Medienschau

"Die Enttrümmerung beseitigt Erinnerung"

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Auf Tour mit dem Jüdischen Museum, Galerist Alexander Koch über Absagen von Ausstellungen und ein Mäzen für Kunst aus Ostdeutschland: Das ist unsere Presseschau am Freitag

Antisemitismus-Debatte

Das Jüdische Museum Berlin tourt durchs Land, um Jugendlichen das Judentum zu erklären. Thorsten Schmitz ist für die "SZ" mitgetourt und berichtet von einem turbulenten Vormittag an einer Schule in Berlin, wo über das Hamas-Massaker und deutsche Waffenlieferungen, Alltagsrassismus und Adolf Hitler diskutiert wird. "Viel geht durcheinander an diesem Vormittag, Meinungen, Gefühle, Informationen, von denen man nicht weiß, woher die Jugendlichen sie haben. Fakten, die keine sind, die aber gefühlten Wahrheiten entsprechen mögen, die in das Weltbild passen, das viele der Jugendlichen von zu Hause mitbekommen, wie der Lehrer gesagt hatte."

Im "artmagazine" geht es noch einmal um den Fall der abgesagten Ausstellung von Candice Breitz. Ihr Galerist Alexander Koch von KOW spricht mit Autor Raimar Stange über Kunstfreiheit und auch über die Möglichkeit gegen fragliche Entscheidungen von Institutionen zu klagen: "Es wäre wichtig, nicht unwidersprochen in die von Ihnen angesprochene Opferrolle zu geraten. Das können sich aber nur wenige leisten. Wir haben ja tatkräftige Anwältinnen und Anwälte im Land, von denen viele kunstsinnig sind und Redefreiheit hochschätzen. Ich fände es sehr begrüßenswert, wenn sich da vielleicht eine Allianz aus Kunst- und Rechtsliebhabern bilden würde, um an Stellen einzugreifen, die systemisch relevant sind, auch wenn die betroffenen Akteure sich einen solchen Vorgang selbst nicht leisten können."

Kunstmarkt

Ostdeutsche Kunst ist noch immer ein blinder Fleck im gesamtdeutschen Kunstbetrieb, wogegen Fritz P. Mayer seit Jahrzehnten leidenschaftlich anarbeitet. In der "FAZ" porträtiert Freddy Langer den Wirtschaftsingenieur, der in den vergangenen 30 Jahren eine bedeutende Sammlung mit dem Schwerpunkt Leipziger Schule aufgebaut hat, seither zahlreiche Museen als Mäzen unterstützt und dessen Kollektion nun in einer Ausstellung in Aschaffenburg vorgestellt wird. Die Auswahl von rund 60 Arbeiten sei grandios, so Langer, "museal von den kleinsten Zeichnungen bis zu gewaltigen, Ehrfurcht gebietenden Triptychen: jede einzelne Arbeit ein Beleg dafür, dass die Museen in ihren Ankäufen ostdeutscher Kunst zu lange zögerlich waren, es genau genommen bis heute sind. Und so führt ein passionierter privater Sammler jetzt vor, was den staatlichen Institutionen entgangen ist. Zugleich jedoch ist Mayer als großzügiger Mäzen stets zur Stelle, wenn es darum geht, etwa die Kunstsammlung Chemnitz, das Haus der Geschichte in Bonn, die Kunsthalle Mannheim, das Museum der bildenden Künste in Leipzig und auch die Nationalgalerie in Berlin mit Dauerleihgaben oder Schenkungen aus seinem Fundus zu unterstützen."

Fotografie

"Tiefenenttrümmerung" – das Wort könnte eine Neuschöpfung von Thomas Bernhard sein, ist aber der Titel eines Fotobandes von Arwed Messmer. Der Fotograf versammelt darin in der Wendezeit aufgenommene Bilder von Trümmerlandschaften, Ruinen oder Baustellen, die von einer rauen Geschichte und der Gestaltwerdung der neuen wiedervereinigten Bundesrepublik erzählen. Lennart Labrenz bespricht den Band in der "taz": „Messmers Blick auf Berlin und Ostdeutschland vermittelt bereits eine Renitenz, die sich bald breitmachen wird: Während in Städten noch DDR-Moderne abgerissen wird, wachsen schon investorenkalte Häuser. Kapitalertragsästhetik drängt dazwischen, neue Balkone verkünden Miethöhen. Das Leben auf dem Land, ahnen wir, wird den Anschluss verpassen. Die Enttrümmerung beseitigt Erinnerung."

Film

Frankreichs Filmikone Isabelle Adjani (68) ist wegen Steuerbetrugs und Geldwäsche zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Außerdem verhängte das Gericht in Paris am Donnerstag eine Geldstrafe von 250 000 Euro gegen Adjani. Der Schauspielerin war vorgeworfen worden, ihren Wohnsitz 2016 und 2017 auf dem Papier nach Portugal verlegt zu haben, um so 236 000 Euro Einkommenssteuer zu sparen. Außerdem soll sie eine Schenkung von zwei Millionen Euro als Darlehen deklariert und zudem von einer Offshore-Firma 120 000 Euro auf ein nicht deklariertes US-Konto überwiesen bekommen haben. In diesem Zusammenhang lohnt nochmal ein Blick auf ein Interview, das Adjani im Oktober dem Magazin "L'Obs" gegeben hat. Da hatte sie zu den Vorwürfen gesagt, dass es sich bei der Millionensumme tatsächlich um ein privates Darlehen gehandelt habe. Dieses habe sie nach finanziellen Turbulenzen auf privater und beruflicher Ebene benötigt. Entsprechend habe sie die Geldsumme auch bei den Behörden registriert. Das Finanzamt sei später dennoch von einer Schenkung ausgegangen und habe hohe Steuern verlangt. "Hören Sie, ich bin keine Künstlerin nach amerikanischem Vorbild", sagte Adjani dem "L'Obs" über die Wirtschaftlichkeit in ihrem Beruf. "Ich bin nicht diese Frau." Sie habe über die Jahre nicht regelmäßig gearbeitet und sich auch sozial engagiert. Sie lebe bescheiden zur Miete und nicht in einer Villa mit Pool, wie viele dächten. Adjani wurde 1955 als Tochter eines algerischen Vaters und einer deutschen Mutter in Frankreich geboren. Erfolge feierte die vielfach ausgezeichnete Schauspielerin etwa als unglückliche Geliebte des Bildhauers Auguste Rodin in "Camille Claudel" oder in dem sozialkritischen Film "Heute trage ich Rock!", in dem sie eine überforderte Lehrerin verkörpert.