Medienschau

"Brâncuși lässt die moderne Welt alt aussehen"

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Aufregung um eine Performance von Nina Beier in Mexiko, Brâncuși-Ausstellung in Paris und Tracey Emin im Porträt: Das ist unsere Presseschau am Mittwoch

Porträt

Nach einem großes Interview neulich im "Zeit Magazin" veröffentlicht nun der "Guardian" ein Porträt der zwischenzeitlich schwer erkrankten Künstlerin Tracey Emin, geschrieben von Simon Hattenstone. "Der Krebs habe ihr eine andere Realität vor Augen geführt, sagt sie. Sie habe sich in jemanden verwandelt, den sie nicht mochte. 'Wissen Sie, dass man in seinem Leben verschiedene Phasen hat? Erst im Nachhinein sieht man sie klar. Nun, als ich jung war, war ich eifrig und hungrig und aufgeregt und lernte an der Kunstschule. Und dann gab es diese mittlere Phase, in der ich einfach ein totaler Trottel war. Das Tiefste vom Tiefsten.' Sie meint eine Phase in ihren späten 30er- und 40er-Jahren. 'Wenn man einen wirklich guten Roman liest, gibt es immer eine Stelle, an der sie in eine Höhle gehen und es wirklich dunkel ist. Meine Höhle war wie ein riesiges verdammtes Schlagloch, das unter die Erde ging.'"

Debatte

Nina Beier zählt zu den fantastischen Künstlerinnen, in deren installativen Arbeiten, Performances und Skulpturen sich konzeptionelle Stärke, Witz und formale Eleganz vereinen. Ihre De- und Rekontextualisierungen von Vertrautem legen überraschende Fragen nach Bedeutung offen und führen vor Augen, was wir immer wieder vergessen: dass Werte einfach konstruiert sind und nicht gegeben. Das führt auch manchmal zu krassen Missverständnissen: Eine Performance der in Berlin und Kopenhagen lebenden Künstlerin mit lebenden Hunden wurde am Wochenende mit dem Vorwurf der Tierquälerei konfrontiert, nachdem Aufnahmen davon in den sozialen Medien viral gingen, berichtet "ArtNews": "Das Stück mit dem Titel Tragedy (2011) wurde im Rahmen einer Beier-Ausstellung im Museo Tamayo, einem der wichtigsten Kunstmuseen in Mexiko-Stadt, aufgeführt. In der Performance liegt eine Gruppe von Hunden auf Teppichen und stellt sich für kurze Zeit tot, bevor ein Trainer ihnen signalisiert, dass sie sich bewegen sollen. Die Hunde sind zwar weder tot noch verzweifelt, aber die Tiere wirken so, weil der Trainer im Publikum nicht zu sehen ist." Sogar der Gouverneur von Mexiko-Stadt, Martí Bartres, verurteilte die Arbeit: "Er forderte die PAOT, eine Gruppe, die die Umweltrechte in Mexiko überwacht, dazu auf, eine Untersuchung einzuleiten. Am Wochenende gab die PAOT bekannt, dass sie tatsächlich eine Untersuchung des Museo Tamayo einleiten werde. Die Direktorin des Museo Tamayo, Magali Arriola, und Beier gaben am Samstag eine Erklärung ab, in der sie die Misshandlung von Tieren verurteilten und erklärten, dass die Tragödie diese in keiner Weise fördere."

Kunstmarkt

Seit ihrer Gründung im Jahr 1967 vereint die Renault-Sammlung Werke großer Künstler des 20. Jahrhunderts, die von dem französischen Unternehmen erworben wurden und mit der als Teil des ehemaligen Kulturprogramms des Autobauers Arbeitern Kunst näher gebracht werden sollte. Diese Sammlung drohe jedoch bei einem Verkauf bei Christie's am 6. Juni verschleudert zu werden, befürchten Künstler und Nachlassverwalter in einem in "Le Monde" veröffentlichten Brief. Sie fordern, die Versteigerung zu stoppen. Die Sammlung war Teil des ehemaligen Kulturprogramms von Renault, mit dem Industriearbeitern die Kunst näher gebracht werden sollte. 

Ausstellung

"Brâncuși lässt die moderne Welt alt aussehen", schwärmt Jackson Arn im "New Yorker" angesichts der Ausstellung des Bildhauers im Pariser Centre Pompidou: "Seine Skulpturen kann man nicht einfangen, man kann ihnen nur zuwinken, wenn sie grinsend vorbeischweben. Sie sind liebenswürdig, aber besser als du, wer auch immer du bist. Im Pompidou erreicht das Gefühl seinen Höhepunkt in der hellen Galerie der Vögel, die sich erheben, um die Museumsbesucher zu begrüßen, bevor sie sich auf ihre lange Reise in den Himmel begeben. Als Embleme der Moderne seit fast einem Jahrhundert lassen sie die Moderne in ihrer Effizienz geradezu üppig erscheinen, hochtrabend und doch bodenständig, A und Nicht-A im gleichen Atemzug. Die reale Moderne kann sich damit natürlich nicht messen, genauso wenig wie mein Laptop mit der Eleganz eines Brancusi mithalten kann, aber das macht die Fantasie nur noch attraktiver. Sie ist nicht veraltet, weil sie nicht wahr geworden ist und auch nicht wahr werden wird." In der heutigen Ausgabe der "FAZ" (noch nicht online) bespricht Peter Kropmanns um einiges weniger inspiriert die Ausstellung. 

Das besondere Kunstwerk

Das Unikat des Albums "Once Upon a Time in Shaolin" der Hip-Hop-Band Wu-Tang Clan wird jetzt als Leihgabe im Museum of Old and New Art (Mona) in Tasmanien ausgestellt, berichtet die BBC. Die Doppel-CD soll in Marokko aufgenommen und gelagert worden sein, 2014 wurde sie im New Yorker Museum MoMA PS1 ausgestellt. Das Werk ist versiegelt und verpackt in einer mit Diamanten besetzten Kiste. Es zu besitzen sei "wie das Zepter eines ägyptischen Königs zu haben", sagte RZA vom Wu-Tang Clan 2015. Auflage beim Verkauf war, dass der Besitzer den Inhalt der CD nicht der Öffentlichkeit zugänglich machen darf. RZA und der Produzent Tarik "Cilvaringz" Azzougarh wollten mit dieser Idee wieder Wertigkeit für Musik schaffen, nachdem die Musikindustrie durch die fortschreitende Digitalisierung in die Krise gestrauchelt war. nun werden einige Personen das Album hören können: "An zehn Tagen im Juni wird Mona kleine Hörpartys veranstalten, bei denen die Öffentlichkeit eine kuratierte, 30-minütige Hörprobe des Albums hören kann." in die Schagzeilen geriet das Album auch wegen des zwischenzeitlichen Besitzers: Der schillernde Unternehmer und verurteilte Betrüger Martin Shkreli löste in dem Jahr, in dem er das Album bei einer Auktion erwarb, große Unmut aus, als er den Preis des Medikaments Pyrimethamin, mit dem unter anderem HIV-Patienten behandelt werden, von 13,50 Dollar auf 750 Dollar pro Tablette anhob. Shkreli hat sich mit Hedgefonds und in der Pharmaindustrie ein Vermögen aufgebaut. Wegen verschiedener Vergehen wurde er in den letzten Jahren immer wieder verurteilt.

 Die verzierte Schatulle des Albums «Once Upon a Time in Shaolin» der Rap-Gruppe Wu-Tang Clan, das beim umstrittenen US-Pharma-Manager Martin Shkreli bei seiner Verurteilung beschlagnahmt worden war
United States Marshals Service/dpa

Die verzierte Schatulle des Albums "Once Upon a Time in Shaolin" der Rap-Gruppe Wu-Tang Clan, das beim umstrittenen US-Pharma-Manager Martin Shkreli bei seiner Verurteilung beschlagnahmt worden war