Medienschau

Überraschungseier von Beltracchi

artikelbild_monopol-medienschau

Die Münchner Galerie Thomas ist insolvent, Hito Steyerl über KI und Beltracchi-Fälschungen in Museen: Das ist unsere Presseschau am Donnerstag
 

Debatte

In einem Gastbeitrag für die "SZ", der auf einem Akademievortrag basiert, macht sich die Künstlerin Hito Steyerl Gedanken über KI und ihre für trivialen Unsinn genutzte und Ressourcen verschwendende Weiterentwicklung durch Großkonzerne. So habe sich die Ukraine seit 2022 in ein Labor für KI-basierte Militärtechnologien verwandelt – ohne wirklich hilfreich gegen den russischen Aggressor zu sein. Steyerl verbindet das Wettrüsten mit der Konkurrenzlogik im Pop-Business. Sie zitiert den Regisseur Paul Trillo, der das KI-basierte Musikvideo für Washed Outs Song "The Hardest Part" nur deshalb gemacht habe, weil es sonst jemand anderes getan hätte. Die Künstlerin zweifelt daran, dass Verantwortliche wirklich wissen, "wo es hingehen soll und welchem Zweck die KI dienen könnte". Wenn man genau hinsehe, "rennen die Darsteller in Trillos Video kreuz und quer und durch die Gegend". Weder hier noch noch bei Google, Microsoft oder Apple sei eine Richtung zu erkennen: "Das Wettrennen um die KI geht trotzdem weiter. Die Akteure versuchen, die technischen und gesellschaftlichen Kollateralschäden zu ignorieren, vielleicht in der Hoffnung, dass sie unterwegs irgendwie ein Ziel ausfindig machen, ohne allzu viel Schaden angerichtet zu haben."

Das Künstlerhaus "Hotel Continental – Art Space in Exile" im Berliner Stadtteil Treptow richtet ein Werbeevent einer ukrainischen Sturmbrigade aus – mit direkten Bezügen zur faschistischen Asow-Bewegung, warnt Erik Peter in der "taz". "Bislang präsentierte man sich als liberaler Ort mit Regenbogenflagge oder dem Slogan 'Make art, not war', wie es die taz vor der Eröffnung 2022 beschrieb. Laut der verantwortlichen Regisseurin Christine Dissmann von Ogalala will man dafür sorgen, dass die Künst­le­r:in­nen 'Teil unseres Kulturschaffens werden und nicht außen vor' bleiben." Nun sei Protest gegen die Veranstaltung angekündigt.

Kunstmarkt

Die Münchner Galerie Thomas ist insolvent, meldet Stefan Kobel im "Handelsblatt". "Ganz überraschend käme eine mögliche Pleite nicht. Bereits im September 2023 war die Villa von Raimund Thomas in Grünwald zur Zwangsversteigerung mit einem Verkehrswert von 19,1 Millionen Euro ausgeschrieben worden. Der Termin wurde jedoch abgesagt. Auf der diesjährigen Messe 'Art Basel' in der Schweiz fehlte die traditionell dort ausstellende Galerie mit ihrem feinen Angebot an Kunstwerken des Expressionismus"

Auf der Kunstmarkt-Seite der "Zeit" berichtet Tobias Timm über zwei Gemälde des Kunstfälschers Wolfgang Beltracchi, die in Japan aufgetaucht sind. Es handelt sich um ein Bild im Stil von Heinrich Campendonk und einen gemalten Radrennfahrer, der dem Tokushima Modern Art Museum als echter Jean Metzinger angedreht worden war. "Vielleicht sollten nach dem Fund dieser beiden Überraschungseier auch Museen in Europa noch einmal ihre Bestände prüfen", rät der "Zeit"-Autor.

Ausstellung

"Art Review" nennt Oscar Murillos Installation "The flooded garden" in der Londoner Tate Modern ein "leeres Versprechen". Das interaktive Kunstwerk in der Turbine Hall ist von Claude Monets Gemälden seines Blumengartens in Giverny inspiriert und baut auf Murillos eigener "Surge"-Serie auf. Das Publikum ist aufgerufen, an einem 500 Quadratmeter großem Gemälde mitzumalen, es stehen Farben und Pinsel bereit.  "Junge Künstler in der Tate aufzufordern, ihren inneren Impressionisten zu entfesseln, wirkt seltsam platt, wie von einem wohlmeinenden Kunstlehrer organisiert", findet "Art Review"-Kritikerin Louise Benson. "Es fühlt sich an wie eine verpasste Gelegenheit, so etwas wie Radikalität in den Ausstellungsraum zu bringen, wodurch einheimische und internationale Besucher dazu hätten herausgefordert werden können, ihre eigenen Privilegien und Vorurteile zu überdenken, die über die Enklave des Museums hinausreichen, das zufällig in einem der am meisten benachteiligten Bezirke Großbritanniens liegt. Stattdessen haben wir eine Einladung, 'in die Freude an der Malerei einzutauchen"' inspiriert von ... Monet?"

Museen

Die X-Userin @sexabled_lily, die oft zu ihrem Leben mit Behinderung postet, beschwert sich auf der Plattform und auf Facebook über Diskriminierung durch Mitarbeitende der Alten Pinakothek in München: "Ich liebe Kunst, aber heute war ich ein Mensch zweiter Klasse und das hat man mich spüren lassen". Nach eigenen Angaben wurde sie angestarrt, beschuldigt, einen Alarm ausgelöst zu haben, und generell unfreundlich behandelt. "Ich würde eine Awareness-Schulung für das Team wirklich sehr begrüßen. Damit andere Menschen keine ähnlichen Erfahrungen machen müssen", schreibt sie. Die Pinakotheken haben bislang nicht in den sozialen Medien auf die Anschuldigungen reagiert. Der ganze Thread hier:


Architektur und Stadtplanung

Ob Paris eine Stadt für alle bleiben kann, fragt Niklas Maak in der "FAZ". Immerhin würden dort Brücken in die Banlieues gebaut. Detailreich skizziert der Architekturkritiker das städtebauliche Umbauprojekt "Grand Paris", das ihm Hoffnung gibt – damit könne Frankreichs Hauptstadt trotz politischer Krise zum Modell für die Metropolen der Zukunft werden. Und ausgerechnet im Olympiajahr: "Während die meisten Gastgeberländer das meiste Geld für neue Sportstadien ausgeben, baut Frankreich in seiner Hauptstadt lediglich eine neue Schwimmarena und investiert das restliche Geld in ein neues, über fünfzig Hektar, also gut siebzig Fußballfelder großes neues Stadtviertel" – jetzt für Olympia, später für die Menschen in Paris, wie Maak lobend hervorhebt.

Film

US-Schauspieler Timothée Chalamet gibt mit näselnder Singstimme eine Kostprobe von seiner neuen Filmrolle als der legendäre Bob Dylan. Der erste Trailer für den Film "A Complete Unknown" unter der Regie von James Mangold, der im Dezember in den USA starten soll, zeigt Chalamets Verwandlung in den jungen Folk-Musiker im New York der 1960er-Jahre. In einer Szene geht er am New Yorker Chelsea Hotel vorbei, wo Dylan zeitweise lebte. Mit Mütze und Gitarre läuft er durch die Stadt zu ersten Auftritten, unterlegt von dem ikonischen Song "A Hard Rain's A-Gonna Fall". Chalamet verkörpert Dylan am Mikrofon mit zerzausten Haaren und nasaler Stimme. Mangold beleuchtet Dylans frühen Erfolg als Folk-Musiker bis zu seinem Wechsel zur elektrischen Gitarre beim Newport Folk Festival 1965. Zu den Co-Stars zählen Edward Norton in der Rolle der Folk-Legende Pete Seeger. Monica Barbaro verkörpert die Sängerin Joan Baez, Elle Fanning spielt eine Dylan-Freundin. Der heute 83-jährige Dylan ist an der Produktion beteiligt. Mangold drehte 2005 den preisgekrönten Film "Walk the Line" über das Leben des Country-Sängers Johnny Cash. Chalamet war 2018 für die Hauptrolle in dem Beziehungsdrama "Call Me By Your Name" für einen Oscar nominiert. Zuletzt drehte er den Science-Fiction-Streifen "Dune: Part Two" und die Musicalkomödie "Wonka".