Wenn Kunst immer noch fesselt, wenn sie sich mit Werbung zum Disney-Film "Die Eiskönigin 2" und der Skyline von Manhattan messen muss, ist das schonmal ein gutes Zeichen. In New York behauptet sich gerade eine Installation des südafrikanischen Künstlers William Kentridge gegen das endlose Geleuchte und Geflitter des Times Square. Noch bis zum 30. Dezember läuft Kentridges Videoarbeit "To What End" in der Reihe "Midnight Moments" jeden Abend von 23.57 bis Mitternacht auf den riesigen Werbebildschirmen.
Die Installation ist ein gewohnt bildgewaltiger Multimedia-Tanz aus animierten schwarz-weißen Tuschezeichnungen, die der Künstler auf Wörterbücher oder Werke der klassischen Literatur pinselt. Figuren entstehen und werden wieder ausradiert, verschwinden auf dem einen Bildschirm, um auf einem anderen wieder aufzutauchen. Das Thema, um das die Arbeit kreist, ist der Mythos der Prophetin Sybille, die seit der Antike als rätselhaftes Orakel in der Kunstgeschichte herumspukt.
"Für mich war es unwiderstehlich, Bilder an einem so außergewöhnlichen öffentlichen Ort zu zeigen", sagt William Kentridge. "Mit dem unberechenbaren und diversen Publikum ist es eine Provokation und eine große Chance." Drei Minuten Aufmerksamkeit sind im atemlosen New York schon eine kleine Ewigkeit. Wer sich noch länger auf William Kentridge konzentrieren will, kann sich auch seine Inszenierung der Oper "Wozzeck" von Alban Berg an der Metropolitan Opera anschauen. Premiere ist am 27. Dezember, die Produktion läuft bis zum 22. Januar.