Dresden statt Görlitz: Die Künstlerin Lisa Maria Baier hat ihre umstrittene Installation "Kulisse" aus der Ausstellung GörlitzerArt entfernt. Die 33-Jährige ließ das Kunstwerk am Dienstag abbauen, die Leiterin des Kunsthauses Dresden holte es ab. "Mir hat es schon den Hals zugedrückt", sagte Baier der Deutschen Presse-Agentur. Es ist der vorläufige Schlusspunkt eines Konflikts zwischen ihr und der Stadt, der über Wochen Wellen schlug - auch überregional.
Das seit Mitte Juli vor der maroden Stadthalle platzierte Kunstwerk greift das Thema Frauenrechte und die Debatte um Abtreibung im Nachbarland auf. Laut der Stadt widerspricht es dem von der Jury ausgewählten Konzept, prämiert worden sei eine Arbeit zum Thema Filmstadt. Baier, gebürtige Görlitzerin und Alumni-Meisterschülerin der Hochschule für bildende Künste Dresden, wehrte sich auch juristisch gegen die folgende Kündigung des Vertrages und den angedrohten Abbau - und verlor.
Das Sächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Bautzen hatte Baiers Beschwerde zurückgewiesen. Die Kündigung des Vertrages durch die Stadt sei auch unter Berücksichtigung der Kunstfreiheit wirksam, der ausgeführte entspreche nicht dem prämierten Beitrag, befanden die Richter. Baier kam der Konsequenz zuvor.
"Es schwingt Traurigkeit und Wut mit"
"Ich mache das nicht freiwillig, ich bin dazu gezwungen", sagte Baier. "Es schwingt Traurigkeit mit, große Enttäuschung und ich bin auch wütend." Aber sie ist angesichts der Unterstützung auch zuversichtlich, dass es weitergeht. "Es tut richtig gut, eine Verbündete zu haben in so einem Fall." Ihre "Kulisse" kommt ins Depot der Dresdner Museen und wird dort bewahrt.
"Wir möchten damit ein deutliches Zeichen setzen", sagte Kunsthaus-Leiterin Christiane Mennicke-Schwarz. Es gehe jetzt erstmal um Zeit zum Nachdenken und für das weitere Handeln. Sie hält die Entscheidung der Stadt Görlitz für "das falsche Signal". Die betonte, dass es kein Streit um Kunstfreiheit und deren Beschneidung sei und geschlossene Verträge einzuhalten seien, auch von Künstlern. Dass Wettbewerbsbedingungen und Verträge eindeutig formuliert waren, "beweisen die anderen Kunstwerke, die vertragsgemäß installiert worden sind". Sie prüft nun, "ob wir Rückforderungen von bereits ausgezahlten Mitteln gegenüber der Künstlerin geltend machen werden".
Das weitere Schicksal von "Kulisse" ist offen. Dabei handelt es sich um ein aufwärtsgestuftes Holzpodium mit fünf Kinosesseln. Wo im Filmtheater die Leinwand wäre, hing ein Banner, auf dem "aborcja bez granic" (Abtreibung ohne Grenzen) steht. Baier wollte zur Diskussion über das heikle Thema anregen, in Sichtweite des polnischen Zgorzelec am anderen Neißeufer.
"Das ist doch der Sinn von Kunst im öffentlichen Raum", sagte sie. Kunst müsse nicht gefallen, aber zur Auseinandersetzung anregen. Das zumindest hat sie mit "Kulisse" erreicht, "es war nicht ganz umsonst". Werk und Thema sorgten in der Stadt für sehr viel Wirbel - und aktivierten die Frauen im Stadtrat. Die Installation soll auf jeden Fall erhalten und nicht auf Dauer verborgen bleiben. "Es geht weiter", sagte Baier. "Mein Wunsch ist, dass es irgendwie doch nochmal an der Grenze zu sehen ist."