Medienschau

"Authentizitätsfimmel, Erlösungsemphase und Opferkult"

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Wie sich die Trump-Wahl auf den Kunstmarkt auswirkt, die letzten Tage der Venedig-Biennale und ein Schlüsselroman über die Berliner Kunstwelt: Das ist unsere Presseschau am Montag

Kunstmarkt

Zurzeit klagen viele Galeristinnen und Galeristen über sinkende Umsätze, in New York haben sogar einige Galerien dicht gemacht. WDR 5 Scala hat auf der Kunstmesse Art Cologne mit Monopol-Redakteurin Silke Hohmann gesprochen, hier zum Nachhören.

Die Trump-Wahl hat jetzt schon die reichsten Menschen noch reicher gemacht. Wie sich das auf den Kunstmarkt auswirkt, beschreibt Ursula Scheer in der "FAZ": "Mehr Kapital gerade für Wohlhabende in Amerika bedeutet, dass sie mehr Geld bei Blue-Chip-Galerien oder den großen Auktionshäusern ausgeben könnten und die bröckelnde Spitze des Kunstmarkts festigen. Allerdings hat für die letzte Hausse der Branche der Post-Pandemie-Boom gesorgt, kein Trump-Bump. Die anstehenden Blockbuster-Auktionen moderner und zeitgenössischer Kunst in New York werden also ein wichtiger Test für die MAGA-Kauflaune sein, und auf der Art Basel in Miami Beach, nicht weit von Trumps Anwesen im republikanisch dominierten Florida, könnte sich diese ebenfalls monetarisieren. Dass der 47. Präsident der Vereinigten Staaten die freie Welt weiter unterminieren wird, nebenbei die Kulturförderung neu ins Visier nehmen dürfte und ihm die ganze bunte Anarchie der Kreativität ein Dorn im Auge ist, gibt es geschenkt dazu."

Ausstellung

Ob Umweltverschmutzung oder dubiose Immobiliengeflechte: Hans Haacke macht aus Missständen Kunst. Er recherchiert, dokumentiert, legt offen. Die Frankfurter Kunsthalle Schirn zeigt gerade das Gesamtwerk des 1936 in Köln geborenen Künstlers, der in Kassel studiert hat und seit 1965 in New York lebt. Zu sehen sind rund 70 Gemälde, Fotografien, Objekte, Installationen, Plakate und ein Film. HR2-Kultur spricht mit Ingrid Pfeiffer, der Kuratorin der Ausstellung.

Die 60. Venedig-Biennale geht am 24. November zu Ende, John Arthur Peetz schreibt auf "Artnet News", welche Performances und Abschlussveranstaltungen man jetzt noch sehen kann und welche Kunstwerke bislang zu wenig Beachtung finden.

Literatur

Jakob Hayner entschlüsselt in der "Welt" fast vollständig einen neuen Schlüsselroman über den (Berliner) Kunstbetrieb, in dem es nur so wimmelt von Anspielungen auf reale Personen: nämlich Jonathan Guggenbergers  Buch "Opferkunst", das eigentlich eine Novelle sein soll. Darin geht es vor allem um einen diagnostizierten "allgegenwärtigen Israelhass" der Kunstwelt: "Guggenbergers Figuren verlieren sich in Authentizitätsfimmel, Erlösungsemphase und Opferkult. Sie sind ausschließlich mit ihren eigenen Projektionen beschäftigt, die sich in der Identifikation mit einem völlig illusionären Palästina verdichten (als metaphysisches Opfer des jüdischen 'Tätervolks')." Hayner ist sich nicht ganz sicher, ob diese groteske Pointe "nun völlig übertrieben" sei. "Oder verzerrt Guggenberger mit seiner Satire die Wirklichkeit zur Kenntlichkeit?" Der Rezensent empfiehlt dann lieber Wolfgang Ullrichs neuestes Buch "Identifikation und Empowerment. Kunst für den Ernst des Lebens", weil es "weniger polemisch" sei: "Während Ullrich untersucht, wie sich die selbstbezügliche Identifiziererei in der Kunst ausbreitet, nimmt Guggenberger sie ohne viel Zögern unter literarisches Kreuzfeuer. Wiedererkennungseffekte einkalkuliert. Von 'Opferkunst' – holzschnittartig, bitterböse und streitbar – dürfte sich ein nicht unbeträchtlicher Teil der Kunstszene kräftig auf den Schlips beziehungsweise die KaDeWe-Kaschmir-Kufiya getreten fühlen. Aber auch aus den richtigen Gründen? Das zu entscheiden, bleibt am Ende den Lesern vorbehalten."

Porträt

Thore Rausch porträtiert in der "SZ" die Künstlerin Anouk Lamm Anouk, die er in Venedig getroffen hat. Nur geht es darin kaum um deren Kunst. Und wenn doch mal, dann nur, um sofort wieder auf die faszinierende Künstlerpersönlichkeit zu kommen. Wie hier: "Drei erstaunlich realistische Hundeskulpturen schauen vom Teppich empor auf die Gemälde, was gleichermaßen für Heiterkeit (bei zweibeinigen Besuchern) und Verwirrung (bei vierbeinigen Besuchern) sorgt. Anouk hält eine Yorkshire-Terrier-Dame, den wohl kleinsten Assistenzhund Österreichs (1,3 Kilo), sanft wie einen American Football. Seit sieben Jahren haben sie keine Nacht getrennt verbracht. Die fledermausähnliche Sirius Grace soll Anouk Halt geben. Anouks bürgerlicher Name, den man in vollem Klang erwähnen möchte: Anouk Lamm Aamor Raphaela Maria Elisabeth Michaela Victoria Tiziana Anouk. Mit den Namen hält man es ähnlich extravagant wie mit den Kleidern."