AfD-Angriff gegen das Bauhaus

Der Grundton ist gesetzt

Mit ihrem kruden Antrag gegen das Bauhaus schließt die AfD in Sachsen-Anhalt an historische Ressentiments gegen die Moderne an. Wenn man richtig reagiert, könnte diese Selbstentlarvung jedoch auch etwas Gutes haben

Als 1927 die Stuttgarter Weißenhofsiedlung fertiggestellt war, kursierten bald darauf Postkarten, auf denen vor die Flachdach-Häuser "orientalische" Personen und Kamele montiert waren. Als Bildunterschrift genügte das Wort "Araberdorf", um alle Ressentiments aufzurufen, die gegen die Moderne im Umlauf waren. Auch wer – wie wohl die Mehrzahl der Postkartenkäufer – noch nie ein Araberdorf in Fotografie gesehen hatte, wusste, was gemeint war. Diese Häuser mit ihren kubischen Formen, ihren klaren Kanten, gehörten einer Welt an, die als Inbegriff des Fremden galt, einer durch und durch negativen Fremde. Diese Häuser waren alles andere als deutsch.

Wenn dieser Tage die AfD-Fraktion im sachsen-anhaltischen Landtag einen Entschließungsantrag einbringt, in dem die Landesregierung zu massiven Eingriffen in die Konzeption zum 100-jährigen Bestehen des Dessauer Bauhauses aufgefordert wird, dann wissen Politik und Publikum ebenfalls genau, was gemeint ist. Dieses Bauhaus, die einstige Lehranstalt und ihr demnächst 100 Jahre altes Gebäude in Dessau, gehört einer Kultur an, die fremd ist; und zwar einer negativ besetzten Fremde. Dieses Bauhaus ist alles andere als deutsch.

Das sagt die AfD nicht wörtlich, aber sie gibt es zu verstehen. Man könnte über manche Vorbehalte, die sie gegen die im Bauhaus exemplifizierte Moderne hat, durchaus diskutieren, etwa über die "puristische Ästhetik", die nicht immer den Gefühlsnerv der Bewohner von Bauhaus-Häusern getroffen hat. Aber es ist die Melange aus den einzelnen Vorwürfen, der Grundton, der überdeutlich herauszuhören ist, der das Ganze des AfD-Antrags so widerwärtig macht.

Von Staats wegen in Kulturarbeit eingreifen

Und es ist die historische Koinzidenz. Vor 100 Jahren kam eine rechtsgerichtete Koalition im Land Thüringen an die Regierung. Sie vertrieb die Lehranstalt namens Bauhaus aus dem thüringischen Weimar, nicht per Dekret, sondern durch Kürzung ihrer Finanzierung. Dessau sprang ein, die Industriestadt im Freistaat Anhalt, als Sitz von Flugzeugwerken genau jener Moderne zugewandt, die nunmehr auch das zuvor handwerkliche Bauhaus vertrat.

Für den Abriss des weltberühmten Bauhaus-Gebäudes in Dessau hat sich AfD nicht ausgesprochen, so wie es 1932 die Nazis in Dessau taten, nachdem sie die Mehrheit im Stadtrat erobert hatten. Bislang fordert die AfD lediglich die Landesregierung auf, "die konzeptionelle Ausrichtung des 100-jährigen Jubiläums der Bauhausschule am Standort Dessau (...) wissenschaftlich neu zu bewerten und in das Ausstellungskonzept einzuarbeiten". Gemeint ist, was der Antrag als "problematische Aspekte" umschreibt: "historische Bausünden", "fragwürdige Werte", "ideologische Hintergründe".

Das kann man im Einzelnen zerpflücken, und nicht zuletzt die Leiterin der Stiftung Bauhaus, Barbara Steiner, hat dies in aller Sachlichkeit getan. Kritische Forschung zum Bauhaus gibt es regalmeterweise, und auch die Arbeit der Bauhaus-Museen will die AfD grundsätzlich als "Glorifizierung" missverstehen. Es geht hier jedoch um mehr als die Bewertung des historischen Bauhauses. Es geht darum, dass die AfD versucht, von Staats wegen in die Tätigkeit von Kulturinstitutionen einzugreifen und ihnen vorzuschreiben, was sie wie zu beurteilen haben. Im Falle Bauhaus, was und wie das Jubiläum zu begehen sei. Und wie eben nicht.

Die Gefahren benennen

Die schrittweise Verschärfung von Kontrollen und Eingriffen zieht sich durch die Geschichte der Weimarer Republik. Nicht erst mit der Machtübernahme der Nazis 1933 begann die "Ausmerzung" der Moderne, wurden Lehrkräfte hinausgeworfen, Bilder abgehängt und Ausstellungen verboten. Die Geschichte des Bauhauses, das gleich dreimal von der politischen Rechten vertrieben und schließlich geschlossen wurde - in Weimar, Dessau und am Ende in Berlin - ist ein Musterbeispiel für politische Zensur von rechts.

Insofern hat der krude AfD-Antrag, der am Freitag vom Landtag abgelehnt wurde, sogar sein Gutes: Indem er nahtlos an die Politik anknüpft, die die Gesinnungsgenossen der Heutigen vor 100 Jahren praktizierten, macht er in aller Schärfe deutlich, dass es nicht um bloßes Unbehagen an der "puristischen Ästhetik" geht. Sondern um die staatliche Kontrolle und Lenkung der Kultur. Das Dessauer Bauhaus-Jubiläum 2025 wird kein reines Freudenfest sein. Sondern es wird die Gefahr bewusst machen und benennen müssen, der Kunst und Kultur immer wieder ausgesetzt sind, heute wie vor 100 Jahren. Ganz gleich, aus welcher politischen Richtung.