Medienschau

"Der verzweifelte Wunsch, ein wenig Glanz zu erstehen"

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Galerist Alexander Schröder verschenkt Werke an die Hamburger Kunsthalle, mehr Bananen-Deutungen und das Berliner Institut für kulturelle Teilhabeforschung soll abgewickelt werden: Das ist unsere Presseschau am Freitag

Kulturpolitik

Frederik Hanssen berichtet im "Tagesspiegel" von einem möglichen weiteren Opfer der Berliner Sparpolitik: Das Institut für kulturelle Teilhabeforschung (IKTf) soll abgewickelt werden. Dessen Hauptaufgabe besteht darin, "herauszufinden, warum Menschen die Theater, Konzertsäle und Museen dieser Stadt meiden." Das Institut habe kurz davor gestanden, "diese Daten liefern zu können. Und zwar auf bisher ungeahnt differenzierte Weise aufgeschlüsselt nach einem neu entwickelten Modell, das nach unterschiedlichen Lebensstilen aufgefächert ist. Wenn das IKTf jetzt abgewickelt wird, war die ganze Arbeit umsonst. Und die kompletten, bisher ausgegebenen Mittel müssten als Fehlinvestition verbucht werden. Zurück blieben nichts als arbeitslose, frustrierte Forschende."

Kunstmarkt

Dass ein Kryptounternehmer umgerechnet 5,9 Millionen Euro für Maurizio Cattelans Bananenkunstwerk "Comedian" bezahlt hat, beschäftigt weiter die Gemüter. "Er hat wohl kein schlechtes Geschäft gemacht", meint Michael Wurmitzer im "Standard". "Kunsthistorisch lässt sich das Werk klingend einordnen, steht in der Tradition von Marcel Duchamps Ready-mades wie der Konzeptkunst: Dass ein Werk in einer Idee bestehen kann und nicht materiell erhalten bleiben muss, ist für die ein alter Hut. Dass das Obst alle paar Tage ausgetauscht werden muss, macht also nichts. Im Gegenteil, siehe Vanitas-Motiv. Auch für Cattelan ist Comedian kein 'Joke', sondern eine Reflexion darüber, was wir Wert zusprechen. So passt das Werk auch zur Strömung 'institutional critique', und wenn der Kunstmarkt mit solchen Preisen seine Rolle so formidabel mitspielt, wird es nur noch besser." Die Leute regen sich erst über Prasserei auf, wenn es um Kunst geht, kommentiert Kia Vahland in der "SZ": "Wofür wird nicht alles Geld verschwendet. Für die geplatzte Pkw-Maut. Für Luxusyachten, die enorme Mengen CO₂ ausstoßen. Für das Dutzend schillernder Fehlkäufe, das leider den eigenen Kleiderschrank verstopft. All dieses Geld wäre viel besser angelegt im Klima- und Artenschutz, im Kampf gegen Hunger, in Bildung oder, beim letzten Beispiel, wenigstens in der eigenen Altersvorsorge." Und Millionen für "Comedian" ist Verschwendung? "Eher der verzweifelte Wunsch, ein wenig Glanz zu erstehen. Es werfe seine zu engen Glitzerjacken aus dem Schrank weg, wer das nicht versteht." Gewürdigt habe der Käufer Justin Sun weniger die Kunstgeschichte oder die Popkultur, sondern vorrangig sich selbst, meint Marcus Woeller in der "Welt": "Der Blockchain-Unternehmer Sun ist Gründer der Krypto-Plattform Tron. Er ist einer der vermögendsten Menschen Chinas. Sun gilt als einer der führenden Sammler von digitaler NFT-Kunst. Mit verderblicher Ware kennt er sich demnach bestens aus. Aber kein auf der Blockchain bis in alle Ewigkeit eingetragenes Digitalkunstwerk konnte ihm die Aufmerksamkeit bescheren wie der Auktionsunterhalter Sotheby’s und Cattelans 'Comedian', das analoger nicht sein könnte."

Können KI-Werke Kunst sein? Henrik Hanstein vom Kunsthaus Lempertz in Köln ist in einem Beitrag für die Deutsche Welle skeptisch: "Man darf nicht vergessen, dass Künstler sich immer auch neuester Möglichkeiten und Techniken bemächtigt haben, also ob das von Holz auf Leinwand ging, von Kupfer auf Papier und heute Leinwand und dann Acryl. Oder nehmen Sie die Plainair-Malerei." Kunst könne ihrer Zeit voraus sein. "Das war ja zuletzt auch mit den NFTs so. Darum gab es einen Hype und irrsinnige Preise". Heute, nur wenige Jahre danach, sei der NFT-Markt tot und "Schnee von gestern". 

Alexander Schröder von der Berliner Galerie Neu schenkt der Hamburger Kunsthalle 63 Werke aus seiner Privatsammlung. "Alexander Schröder sammelt Kunstwerke, die irritieren", erklärt Johannes Wendland im "Handelsblatt". "Wer ist der Schöpfer des Kunstwerks? Wer ist der Besitzer? Wie ist das Verhältnis zwischen Künstler und Sammler? Und weil Schröder diese Fragen nicht als bloße Kopfgeburten begreift, macht er selbst Ernst. Immer wieder trennt er sich von seinem Besitz und beschenkt öffentliche Kunstmuseen mit beachtlichen Teilen seiner Sammlung." Die Hamburger Schenkung umfasse verschiedenste Medien und Genres: "Fotografie von Josephine Pryde und Elfie Semotan ist ebenso dabei wie zwei wunderbar subtile Ölbilder der polnischen Malerin Paulina Olowska, eine Rauminstallation der Schwedin Klara Lidén und eine Fensterarbeit von Isa Genzken."