Malerei von Josip Novosel

Von Herrchen und Hündchen

In der Berliner Galerie Noah Klink zeigt der Maler Josip Novosel viele Facetten des Lebens mit Hund. Seine Bilder sind zugleich eine Reflexion über Sehnsüchte des homosexuellen Mannes

Wie erstaunlich es doch ist, dass Hund und Mensch sich verstehen! Der Verhaltensforscher und Nobelpreisträger Konrad Lorenz nimmt 1950 in seinem Klassiker "So kam der Mensch auf den Hund" immer wieder neue Anläufe, um diese "merkwürdige, ja einmalige soziale Beziehung" zu beschreiben. Und kommt dabei – für einen Wissenschaftler ungewöhnlich – ins Schwärmen: "Der Bund mit einem treuen Hund ist so ewig, wie Bindungen zwischen Lebewesen dieser Erde überhaupt sein können."

Wo Worte versagen, geben vielleicht Bilder einen größeren Grad der sozialen Wirklichkeit wieder. Der Hund ist auch deshalb so beliebt als Motiv in der Malerei. Tiere ermöglichen eine außergesellschaftliche Perspektive auf den Menschen, die einst nur Gott vorbehalten war. Dabei fällt die Beurteilung durch Hunde besonders schmeichelhaft aus: Die Domestizierung hat einen bedingungslos liebenden Freund geschaffen.

Auch in der Berliner Galerie Noah Klink geht es gerade um dieses gegenseitige Wahrnehmen: Die Ausstellung "The Good Boi" des Malers Josip Novosel besteht aus Porträts von Männern mit Hund. Der Künstler – selbst hundlos – fühlte sich inspiriert zu den neuen Bildern von Beobachtungen schwuler Hundehalter im Berliner Bezirk Schöneberg, wo er wohnt. 

Gehirne schütten Oxytocin aus

Das Glück der Mann-Hund-Bindung, hier wird es neckisch in warmen Farben hingeworfen: Mann und Hund vor dem Kamin; Mann und Hund beim Joggen; Mann und Hund beim Gassigehen im Winter; Mann und Hund im Auto. Die Gesichter der Männer glühen rot, die Körper sind entspannt, die Gehirne schütten Oxytocin aus. Die Hunde sind happy, Novosel kann den Ausdruck bei den Tieren gut darstellen.

Er malt das alles nicht sonderlich subtil, was auf den Bildern passiert, ist auf dem ersten Blick klar. Mit den Silhouetten, dem dramatischen Spiel aus Licht und Schatten, den Augenschimmer, den gekippten Perspektiven wirken viele Leinwände wie Panels aus einem Comic. Es werden hier keine komplexen Beziehungen über Bande dargestellt, wir sehen kein Paar, keine WG, keine Familie mit Hund. Keine endlosen Erwartungserwartungschleifen, keine Vorwürfe, keine Enttäuschung, sondern Reiz und Reaktion, Liebe und Gegenliebe, Befehl und Gehorchen.

Warum es homosexuelle Männer sein sollen, bleibt zunächst unklar, denn die Sehnsucht nach einer einfachen, einer unbedingten Liebe ist universell. Der im Ausstellungstitel angesprochene "gute Junge" gibt aber eine mögliche Fährte vor: "Schwule wollen nicht schwul sein, sondern sie wollen so spießig sein und kitschig sein wie der Durchschnittsbürger", zitiert Maurin Dietrich in ihrem Text zur Schau den Filmemacher Rosa von Praunheim. "Sie sehnen sich nach einem trauten Heim, in dem sie mit einem ehrlichen und treuen Freund unauffällig ein eheähnliches Verhältnis eingehen können. Der ideale Partner muss sauber, ehrlich und natürlich sein, ein unverbrauchter und frischer Junge, so lieb und verspielt wie ein Schäferhund."

Sehnsucht und Beschämung

Diese Sehnsucht nach einem Zuhause strahlt überdeutlich aus den Bildern von Novosel: der Hund, der mit ins Haus möchte, der Hund der von draußen ins Fenster schaut, der Hund, der sich behaglich am Kamin ausstreckt. Hunde, so sagte Novosel der "taz", seien die idealen Begleiter homosexueller Männer, die auf Ehe für alle oder für andere heteronormative Framings keine Lust verspüren, sondern lieber ein Leben ohne engere Partnerschaft führen.

Der Künstler scheint aber auch von der Brüchigkeit dieses Arrangements zu wissen. "Die Treue eines Hundes ist ein kostbares Geschenk", warnt Konrad Lorenz, "das nicht minder bindende moralische Verpflichtungen auferlegt als die Freundschaft eines Menschen." Die Verzweiflung der Liebe, die Angst vor Verlust, auch sie sind in der Malerei von Novosel zu sehen, wie auf dem Bild, auf dem das sogenannte Herrchen alleine die Wohnung betritt und dem Hund seinen Platz vor der Tür zuweist: Die Zunge des Hundes hängt seitlich heraus, die Augen sind erwartungsvoll nach oben gerichtet, die Sitzposition ist ein Versprechen, sich in der Wohnung gut zu benehmen. Das Gesicht des Halters hingegen wird zur Hälfte durch einen Schatten ausradiert. Vielleicht ist dieser Schatten die Beschämung, von der auch Lorenz schreibt, die Beschämung angesichts der "schlichten Tatsache, dass mein Hund mich mehr liebt als ich ihn."