Medienschau

"Monokulturen tun niemandem gut"

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Die "FAS" reagiert auf Dean Kissicks Kritik an der politisierten Kunstwelt, der "Tagesspiegel" findet Claudia Roths Bilanz in Sachen Antisemitismus beschämend, und für den "New Yorker" ist Trumps Kulturpolitik autoritär: Das ist unsere Presseschau am Montag

Debatte

Der in London lebende Kritiker Dean Kissick hat Künstler in einem in einem kontroversen Artikel im "Harpers"-Magazin Ende letzten Jahres als "researcher without a cause" beschrieben. Er beklagte in seinem "The Painted Protest. How politics destroyed contemporary art" überschriebenen Text die (identitäts-)politische Ausrichtung der Kunstszene der letzten Jahre und verteidigte ein fast romantisch anmutendes Kunstideal des Schönen und Emotionalen (s. Medienschau vom 20. November). Niklas Maak beschäftigt sich in der "FAS" mit den Reaktionen auf den Artikel und findet selbst dazu eine Haltung: Die Politisierung sei nicht per se das Problem, sondern ein Symptom. Viel gravierender seien der Verlust an ästhetischer Innovation, formale Schwächen, strukturelle Ungleichheiten im Kunstbetrieb und eine zunehmende Gleichschaltung des Geschmacks. Maak plädiert nicht für eine "unpolitische Kunst", sondern für mehr Tiefe, Vielfalt, Experimentierfreude – und ehrliche Selbstreflexion im System. "Wohin auf der Welt man kommt, werden immer wieder Warhol und Richter, Hirst und Kiefer gezeigt, obwohl man in und aus Kapstadt oder Osaka vielleicht gern etwas anderes sähe – nicht nur traditionelle, sondern auch neue Kunst, die mit Phänomenen der Gegenwart wie KI, Überwachung und Digitalisierung des Körpers spielt. Solche Kunst gibt es. Man muss sie noch entschiedener suchen, statt noch mal zu zeigen, was die zehn letzten Messen und Biennalen schon einmal zeigten. Das kann der Kunstbetrieb von der Welt der Pflanzen, in der er sich neuerdings auch gern versenkt, wirklich lernen: Monokulturen tun niemandem gut."

Sebastian Leber analysiert in einem investigativ angelegten "Tagesspiegel"-Artikel die Amtszeit von Claudia Roth als Kulturstaatsministerin, speziell ihre Bemühungen im Kampf gegen Antisemitismus. Die Bilanz sei "beschämend": Trotz guter Absichten habe Roth in diesem Bereich oft unglücklich agiert, etwa im Umgang mit antisemitischen Vorfällen wie auf der Documenta Fifteen 2022. Dass sie in entscheidenden Momenten so zögerlich reagierte, hänge möglicherweise damit zusammen, dass sie nicht ausreichend mit der komplexen Materie des israelbezogenen Antisemitismus vertraut sei. "Spricht man mit Parteifreunden sowie Bundestagskollegen anderer Parteien, die Claudia Roths Wirken in der vergangenen Legislatur verfolgt und zum Teil aus großer Nähe erlebt haben, ergibt sich ein erstaunlich stimmiges Bild. Es ist das Bild einer massiven Überforderung, die zu einer Reihe falscher Entscheidungen geführt und betroffene Jüdinnen und Juden in einer besonders schwierigen Zeit geschadet habe."

Museen

"The New Yorker"-Chefredakteur David Remnick beleuchtet die Bestrebungen der Trump-Regierung, die Darstellung der US-Geschichte in öffentlichen Institutionen, insbesondere im Smithsonian, zu beeinflussen. Ein zentrales Element dieser Bemühungen ist das von der konservativen Heritage Foundation initiierte "Project 2025", das eine umfassende Umgestaltung kultureller und bildungspolitischer Einrichtungen vorsieht. Obwohl Präsident Trump angibt, den Bericht nicht zu kennen, spiegelten einige seiner jüngsten Dekrete dessen Ziele wider, darunter die Zentralisierung der Exekutivgewalt und die Neuausrichtung kultureller Narrative. Ein Beispiel hierfür ist die Anordnung "Restoring Truth and Sanity to American History", die progressive Interpretationen der US-Geschichte als schädlich für nationale Werte einstuft. "Dieser Drang, die Vergangenheit zu kontrollieren, ist kaum ein Alleinstellungsmerkmal der Trump-Regierung", schreibt Remnick. "Es ist die reflexartige Besessenheit von Autokraten überall. Die Geschichtsmuseen, die einst in vielen sowjetischen Städten zu finden waren, hinterfragten nicht das Leben Lenins. Sie waren Orte der orthodoxen Verehrung. Seine Schriften und Teetassen wurden sakralisiert wie das Grabtuch von Turin. Noch wichtiger ist, dass seine ideologischen Lehren nicht zur Diskussion gestellt wurden. Jahrzehntelang war die zweitwichtigste Figur in der Kommunistischen Partei nach dem Generalsekretär wohl der Chefideologe, der das letzte Wort darüber hatte, was über die Geschichte gesagt werden durfte und was nicht." Auch mit aktuellen Parallelen spart Remnick nicht: Trumps Dekret zur Geschichte wiederhole nicht genau die Taktiken von Putin oder Xi. "Aber sie reimt sich darauf."

Nate Freeman hat sich für "Vanity Fair" die Frick Collection in New York angeschaut, die nach einer fünfjährigen, 220 Millionen US-Dollar teuren Renovierung neu eröffnet ist. Dieser von der deutschen Architektin Annabelle Selldorf geleitete Umbau umfasst die Erweiterung des Museums um einen neuen Konzertsaal, zusätzliche Ausstellungsräume und verbesserte Besuchereinrichtungen, wobei der historische Charakter des ursprünglichen Wohnhauses von Henry Clay Frick bewahrt wurde. Besonders bemerkenswert findet Freeman die Öffnung zuvor privater Bereiche, einschließlich von Fricks Schlafzimmer, die nun der Öffentlichkeit zugänglich sind und das Besuchserlebnis bereicherten. "Der Vorstand hielt seine Sitzungen in Fricks Schlafzimmer ab, wo er starb. ('Es ist fast so, als ob der Geist von Frick in diesem Raum ist', sagte [Chefkurator Xavier] Salomon zu mir, als wir dort standen.) Aber jetzt hängt in diesem Zimmer Ingres' Comtesse d'Haussonville, eines der berühmtesten Gemälde des Landes, wie der Kritiker Sebastian Smee meint. Auch Charles Baudelaire war ein Fan." Der neue Museumsdirektor Axel Rüger, ebenfalls aus Deutschland, sagte bei der Eröffnung: "Ich habe das vielleicht größte Geschenk bekommen, das man einem Museumsdirektor machen kann: ein nagelneues, schönes Gebäude, mit dem ich nichts zu tun hatte." Und dann sei Rüger hinübergegangen, um die Torte anzuschneiden und die Feierlichkeiten offiziell zu eröffnen, schreibt Nate Freeman. "Die Torte war unglaublich übertrieben und gehörte wohl zu den opulentesten Übungen im Umgang mit Teig und Zuckerguss: eine maßstabsgetreue Nachbildung des Gebäudes, in dem wir uns befanden, des Herrenhauses und seiner Anbauten. Es sah zu hübsch aus, um es anzuschneiden, aber dies war eine Party, und Rüger schnitt es einfach an."

Film

Irans Justiz hat das bekannte Regie-Duo Maryam Moghaddam und Behtash Sanaeeha laut deren Aussagen wegen ihres Berlinale-Films zu Haftstrafen verurteilt. Ein Revolutionsgericht in Teheran verurteilte die Filmschaffenden wegen "Propaganda gegen das System" zu 14 Monaten Haft, wie es in einer gemeinsamen Erklärung auf Instagram hieß. Die Haftstrafe wurde zur Bewährung für fünf Jahre ausgesetzt. Zudem wurde eine Geldstrafe verhängt. Irans Justiz äußerte sich zunächst nicht. Zudem wurde eine Geldstrafe verhängt. Irans Justiz äußerte sich zunächst nicht. Moghaddam und Sanaeeha hatten auf der Berlinale Anfang 2024 ihren Film "Keyke mahboobe man" ("Ein kleines Stück vom Kuchen") vorgestellt, der vom Publikum bejubelt wurde. Er erzählt die Geschichte einer 70 Jahre alten Witwe, die nach dem Tod ihres Mannes das Liebesleben wiederentdeckt. Das Duo wurde damals an der Ausreise gehindert und konnte den Film, der inzwischen viel Aufmerksamkeit erlangt hat, nicht selbst präsentieren. Auch der Produzent Gholamresa Mussawi wurde laut den Filmschaffenden verurteilt. Das Gericht verhängte wegen "Beteiligung an der Produktion von anstößigem Material" eine weitere einjährige Haftstrafe für alle drei Angeklagten, die ebenfalls erst in fünf Jahren angetreten werden soll. Zudem wurde die Beschlagnahme von Filmausrüstung angeordnet. Gemäß iranischer Rechtsprechung wird jedoch nur die höchste beider Haftstrafen vollstreckt. Seit der Islamischen Revolution von 1979 unterliegt auch Irans Film- und Kulturszene der strengen Beobachtung durch die Behörden. Filmschaffende etwa müssen offiziell ihre Drehgenehmigungen und Kinovorführungen durch das Ministerium für Kultur und islamische Führung beantragen. Irans lebendige Kunst- und Filmszene war jedoch schon immer ein Ort subtiler oder auch ganz offensichtlicher Kritik am System.

Für seine Rolle in "Bohemian Rhapsody" bekam er den Oscar, und im letzten James-Bond-Film war er der Bösewicht: Doch auch Hollywood-Größe Rami Malek hatte einst keinen leichten Karriere-Start. Für eine seiner ersten Rollen gab er sich sogar als sein eigener Schauspiel-Agent aus, wie er nun in der US-Sendung "CBS Sunday Morning" erzählte. "Ich habe an jede Tür geklopft, die ich finden konnte, man hört viele "Neins"", berichtete der 43-Jährige mit Blick auf seine Anfänge in Hollywood. Er habe damals Bewerbungen an "jeden Agenten, jedes Studio, jede Kunstschule" geschickt, schilderte Malek mit Blick auf die Zeit, als er offenbar noch nicht einmal einen Agenten hatte. Einmal habe ihn schließlich die Besetzungschefin für die Serie "Gilmore Girls" angerufen. Sie habe gesagt, dass sie Malek gerne zum Vorsprechen einladen und mit seinem Agenten sprechen würde, berichtet der Schauspieler. "Ich meinte: "Am Apparat"." Auf die Frage der Frau, ob Malik in der Schauspiel-Gewerkschaft sei, habe er selbstbewusst geantwortet: "Nein, noch nicht, aber wir kriegen ihn da sicher rein." Die Frau habe seine Schummelei schnell bemerkt, aber gelacht und ihn trotzdem vorsprechen lassen. Maleks Rolle in einer Episode der Serie "Gilmore Girls" sei einer seiner "ersten richtigen Jobs" gewesen, sagt er. Danach habe er aber noch jahrelang weiter um Rollen kämpfen müssen. Seinen Durchbruch hatte Malek 2015 mit der Fernsehserie "Mr. Robot". Für seine Verkörperung des 1991 verstorbenen Queen-Sängers Freddie Mercury im Musikfilm "Bohemian Rhapsody" bekam er 2019 den Oscar als bester Hauptdarsteller. Im James-Bond-Film "Keine Zeit zu sterben" (2021) spielte er den Schurken Safin.