräuschen oder Glockengeläut hoffte man, die Seuche loszuwerden.

Beulen- und Lungenpest sollen im Mittelalter tausende Menschen dahingerafft haben. Die geschätzten Todeszahlen divergieren zwischen 10.000 und mehreren Millionen Menschen, die allein in Europa an der Seuche gestorben sein sollen. Die Pest gilt als die "Krankheit schlechthin", sagt Gutjahr. Kaum eine Krankheit habe solche Spuren in der abendländischen Kultur hinterlassen. (dpa)

"Pest. Eine Seuche verändert die Welt", Augusteum, Wittenberg, bis 20. Februar 2022