Simon Dybbroe Møller in Kopenhagen

Schlimmer als Burnout

Die Kunsthal Charlottenborg widmet dem dänischen Künstler Simon Dybbroe Møller gerade seine bislang größte Werkschau. Überraschend oft wird dabei Arbeit und die Abhängigkeit davon zum Thema seiner Werke

Das Thema Work-Life-Balance sollte man ernst nehmen, sonst droht die Abwärtsspirale: Stagnation, völlige Erschöpfung, Burnout-Diagnose. Oder – schlimmer noch – es ergeht einem wie dem Metzger in der Kunsthal Charlottenborg in Kopenhagen: Sein offengelegtes Innenleben hat sich in rosafarbenen Polyurethanschaum verwandelt, das in seiner Textur verdächtig an ein Stück bayerischen Leberkäse erinnert.

"Self Serving" heißt die 2018 entstandene Skulptur des dänischen Künstlers Simon Dybbroe Møller. Das Messer, mit dem sie sich selbst zerstückelt hat, hält sie noch in der Hand; ein zweites steckt in der rot-weiß-gestreiften Metzger-Schürze. Der Oberkörper ist durch die Schnitte mit dem Messer umgestürzt und liegt nun bewegungslos neben einigen fleischähnlichen Scheiben aus der Körpermitte auf dem grauen Museumsboden der Kunsthalle.

Hier widmet man dem 1976 in Aarhus geborenen Künstler aktuell seine bislang größte Werkschau. Die ausgestellten Arbeiten – Installationen, Videoarbeiten, Fotografien und Skulpturen – reichen von Mitte der 2000er-Jahre bis heute, beginnend mit der 2006 entstandenen Videoarbeit "Performance". "Thick & Thin" lautet der Ausstellungstitel – und verweist damit auf ein zentrales Kernthema in Dybbroe Møllers künstlerischer Praxis: der Beziehung von "dem Dicken" ("wie bei der Skulptur und dem Gewicht") und "dem Dünnen" ("wie das Bild oder das Ephemere").

Überraschend viele der Arbeiten widmen sich in irgendeiner Form dem Thema Arbeit. Oftmals sind es cartoon- oder karikaturhafte, augenzwinkernde Reflexionen: Der fleischgewordene Metzger, eine fast vollständig eingegipste Puppe aus einem Sportgeschäft, die mechanisch um ihr Leben rennt, ohne sich jemals von der Stelle zu bewegen ("Homo Slomo", 2011), gefangen in ihrer eigenen Performativität. Die kitschige Bing-Grøndahl-Porzellanfigur eines Maurers, die sich in einer digitalen Animation immer wieder um die eigene Achse dreht und dabei kurz davor ist, einfach einzunicken ("The Bricklayer", 2023).

"Ich schlage vor, dass wir aufhören zu arbeiten… sofort. Alle."

Im ersten Ausstellungsraum hat Dybbroe Møller zwei 1893 entstandene Bronzeskulpturen des belgischen Künstlers Constantin Meunier gegenüber voneinander positioniert. Zwischen den gusseisernen, am Boden verstreuten Blattornamenten der Installation "Iron Fall" (2024) wirken die beiden Hafenarbeiter fast so, als würden sie die Auszeit von der Arbeit für einen kurzen Flirt nutzen. Meuniers Werke, so auch die beiden Körper mit dem Titel "Le Debardeur", erinnern an die Zeit der expandierenden Industrialisierung in Belgien, die auch die Selbstorganisation der Arbeiter hervorbrachte.

"Was mich in Bezug auf das Motiv des Arbeiters interessiert, ist, wie wir uns selbst uniformieren", sagt Dybbroe Møller. "Und die Tatsache, dass unsere Identität untrennbar mit unserem Beruf verbunden ist. Das macht uns zu schachbrettartigen Figuren." Für die vierteiligen Videoserie "What Do People Do All Day" (2019), eine Adaption des gleichnamigen Kinderbuchs von Richard Scarry aus dem Jahr 1968, hat er die Original-Zeichnungen von niedlichen Tieren, die in der Stadt Busytown menschliche Dinge tun, durch neurotische, menschliche Protagonisten ersetzt, die in einer Welt des Postkapitalismus gefangen sind.

Besonders markant in der Videoserie ist der Moment, als plötzlich eine Szene aus Elio Petris "La classe operaia va in Paradiso" ("Der Weg der Arbeiterklasse ins Paradies", 1971) den Bildschirm füllt. Hier erklärt die Hauptfigur Lulù Massa in einer aufständischen Rede gegenüber anderen Arbeitern seiner Fabrik: "Ich schlage vor, dass wir aufhören zu arbeiten… sofort. Alle."