Medienschau

"Man sägt den Ast ab, auf dem man fiskalisch sitzt"

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Der ehemalige Kultursenator Klaus Lederer kritisiert die Berliner Sparpolitik, Italiens Galeristen ächzen unter der Mehrwertsteuer und die Sammlung Helga und Edzard Reuter kommt unter den Hammer: Das ist unsere Presseschau am Montag

Kulturpolitik

Der ehemalige Kultursenator Klaus Lederer kritisiert die Sparpolitik des Berliner Senats: "Es ließe sich ja ernsthaft diskutieren, was die Berliner Kultur wirklich braucht und was verzichtbar wäre", sagt der frühere Linke-Politiker im "Tagesspiegel". "Aber das passiert ja nicht. Stattdessen werden Excel-Tabellen mit Kürzungen verkündet, bei denen der zuständige Senator offenbar nicht mal mitreden wollte. Anschließend wird die brachiale Abrissbirnenmentalität dann mit neoliberalen Phrasen und Motivationscoach-Sprüchen legitimiert." Berlin habe außer der Kultur sonst nicht viel zu bieten: "Von 13 Millionen Menschen, die 2024 Berlin besucht haben, sind 61 Prozent wegen der Kultur gekommen. Dass auch dieses Argument nicht mehr zählt, kann ich mir nur mit einer tiefsitzenden Abneigung in der Koalition gegenüber breiter Kultur und einem Verständnis von den Künsten als unnützem Kostgänger im Etat erklären. Damit sägt man auch den Ast ab, auf dem man fiskalisch sitzt."

Kunstmarkt

Die wertvolle Kunstsammlung von Helga und Edzard Reuter soll am 28. Mai bei Christie’s Paris versteigert werden. Wie die "Stuttgarter Zeitung" berichtet, umfasst die Sammlung Werke der Gruppe Zero und der Op Art aus den 1960er- und 1970er-Jahren - darunter Yves Kleins "Planétaire Terre" (Schätzpreis: 600.000 bis 800.000 Euro) und ein "Concetto Speziale», eines der berühmten Schlitzbilder des Italieners Lucio Fontana (Schätzpreis: 400.000 bis 600.000 Euro). Der Erlös der Auktion mit 50 Werken wird den Zeitungen zufolge auf drei bis fünf Millionen Euro geschätzt und soll der Helga und Edzard Reuter-Stiftung zugutekommen. Die von dem Ehepaar gegründete Stiftung setzt sich für die Förderung der Völkerfreundschaft und des Zusammenlebens ein. Edzard Reuter war von 1987 bis 1995 Vorstandsvorsitzender der Daimler-Benz AG. Er starb am 27. Oktober vergangenen Jahres im Alter von 96 Jahren in seiner Heimat Stuttgart. Seine Witwe Helga Reuter starb drei Wochen später im Alter von 87 Jahren ebenfalls in Stuttgart.

Der Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer trennt sich von einem wesentlichen Teil seiner Kunstsammlung. Rund 800 Werke aus der "Bayer Collection" werden diesen Sommer beim Kölner Auktionshaus Van Ham versteigert, der Gesamtwert der Auktion wird auf über 4,5 Millionen Euro geschätzt. "Die Wände sind nicht mehr da, an denen sich etwas aufhängen ließe", schreibt Christiane Fricke im "Handelsblatt" zu den Gründen. "Stattdessen flexible Büroflächen für flexibel zusammenkommende Teams. Ein Gebäude nach dem anderen wird umgebaut; andere werden aufgegeben. Das Arbeiten hat sich verändert seit der Pandemie. Auch der Zeitgeschmack."

Italien hat immer noch eine hohe Mehrwertsteuer auf Kunst, die Kunstmesse Arte Fiera in Bologna endete deshalb mit Pfiffen der Galeristen, berichtet Silvia Anna Barrilà in der "Welt": "Italien hat einen gravierenden Wettbewerbsnachteil gegenüber Nachbarländern, die die von der Europäischen Union gegebene Möglichkeit genutzt haben, die Mehrwertsteuer auf Kunsttransaktionen auf 5,5 Prozent (in Frankreich) und 7 Prozent (in Deutschland)zu senken. In Italien bleibt der Steuersatz bei 22 Prozent, macht also fast ein Viertel des Gesamtpreises eines Kunstwerks aus." Einige Händler würden bereits darüber nachdenken, das Land zu verlassen.

Museen

Vom 7. bis 9. März öffnen sich die Türen des Berliner Pergamonmuseums noch einmal fürs Publikum, doch die Tickets dafür sind längst weg. Nikolaus Bernau wundert sich im "Tagesspiegel" nicht über den Besucheransturm, schließlich werden das babylonische Ischtartor und die Prozessionsstraße wegen des Umbaus für 15 Jahre nicht zu sehen sein. "Kein anderes Großmuseum der Welt wagte für einen Umbau ganze Sammlungen für mindestens eine Generation wegzuschließen und allenfalls eine winzige Auswahl in einem zudem kommerziell betriebenen 'Panorama' zu zeigen." Bisher habe noch keine Bundesregierung versucht, "dies Wegschließen des Bildungsinstruments Museum wenigstens zu lindern. Es ist ein Skandal, der von der deutschen Kulturwelt viel zu schnell beiseite gelegt wurde."

Kunstgeschichte

Ohne wirklichen Anlass hat Thomas Girst, Leiter des Kulturengagements der BMW Group und Duchamp-Experte, Personen aus der Kunstwelt gefragt, ob Marcel Duchamp noch wichtig ist. Das Ergebnis der Umfrage mit Stimmen von Saâdane Afif über Naomi Beckwith, Cao Fei, Jeff Koons, Koyo Kouoh und Ai Weiwei bis zu Jessica Zhang ist auf Deutsch in "Weltkunst" und auf Englisch auf "Artnet" zu lesen.

Die besondere Sammlung

Jan Böhmermann hat in seiner Sendung "ZDF Magazin Royal" am Freitag geschaut, warum die Stimmung im Land so schlecht ist. Die Medien hätten eine Mitverantwortung an der monothematischen Ausrichtung der Parteien auf Migration im Bundestagswahlkampf, die – so seine These – der in Teilen rechtsextremen AfD geholfen habe, ihren Stimmenanteil zu verdoppeln. Einen großen Teil der Sendung nimmt der Springer-Verlag und dessen CEO Matthias Döpfner ein. Dabei kam Böhmermann auch auf dessen Sammlung an Akt-Kunstwerken zu sprechen und zitierte aus der Monopol-Besprechung einer Ausstellung in der Potsdamer Villa Schöningen, die Döpfner mit seiner Sammlung bespielt: Die Präsentation wirke "in Teilen wie eine Google-Bildrecherche, Suchbegriff 'Vulva'", schrieb Silke Hohmann 2019. 

Moderator Jan Boehmermann zitiert in der Sendung "ZDF Magazin Royal" einen Monopol-Artikel

Moderator Jan Boehmermann zitiert in der Sendung "ZDF Magazin Royal" aus einem Monopol-Artikel