Venedig-Biennale
Das Adriano Pedrosa, der Kurator der 60. Venedig-Biennale, den Kunstkanon erweitern will mit Kunstwerken aus dem globalen Süden, sei ein gutes Anliegen, findet Sophie Jung in der "taz". "Doch Pedrosa muss die von der Kunstgeschichte Marginalisierten erst einmal identifizieren, sie vielleicht mehr zu Fremden machen, als sie es sind. Die vielen hundert Künstler:innen seiner Schau benennt er als queer, migrantisch oder als solche, die einer Geografie entstammen, die sich von Lateinamerika über Afrika – unter Aussparung Israels – bis nach Südostasien zum sogenannten Globalen Süden subsumiert. Dabei scheint Pedrosa sich mit der Identität als künstlerischer Kategorie keinen Gefallen getan zu haben, visuell schön angeordnet, hängt die Kunst hier häufig in einem luftleeren Raum. Hätte Pedrosa die Übersehenen der jüngeren Kunstgeschichte nicht ganz selbstverständlich als Teil einer globalen Kunst positionieren können, ohne diese soziogeografische Trennlinien ziehen zu müssen?"
Jörg Häntzschel fällt bei den Länderpavillons ein Paradigmenwechsel auf: "Waren in den Länderpavillons früher die Spitzenleistungen der nationalen Kunst zu sehen, künden sie jetzt vom Stand der Debatten, von der Aufarbeitung historischer Schuld", schreibt er in der "SZ". "Oft scheint es, als seien nicht die privilegierten Biennale-Besucher die Adressaten, sondern die 'Communities' im eigenen Land, deren Mitglieder sich oft die Reise nicht leisten können oder kein Visum bekommen. Ob der Anerkennung, die ihre Vertreter durch ihre Ernennung zu nationalen Repräsentanten erfahren, auch die gesellschaftliche Anerkennung zu Hause folgt, ist eine andere Frage."
Debatte
Der Künstler Wolfgang Tillmans hat der SPD in Sachsen 50.000 Euro gespendet, wie man der Website des Bundestags entnehmen kann. Im "SZ"-Interview mit Jörg Häntzschel erzählt er, was ihn dazu motivierte und wie es für ihn weitergeht. "Die Spende ist kein endorsement. Sie bedeutet nicht, dass ich voll auf der Linie der SPD liege. Natürlich wünsche ich mir zum Beispiel, dass die SPD entschiedener auf der Seite der Ukraine stünde. Ich komme aus einem CDU-Haushalt, aber habe mein Leben lang meistens für die Grünen gestimmt. Die Wertschätzung für die SPD ist bei mir erst in den letzten zehn Jahren entstanden. In ihrer über 150-jährigen Geschichte hat sie sehr viele positive gesellschaftliche Entwicklungen und Fortschritte angestoßen. Meine erste große Spende hätte auch einer anderen Partei zukommen können, aber in Sachsen richtet sich die Hoffnung so einseitig auf die CDU als einziger Alternative zur AfD, dass ich es wichtig fand, die SPD zu unterstützen. Ich will dazu beitragen, ein Gegengewicht zu den Anti-EU-Kräften zu schaffen."
Maurizio Cattelan ist dieses Jahr am Pavillon des Vatikans auf der 60. Biennale von Venedig beteiligt, obwohl eine seiner bekanntesten Arbeit – "La Nona Ora" (1999) – eine Wachsstatue von Papst Johannes Paul II ist, die von einem Meteoriten zertrümmert wird. Im Gespräch mit Alastair Sooke stellt der italienische Künstler im "Telegraph" klar, dass "La Nona Ora" absolut nicht antikatholisch gemeint sei: "'Auf den ersten Blick', räumt er ein, 'ist es nicht überzeugend, wie ein Krieger, der den Glauben verteidigt'. Aber, so sagt er mir, 'es ist ein Bild der Stärke. Der Papst hält immer noch das Kreuz, und es ist nicht völlig platt. Das ist nicht so anders als Jesus Christus am Kreuz. Beide sind ein Bild der Folter'. Cattelan wuchs in einer katholischen Arbeiterfamilie in Padua auf und war früher Messdiener: 'Ich bin', versichert er ernsthaft, 'im Schatten des Glockenturms meiner Kirche aufgewachsen.' Selbst der Katalog, der seine Retrospektive 2011 im Guggenheim Museum in New York begleitete, sah aus wie eine Bibel. Als ich ihn frage, ob er sich für einen Satiriker hält, versteht er mich falsch und schüttelt den Kopf: 'Ich bin kein Satanist!'"
Museen
Harry Nutt schaut sich für die "Berliner Zeitung" eine neue Studie zum Vertrauen in Museen in Deutschland an. Sie sei die erste Studie ihrer Art, "'die bevölkerungsrepräsentativ für Deutschland erhoben wurde, um das Vertrauenspotenzial, das in den rund 7000 Museen in Deutschland steckt, mit empirischen Daten zu hinterlegen“, teilte die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) soeben mit Verweis auf die kostenlos per Online-Link zu beziehende Studie mit. Je höher das Interesse an Politik und der Bildungsgrad, desto höher das Vertrauen in die Institution Museum. Anhänger der Ampelparteien und der Linken vertrauen Museen überdurchschnittlich, AfD-Anhänger leicht unterdurchschnittlich. Alter, Geschlecht, Migrationshintergrund oder die Größe des jeweiligen Wohnorts haben indes kaum Einfluss auf die wohltuende Wirkung des Museums. Selbst bei Nicht-Besucherinnen und -besuchern genießen Museen ein abstraktes Vertrauen, heißt es in einem Fazit."
Mit maßgeschneiderter Ansprache durch KI-Anwendungen könnten Museen mehr Menschen erreichen, meint der Digitalmanager Johannes Bernhardt im halbstündigen Interview mit Änne Seidel im Deutschlandfunk. Um die Potenziale zu nutzen, müsste man Forschung und Förderung aber jetzt strategisch klug aufstellen.
Performance
Im Schweizer "Tagesanzeiger" berichtet Lyn Bentschik, was dazugehört, wenn man für Marina Abramović im Einsatz ist: "Mir ist bewusst, dass ein Auftritt ohne Kleider für Leute, die nicht im Körper-Business arbeiten, immer etwas crazy wirkt. Für mich persönlich ist das nichts Besonderes mehr. Wenn ich auf einer Bühne auftrete, bin ich ständig mit meinem Körper ausgestellt. Ich selbst habe daher eine professionelle Beziehung dazu entwickelt im Sinne von: Mein Gott, einen nackten Körper haben wir ja alle unter den Kleidern." Auch auf die Bezahlung von (aus Berliner Perspektive gar nicht mal so skandalös niedrigen) 28 Franken pro Stunde wird eingegangen: "Die traurige Wahrheit ist, dass in der Kunst nach wie vor sehr viele auf professionellem Niveau unterbezahlt arbeiten. Es gibt zwar Richt- und Minimalgagen von verschiedenen Verbänden, die sich für eine faire Lohnpolitik einsetzen. Aber letztlich kämpfen die meisten, die in der Performance-Szene tätig sind, mit Geldproblemen. Wenn Leute nun sehr überrascht sind und den Stundenlohn von 28 Franken nicht in Ordnung finden, dann ist das natürlich super."
Kunstmarkt
Ein Team aus gleich vier Autorinnen gibt im "Tagesspiegel" einen Ausblick auf das Gallery Weekend Berlin und zählt 16 Highlights auf. Überraschend euphorisch die Einleitung: "Man darf konstatieren, Berlin bringt nach wie vor beste Voraussetzungen für ein Kunst-Wochenende der Superlative mit: aufregende Locations und eine Mischung aus Galerien, Institutionen und Off-Szene, die ihresgleichen sucht." Monopols Vorberichterstattung finden Sie hier.
Computergrafik
"Wie perfekt kann die Realität simuliert werden?", fragt Anna Wiener in ihrem "New Yorker"-Text über Quixel, einem Ersteller hochwertiger 3D-Inhalte für Videospiele, Filme, Architektur, Militärsimulationen und für den Aufbau des Metaversums. Sehr kurz gefasst: Quixel erstellt Scans von der realen Welt und setzt das Material neu zusammen. Das Ergebnis wird auch für Fake News benutzt: "Im Herbst begannen Videos von militärischen Auseinandersetzungen, die angeblich aus dem Gazastreifen stammten, in den sozialen Medien zu kursieren. "Neues Video: Hamas-Kämpfer schießen israelischen Kampfhubschrauber in Gaza ab", hieß es in einem Tweet. Ähnliche Videos kursierten jedoch schon einige Monate zuvor, angeblich aus der Ukraine. In Wirklichkeit stammten sie aus dem Videospiel Arma 3."
Kunstgeschichte
RBBs Radio 3 spricht zum Start der Ausstellung in der Berliner Alten Nationalgalerie ausführlich mit Bestsellerautor Florian Illies über Caspar David Friedrich.