Corona hat die wirkmächtigste Jugendbewegung unserer Tage von der Straße gefegt. Doch die Stille täuscht, denn Fridays for Future hat gerade seinen bislang größten politischen Erfolg eingefahren: Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass das Bundes-Klimaschutzgesetz nachgebessert werden muss. Karlsruhe hat somit den zum Teil noch sehr jungen Klägerinnen recht gegeben. Freiheit bedeute, so die Begründung, heute schon die Freiheit der nächsten Generation zu gewährleisten.
Dieses neue Verständnis von Freiheit scheint auch langsam in der Kunstbranche angekommen zu sein. Seitdem Monopol im Herbst 2019 gemeinsam mit Museumsdirektorinnen und Künstlern in einem offenen Brief an die Kulturstaatsministerin Monika Grütters einen "Green New Deal für die Kunst" gefordert hat – also Hilfe beim klimafreundlichen Ausstellungs- undVeranstaltungsbetrieb, beim ressourcenschonenden Leihverkehr, Sammeln und Lagern –, sind wegweisende Modellprojekte, Bündnisse und Werkzeuge entstanden.
So haben sich in manchen Institutionen wie dem Kölner Museum Ludwig interne Arbeitskreise gebildet, Berliner Galerien schmiedeten kürzlich eine Allianz, um sich in Umweltfragen gegenseitig zu beraten, das Münchner Lenbachhaus hat in einem Pilotprojekt der Kulturstiftung des Bundes bereits seine Klimabilanz vorgelegt und arbeitet auf das Fernziel Klimaneutralität hin.
Weniger Reisen, Präsenz und Hektik
Hat die Corona-Pandemie den Klimaschutz anfangs in den Hintergrund gerückt, hat man nun den Eindruck, dass die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus dem ansonsten so hektischen Kunstbetrieb eine Pause gegeben haben, in der neue Umweltschutzstrategien entwickelt werden konnten. Nicht zuletzt auch, weil viele gemerkt haben, dass es auch mit weniger Reisen, Präsenz und eben Hektik geht.
Währenddessen hat Monika Grütters mit dem Aktionsnetzwerk "Nachhaltigkeit in Kultur und Medien" die von Monopol und der Kunstwelt geforderte zentrale, spartenübergreifende Anlaufstelle zur Betriebsökologie in Kultur und Medien an den Start gebracht, die mit mehreren Partnerinstitutionen – darunter die Documenta und das Berliner Humboldt Forum – neue Umweltstandards im Kulturbetrieb etablieren will.
Teil dieses Netzwerks wird jetzt auch ein CO2-Rechner, der in Zusammenarbeit mit der E.ON Stiftung und dem britischen Thinktank Julie’s Bicycle in Deutschland an den Start geht. In einer ersten Pilotphase können sich Kulturinstitutionen bewerben, um mit Anleitung das Onlinetool zur Berechnung der eigenen Emission zu nutzen. Ende des Sommers soll es den Rechner dann für alle frei im Netz geben. Im Laufe der Zeit werden so reichlich Daten gesammelt – aus denen der Kunstbetrieb dann wiederum Handlungsanweisungen ziehen kann.
Doch nicht von überallher sendet die Kunstwelt grüne Signale: Während der Autobauer Tesla keine emissionsreiche Kryptowährung mehr akzeptieren will, solange sich die Umweltbilanz von Bitcoin & Co nicht verbessert, haben die großen Auktionshäuser im Hype um NFTs gerade erst Cyberdevisen für ihre Versteigerungen zugelassen und Sotheby's hat diese Woche gerade eine Filiale in der virtuellen Blockchain-Infrastruktur Decentraland eröffnet. Ein Green New Deal für die Kunst sieht anders aus.