Debatte
Daniel Hornuff setzt in der "Zeit" zur Meta-Debatte der Bauhaus-Debatte an: "Zu erleben ist das immer gleiche Spiel: Die AfD setzt einen thematischen Reizpunkt, und die gereizten Reaktionen bestätigen, dass das gesetzte Thema ein Reizthema – also irgendwie wichtig – sein muss. Die inhaltliche Substanz des Reizpunktes steht bereits in diesem Stadium der Debatte nicht mehr zur Disposition. Bliebe der Reizpunkt ohne gereizte Reaktion, würde er verpuffen. So aber begünstigt Empörung um Empörung eine Erregungsdynamik, die der AfD dabei hilft, sich als Garant der Vernunft in Szene zu setzen. Das tiefer sitzende Problem dieser Reiz-Reaktion-Routinen liegt in der wiederkehrenden Banalisierung von Themen." Besonders problematisch empfindet der Autor, dass sich mit Claudia Roth die höchste Stelle für Kulturpolitik eingeschaltet hat (siehe Medienschau vom Donnerstag): "Die anwaltliche Rolle, die Roth einnimmt, weist dem AfD-Antrag eine Bedeutung zu, die er weder inhaltlich noch politisch einlösen kann. Ihm geht es einzig um die Entrüstung des politischen Gegners, und je grundsätzlicher und größer dessen Vorwürfe ausfallen, desto höher ist der Gewinn, den die Partei einstreicht". Hornuffs Rat: "Sich nicht triggern zu lassen, ist ein politisches Gebot der Stunde." Fragt sich nur, warum nicht auch dieser Artikel Teil der angesprochenen "Erregungsdynamik" ist.
Kunstmarkt
Sven Michaelsen unterhält sich für das "SZ Magazin" mit dem deutschen Galeristen David Zwirner über dessen Vater Rudolf, musikalische Ambitionen, Fehlentscheidungen, Kunst als Investition, Jeff Koons als "Zwangscharakter", die Zusammenarbeit mit der Architektin Annabelle Selldorf, Kunst und Rausch und vieles mehr. Auf die Frage nach Insiderhandel, Preismanipulationen und Kartellbildung auf dem Kunstmarkt, antwortet Zwirner: "Die Behauptung, der Kunsthandel sei eine semikriminelle Veranstaltung, ist totaler Quatsch. Es ist wie überall: Wenn du mit den Falschen arbeitest, kannst du schlechte Erfahrungen machen. Deshalb sind Renommee und Leumund in unserer Branche so wichtig." Da traut man Galeristen aus dem deutschsprachigen Raum wie ihm, Thaddeus Ropac und Iwan Wirth offenbar mehr zu: "Menschen aus dem deutschen Sprachraum gelten in der Welt als zuverlässig, und Zuverlässigkeit ist im Kunsthandel ein Schlüsselmerkmal. Das Wunderbare an unserer Branche ist, dass bis zum heutigen Tag 99 Prozent aller Verkäufe per Handschlag oder Telefonat abgeschlossen werden. Auch mit unseren Künstlern haben wir keine Verträge. Die Zusammenarbeit wird mit einem Händedruck besiegelt. Dieses Vertrauensverhältnis gibt es nirgends sonst. Nur bei Sammlern, die man noch nicht gut kennt, wird manchmal ein Kaufvertrag gemacht."
Gestern ist der neue "Art Basel und UBS Survey of Global Collecting" veröffentlicht worden, ein jährlicher Report der Kunstmarktexpertin Clare McAndrew, der diesmal die Kaufgewohnheiten von mehr als 3600 vermögenden Privatpersonen in 14 wichtigen Märkten im Jahr 2023 und in der ersten Hälfte des Jahres 2024 untersucht hat. Daniel Cassady hat sich den Bericht für "Art News" angeschaut und fasst zusammen: "Dem Bericht zufolge sanken die durchschnittlichen Ausgaben um 32 Prozent auf rund 363.905 Dollar, was vor allem auf einen Rückgang der Käufe am oberen Ende des Marktes zurückzuführen ist. Diese Zahlen untermauern die zahlreichen Artikel der letzten Monate, in denen verkündet wurde, dass der Markt, insbesondere für zeitgenössische Werke, einen Abschwung erlebt hat, von dem er sich möglicherweise nie wieder erholt. Das gilt natürlich nur, wenn man nur die zeitgenössischen Künstler betrachtet und die Tatsache, dass der Markt in zunehmendem Maße durch das gestört wird, was der Bericht als 'einen anhaltenden Hintergrund hoher Zinsen, anhaltender geopolitischer Spannungen und einer Fragmentierung des Handels bezeichnet, die auf der Stimmung von Käufern und Verkäufern gleichermaßen lasten', was während des weiterlaufenden, spekulationsgetriebenen Marktes der Covid-Jahre nicht der Fall war."
Maurizio Cattelans Werk "Comedian" wird versteigert: Die mit Klebeband an der Wand befestigte Banane sorgte auf der Art Basel / Miami Beach 2019 für Aufsehen "und ging schnell als Symbol für die Absurdität des zeitgenössischen Kunstmarkts viral", wie "The Art Newspaper" schreibt. Eine von drei Editionen von "Comedian" soll nächsten Monat bei Sotheby's in New York zur Auktion kommen - der Verkaufspreis wird zwischen 1 und 1,5 Millionen Dollar geschätzt. Drei Ausgaben von "Comedian" wurden damals von Galerist Emmanuel Perrotin auf der Kunstmesse verkauft; "es ist unklar, welche an Sotheby's ging", so die britische Zeitung. "Eine wurde von Sarah Andelman, der Gründerin des 2017 geschlossenen Pariser Edelladens Collette, erworben. Eine weitere Edition wurde an die Sammler William und Beatrice Cox aus Miami verkauft, die versprachen, ihre Werke einem Museum zu schenken (eine weitere Edition wurde später anonym an das Solomon R. Guggenheim Museum in New York gespendet). Ein drittes Exemplar wurde von einem anonymen Sammler erworben, wie Perrotin berichtet. Das Werk war damals so begehrt, dass selbst Damien Hirst darüber klagte, kein Exemplar ergattern zu können."
Das besondere Kunstwerk
Die britische Musikerin Kate Bush hat mit der BBC über ihren neuen animierten Kurzfilm "Little Shrew" für die Wohltätigkeitsorganisation "War Child" gesprochen. Sie erzählte von ihrer Wertschätzung für die Natur. "Ich glaube, wir müssen alle daran arbeiten, im Moment präsent zu sein. Sein Leben durchs Handy zu leben, ist vielleicht nicht so spannend." Sie wolle auch gerne mit der Arbeit an einem neuen Album beginnen, wenn sie mit anderen Projekten fertig sei. "Ich habe viele Ideen." Sie freue sich darauf, wieder kreativ zu sein. "Vor allem im letzten Jahr hatte ich das Gefühl, dass es Zeit ist, etwas Neues zu machen." Ob das Album anders werde als ihre bisherigen? "Ich denke, dass sich alle meine Alben voneinander unterscheiden. Und klar, es wird anders sein. Wir haben alle die letzten Jahre viel durchgemacht." Viele seien erschöpft. Die Pandemie mit dem Lockdown habe viele Menschen verändert, auch in Kombination mit sozialen Medien. Auch der Beginn des Kriegs in der Ukraine sei ein Schock gewesen. Einen Lobgesang von unserem Kolumnisten Oliver Koerner von Gustorf auf "die göttliche" Kate Bush lesen Sie hier.