Das außer Dienst gestellte Rettungsschiff "Sea-Eye" soll künftig in Hamburg in einem Museum zu sehen sein. "Hamburg hat eine jahrhundertealte Migrationsgeschichte, aus Hamburg sind Millionen Deutsche emigriert", sagt der Gründer der gleichnamigen Rettungsorganisation, Michael Buschheuer. "Diese Geschichte wollen wir mit der unsrigen bereichern."
Der Vorschlag kommt zu einer Zeit, in der Europa nach der Festnahme der deutschen "Sea Watch"-Kapitänin Carola Rackete in Italien wieder verstärkt über die Seenotrettung diskutiert. Die italienische Regierung wirft Rackete vor, mit geretteten Flüchtlingen an Bord illegal italienische Gewässer befahren zu haben. Für Innenminister Matteo Salvini ist sie eine Kriminelle, für viele Unterstützer dagegen eine Heldin, die das tut, was die Politik versäumt.
Erinnerung an eine humanitäre Katastrophe
Der Geschäftsführer des Hamburger Auswanderermuseums, Volker Reimers, zeigte sich interessiert am Rettungsschiff als Exponat. "Es ist absolut naheliegend, dass das Schiff nach Hamburg kommt." Besonders für junge Museumsbesucher wäre das Ausstellungsstück von Interesse. Gespräche über das Projekt mit der Politik liefen bereits. Der Regensburger Verein Sea-Eye erklärte: "Der rund 60 Jahre alte ehemalige Fischkutter dokumentiert wie kein anderes Schiff die humanitäre Katastrophe im Mittelmeer mit Zehntausenden Schiffbrüchigen und Ertrunkenen."
Das Schiff war von März 2016 bis März 2018 vor der libyschen Küste im Einsatz. Hunderte ehrenamtliche Helfer hätten mit der "Sea-Eye" 11.863 Menschen vor dem Ertrinken gerettet, sagte Buschheuer. Wenn die Besatzung Flüchtlinge auf dem Meer entdeckt habe, sei der italienische Seenotrettungsdienst verständigt worden. Italien sei gemäß den Vereinbarungen zur europäischen Rettungsaktion "Sophia" für die Aufnahme der Flüchtlinge zuständig gewesen.
Solidarität mit der "Sea-Watch"-Kapitänin
Buschheuer kritisierte, dass Europa und Afrika die Augen vor der humanitären Krise auf dem Mittelmeer verschlössen. "Jedes Jahr ertrinken ein paar Tausend Menschen." Buschheuer bekundete zugleich der Kapitänin der "Sea-Watch 3", Carola Rackete, seine Unterstützung. "Sie hat jetzt das getan, was sie tun musste." Wenn sie noch zwei Wochen auf See gewartet hätten, wären vielleicht Menschen gestorben. Am Wochenende war das Rettungsschiff mit 40 Migranten an Bord nach mehr als zwei Wochen auf offener See ohne Genehmigung in den Hafen der italienischen Insel Lampedusa gefahren. Der deutschen Kapitänin droht nun Haft.
Weil die europäischen Staaten kaum noch Gerettete an Land ließen, sei ein Weiterbetrieb der "Sea-Eye" nicht mehr sinnvoll, teilte der Verein mit. Der 26 Meter lange Kutter könne Flüchtlinge nicht für längere Zeit aufnehmen. Allerdings hat die Besatzung nach Angaben von Buschheuer auch nur sechs oder sieben Mal Flüchtlinge an Bord genommen.
Kontroverses Werk in Venedig
Der Verein hat die "Sea-Eye" und die baugleiche "Seefuchs" inzwischen durch das größere Schiff "Alan Kurdi" ersetzt. Die rund 60 Jahre alte "Sea-Eye" hieß früher "Sternhai" und gehörte zur DDR-Fischfangflotte in Sassnitz auf Rügen. Der Kutter ist sichtbar in die Jahre gekommen. Unter dem Namen "Sea-Eye" an der Brücke hat die Besatzung die Aufschrift befestigt: "Wir haben es getan".
Auch auf der Biennale in Venedig hat in diesem Jahr ein Boot als Mahnmal für die im Mittelmeer ertrunkenen Menschen für Kontroversen gesorgt. Der Schweizer Künstler Christoph Büchel hat das Wrack eines gekenterten Flüchtlingsbootes in die Hauptausstellung im Arsenale gebracht. Beim Untergang der "Barca Nostra", die von einem Frachter gerammt wurde, starben mehrere Hundert Menschen. Einige Kritiker hielten das Werk für einen Skandal, andere für das einzige empathische Werk der Biennale.