Interview
Christian Bartlau spricht in der "Zeit" mit der Künstlerin Anna Jermolaewa, die Österreich in diesem Jahr auf der Venedig-Biennale vertritt. Sie floh aus der Sowjetunion nach Wien und hat noch ein paar alte Rechnungen offen: "Bei einer Hausdurchsuchung 1989 hat der KGB unsere 35-Quadratmeter-Wohnung zehn Stunden lang durchsucht und alle meine Kunstwerke mitgenommen. Ich habe versucht, sie auf offiziellem Wege zurückzubekommen – unmöglich. Das nehme ich Putin persönlich übel, er ist ja ein Leningrader KGBler, das waren seine Kollegen."
Und noch ein Länderpavillon-Künstler im Interview: Jeffrey Gibson vertritt die Vereinigten Staaten auf der Biennale von Venedig - als erster indigener Künstler. Vor der Eröffnung im April besuchte "Art in America" den Künstler in seinem Atelier, "einer geräumigen Werkstatt, in der es zu dieser Zeit von etwa 20 Mitarbeitern wimmelte, die in einem ehemaligen Schulhaus in der Nähe von Hudson, New York, arbeiteten. Während er eine Leinwand grundierte und andere Werke in verschiedenen Stadien der Vorbereitung begutachtete, sprach Gibson über den Reiz der Malerei, sein Interesse an der Geschichte und der Komplexität der Perlenstickerei und über Ratschläge, die er angehenden Künstlern gibt, die sich einen Namen machen wollen."
"Guardian"-Kritiker Adrian Searle hat Nan Goldin getroffen und mit ihr über ihre Arbeit "Sisters, Saints, Sibyls" gesprochen, eine Projektion, die vor genau 20 Jahren entstand und nun in einer Kapelle im Zentrum Londons zu sehen ist. Es kommt auch der Gaza-Krieg zur Sprache: "Es ist so beschämend für mich als jüdische Person", sagt Goldin. "Ich bin in dem Glauben aufgewachsen, dass jüdische Menschen wie ich in ihrer Güte und Menschlichkeit außergewöhnlich sind. Der Völkermord in Gaza hat mich zutiefst betroffen gemacht." Es gebe eine ganze Generation von traumatisierten Menschen in Palästina, sagt sie, "und natürlich werden sie durch das, was passiert, radikalisiert."
Museen
Max Lakin hat für die "New York Times" das neue, inoffizielle Banksy-Museum in New York besucht - und ist skeptisch: "Ohne Genehmigung ist es ein Akt der Bewunderung und der Ausbeutung zugleich. Es ist auch ein interessantes Gedankenexperiment: Kann man ein Museum haben, in dem es nur Reproduktionen gibt? Funktioniert Street Art noch, wenn man sie von der Straße entfernt? Kann ein Künstler gegen das Establishment sein und trotzdem Millionen von Dollar bei Auktionen erzielen?"
Kunstmarkt
Der Deal mit Caspar David Friedrichs Skizzenbuch aus der Herbstauktion ist plötzlich geplatzt, berichtet Timo Feldhaus in der "Berliner Zeitung". Das Buch des Romantik-Malers ist im November im Berliner Auktionshaus Grisebach für insgesamt gut 1,8 Millionen Euro versteigert worden. Kurz vor der Versteigerung war bekannt geworden, das Skizzenbuch solle als Kulturgut geschützt werden. Die Berliner Kulturverwaltung leitete ein Verfahren ein, damit das "Karlsruher Skizzenbuch" in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes des Landes Berlin eingetragen wird. "Diese Woche wurde nun entschieden: Das sei der Fall. Das Notizbuch darf Deutschland nicht verlassen, das Geschäft über 1,45 Millionen Euro ist nichtig. Denn der Bieter ist ein „großes Museum aus dem angelsächsischen Raum“, wie Diandra Donecker, Chefin des Auktionshauses Grisebach, der FAZ mitteilte. Sie ist logischerweise wenig amused über das Urteil und meint: 'Das ist ein Präzedenzfall, und ich hoffe auf große Streitlust, weil es um willkürliche Eingriffe in Eigentumsrechte geht.'"
In einer E-Mail hat das Auktionshaus Christie's seinen Kundinnen und Kunden mitgeteilt, dass bei der jüngsten Cyberattacke, die zur Abschaltung der Website führte, "nur" Identifikationsdaten von den Konten gestohlen wurden, nicht aber Finanz- oder Transaktionsdaten, schreibt Daniel Cassady von "Art News". "Die Daten enthielten persönliche Informationen aus fotografischen Ausweisdokumenten wie Pässen und Führerscheinen; sie enthielten keine Fotos, Unterschriften, Kontaktdaten, Finanzdaten oder transaktionsbezogene Informationen, heißt es in der E-Mail."
Ausstellung
Boris Pofalla berichtet in der "Welt" über den Kunstort "Passage" im U-Bahnhof Hermannplatz, initiiert von dem jungen Schweizer Kurator Victor Auberjonois. Als erstes ist in dem grünen Glaskasten eine Arbeit von Christian Jankowski zu sehen: "Der Künstler hatte auf der Baustelle des Kunst-Boutique-Hotels 'Chateau Royal' beschäftigte Arbeiter gebeten, ein imaginäres Schloss ihrer Träume zu zeichnen, ähnlich jenem, das Unter den Linden als Humboldt Forum rekonstruiert wurde und das wiederum den Palast der Republik ersetzte. Wie immer bei Jankowski werden die Mechanismen des Marktes im Werk thematisiert: Die Arbeiter wurden nach ihrem üblichen Lohn für das Zeichnen bezahlt und sind am Verkaufserlös (Preis auf Anfrage) der leuchtenden Immobilie prozentual beteiligt, ähnlich wie ein Architekt. Die Ausstellung „Luftschloss Underground“ eröffnete symbolisch am Tag der Arbeit, dem 1. Mai."