Medienschau

"Beide Seiten müssen ihre Feinde als Menschen erkennen"

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Dirigent Barenboim für einer Annäherung zwischen Israel und Palästinensern, Magnum-Fotograf Rafał Milach über die Politik in Polen, Künstlerin Zilla Leutenegger im Porträt. Das ist unsere Presseschau am Montag

Debatte

Der Dirigent Daniel Barenboim sieht für eine dauerhafte Lösung im Nahen Osten die Notwendigkeit einer Annäherung zwischen Israel und Palästinensern. "Die Israelis werden dann Sicherheit haben, wenn die Palästinenser Hoffnung spüren können, also Gerechtigkeit", schrieb der 80-Jährige in einem Beitrag für die "Süddeutsche Zeitung". "Beide Seiten müssen ihre Feinde als Menschen erkennen und versuchen, ihre Sichtweise, ihren Schmerz und ihre Not nachzuempfinden. Israelis müssen auch akzeptieren, dass die Besetzung Palästinas damit nicht vereinbar ist." Barenboim verurteilte erneut klar den Angriff auf Israel. "Die barbarischen, terroristischen Akte der Hamas gegenüber Zivilisten, darunter Kinder und Babys, sind durch nichts zu rechtfertigen." Aus Sicht des Musikers ist der israelisch-palästinensische Konflikt kein politischer Konflikt, zwischen zwei Staaten über Grenzen, Wasser, Öl oder andere Ressourcen. "Es ist ein zutiefst menschlicher Konflikt zwischen zwei Völkern, die Leid und Verfolgung kennen." Barenboim erinnerte an die historische Entwicklung mit dem Anspruch zweier Völker auf dasselbe Land. "Der Konflikt war somit unausweichlich, und seit seinem Beginn haben sich die Fronten über Generationen nur weiter verhärtet." Barenboim verwies auf die Erfahrungen mit dem von ihm und dem amerikanisch-palästinensischen Autor und Literaturkritiker Edward Said (1935-2003) 1999 gegründeten West-Eastern Divan Orchestra, das sich in der Berliner Barenboim-Said-Akademie aus jungen Musikerinnen und Musikern der Region zusammensetzt. "Wir beginnen und enden alle noch so kontroversen Diskussionen mit dem grundsätzlichen Verständnis, dass wir alle gleichwertige Menschen sind, die Frieden, Freiheit und Glück verdienen", schrieb der Dirigent. Der in Argentinien als Kind russisch-jüdischer Auswanderer geborene Barenboim, der sowohl einen israelischen Pass wie auch ehrenhalber eine nicht offizielle palästinensische Staatsbürgerschaft besitzt, hat sich in der Vergangenheit mehrfach zur Entwicklung im Nahen Osten geäußert und eine Annäherung beider Seiten gefordert. Barenboim trat Anfang des Jahres gesundheitsbedingt nach drei Jahrzehnten als Generalmusikdirektor der Berliner Staatsoper Unter den Linden zurück.

Noch einmal sucht Chris Schicke in der "taz" eine Erklärung für das Ausbleiben von Solidaritätsbekundungen deutscher Kulturinstitutionen für Israel. "Israelsolidarische Positionierungen, heißt es oft, seien schlichtweg nicht möglich, da sonst der Kreis aus Mitstreiter:innen, Friends und Allies abtrünnig werde und man sich im schlimmsten Fall Boykotte einhandle, zuvorderst von Künstlerinnen und Künstlern aus dem Globalen Süden. Sorry, aber das ist einfach Humbug. Und auf weirde, patriarchale Weise auch eine Bevormundung der so Assoziierten."

Der polnische Künstler und Magnum-Fotograf Rafał Milach beschäftigt sich mit dem Wandel im ehemaligen Ostblock. Mit Gleichgesinnten gründete der 1978 geborene Künstler das Archive of Public Protest, das linke Proteste in seinem Heimatland dokumentiert. Für "Die Zeit" hat der Künstler, dessen Arbeit gerade im Essener Folkwang Museum zu sehen ist, anlässlich der Parlamentswahl in Polen mit Victor Sattler über die politische Situation dort gesprochen. "Wir haben ja fast nur konservative Parteien in Polen. Das liegt an unserem postkommunistischen Erbe, das eine angemessene, zeitgemäße Linke unmöglich gemacht hat. Erst nach ein paar Generationen wird eine linke Politik nicht mehr kommunistischer ähneln. Andererseits hat sich die PiS ins eigene Fleisch geschnitten, indem sie das Thema Schwangerschaftsabbrüche zu ihrer politischen Plattform machte."

Porträt

Zilla Leutenegger hat die Samstagsausgabe der "NZZ"  gestaltet, Philipp Meier hat ein Porträt der Künstlerin geschrieben. Birgit Schmid spricht mit ihr unter anderem darüber, warum sie glücklich ist, erst mit 27 Jahren mit dem Kunststudium angefangen zu haben: "Weil ich erst dann die Ernsthaftigkeit mitgebracht habe, die es für dieses Studium braucht. Damals gab es alle zwei Jahre einen Studiengang mit zwölf Studentinnen und Studenten. Für uns war klar, dass wir von der Kunst nicht leben konnten. Heute sind die Studenten nicht nur viel jünger, sondern auch ambitionierter." 

Ausstellung

"Der Zeitpunkt liegt nicht mehr fern, an dem die Masse allen verbauten Betons die weltweite Biomasse übertrifft, ein kaum begreiflicher, eher Schrecken einjagender Umstand", schreibt Bernhard Schulz im "Tagesspiegel" in seiner Review zur Ausstellung "The Great Repair" in der Berliner Akademie der Künste. "Und doch muss mit all diesem Beton, diesem denn doch verwitternden, rissigen und abplatzenden Material umgegangen werden, es ist nun einmal da." Am Ende der Ausstellung kann man ein Flugblatt mitnehmen: "Wir fordern ein Abriss-Moratorium: Statt Abriss und Neubau stehen wir für Erhalt, Sanierung, Umbau und Weiterbauen im Bestand."

Film

Nun soll wirklich Schluss sein: Im Alter von 90 Jahren hat der britische Schauspieler Michael Caine sein Karriereende bestätigt. "Ich sage immer, dass ich in den Ruhestand gehe. Nun, das bin ich jetzt", sagte Sir Michael der BBC. Er habe in seinem jüngsten Film "The Great Escaper" die Hauptrolle gespielt und "unglaubliche" Kritiken erhalten. "Was soll ich machen, um das zu toppen?", sagte Caine. In dem Film spielt er einen Kriegsveteranen, der aus seinem Altersheim verschwindet, um sich auf den Weg zu den Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag des D-Days in Frankreich zu machen. Der Film wird in Deutschland unter dem Titel "In voller Blüte" ab dem 23. November zu sehen sein. "Die einzigen Rollen, die ich noch ergattern kann, sind 90 Jahre alte Männer. Oder vielleicht 85-Jährige", sagte Caine dem Sender BBC Radio 4. "Sie werden mir keine Hauptrolle geben. Man besetzt keine Hauptrollen mit 90-jährigen Männern. Man nimmt hübsche Jungs und Mädels. Deshalb habe ich mir gedacht, ich kann es gleich lassen", sagte Caine. Das Angebot für "Great Escaper" habe er drei Mal abgelehnt, bevor es es doch annahm. Caines Co-Star in dem Film, Glenda Jackson, starb im Juni nach Abschluss der Dreharbeiten.