Antisemitismus-Debatte
Die umstrittene Verleihung des Hannah-Arendt-Preises für politisches Denken an die jüdische Publizistin Masha Gessen hat am Samstag in Bremen vor gut 50 Gästen stattgefunden. Die ursprünglich für Freitag im Rathaus geplante Veranstaltung war nach Kritik an Äußerungen Gessens abgesagt worden und wurde nun im kleineren Rahmen an einem anderen Ort nachgeholt. Den bereits zuvor gewechselten Veranstaltungsort hatten die Verantwortlichen am Samstagmorgen noch einmal kurzfristig verlegt. Die Preisverleihung fand jetzt in einem kleinen Veranstaltungsraum im Steintorviertel statt. Vier Polizisten sicherten die Veranstaltung vor der Tür ab. Mit der Verlegung reagierte der Trägerverein auf den Rückzug der Heinrich-Böll-Stiftung und des Bremer Senats von der Preisverleihung. Auslöser waren Äußerungen Gessens in einem Artikel im "New Yorker", mit denen Gessen die Situation in Gaza mit den jüdischen Ghettos im besetzten Europa verglich. Die Entscheidung der Jury für Masha Gessen war im Frühsommer gefallen. Ausschlaggebend sei Gessens journalistisches Engagement für die Berichterstattung über Russland gewesen, hieß es damals. Diese Woche wurde Gessen von der "SZ", dem "Spiegel", der "Zeit" und der "FR" zur Antisemitismus-Debatte in Deutschland interviewt.
Der deutsche Diskurs über den Nahostkrieg und die Antisemitismus-Debatte war auch Thema der letzten Sendung des "ZDF Magazins Royale" vor der Winterpause. In der Folge, in der auch Autor und HKW-Gastkurator Max Czolleck mitgearbeitet hat, lässt Moderator Jan Böhmermann unter anderem eine Drohne aufsteigen, um seine eigene Sprecherposition deutlich zu machen – inmitten von ehemaligen Fabriken und Deportionslagern in Köln-Ehrenfeld, die an NS-Verbrechen mitgearbeitet haben: "Wer in und aus Deutschland spricht, dem kann nichts so leicht eindeutig sein. Denn das Eindeutige – hier gut und dort böse – ist Teil des Problems. Und immer, wenn Deutsche sich einig und sicher sind, wird es für irgendjemanden gefährlich."
Museen
Für die "FAZ" geht Karen Krüger mit dem scheidenden Uffizien-Chef Eike Schmidt, der – wie man seit Samstag weiß – nach Neapel gehen wird, noch einmal durch das Florentiner Museum. Der Deutsche, der seit wenigen Wochen auch die italienische Staasbrügerschaft besitzt, äußert sich in dem Porträt auch über Spekulationen, er würde für die postfaschistische Partei Brüder Italiens kandidieren: "Ich bin in keiner Partei und habe nicht vor, in eine einzutreten. Aber ich habe hier immer mehr Freude am Gestalten bekommen."
Film
Bilge Ebiri empfiehlt im "New York"-Magazin, sich den nun auch in den USA angelaufen Wim-Wenders-Film über den Künstler Anselm Kiefer unbedingt in 3D anzuschauen: "Wenders verwendet die drei Dimensionen in einer fast skulpturalen Weise, die es uns ermöglicht, das Gewicht und die Textur eines Werks oder einer Bewegung zu erfassen. Das ist ein geeignetes Format für jemanden wie Kiefer, dessen riesige Gemälde (wenn man sie überhaupt so nennen kann) Stein, Sand, Stroh und andere Objekte enthalten, ganz zu schweigen von den großen, dicken Farbbergen. Auch seine Skulpturen und Installationen sind von einer fesselnden Grobheit, die die physische Präsenz des Betrachters erfordert."
Gérard Depardieu (74) droht der Verlust des Ehrenlegion-Verdienstordens, Frankreichs höchster Auszeichnung. Laut Kulturministerin Rima Abdul-Malak sei ein Disziplinarverfahren gegen den Schauspieler ("Cyrano") eingeleitet worden, sagte sie im Fernsehsender France 5 am Freitag. Ein Rat des Ordens werde zusammentreten, um zu entscheiden, ob Depardieu die Auszeichnung aberkannt werden soll, erklärte sie. Depardieu wurde der Orden 1996 verliehen. Als "ekelhaft" hatte die Kulturministerin am Freitag die Äußerungen des Schauspielers in der Anfang Dezember ausgestrahlten Fernsehreportage über seine Reise nach Nordkorea im Jahr 2018 bezeichnet. Er sei eine "Schande für Frankreich". "Seine absolut schockierenden Kommentare lassen es nicht mehr zu, dass wir ihn feiern." In dem Filmporträt gibt er immer wieder frauenfeindliche und fragwürdige Kommentare von sich. In einer Szene, die ihn auf einem Gestüt zeigt, meinte er, dass Frauen gerne reiten würden, weil ihre Klitoris am Sattel reibe. Sie seien große "Schlampen", fuhr er fort. Wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung läuft gegen Depardieu seit 2020 bereits ein Ermittlungsverfahren. Seit Mitte September soll eine weitere Klage gegen ihn wegen sexuellen Missbrauchs laufen. Der Vorfall soll sich 2007 ereignet haben. Mehrere Frauen werfen dem preisgekrönten Darsteller, der in über 200 Filmen spielte, unter anderem sexuelle Gewalt vor. Depardieu bestreitet die Vorwürfe vollständig.