Die Streetart Künstlerin "Elle" hat in New York ein neues Mural zu Ehren der im September verstorbenen Ruth Bader Ginsburg geschaffen. Finanziert wurde das Werk im Stadtteil East Village durch die Kulturinitiative Into Action. Ein Nimbus aus Ornamenten und floralen Formen umschließt die linke Kopfhälfte der Richterin. Sie ist mit ihrem Markenzeichen dargestellt - dem Spitzenkragen für ihre Richterrobe.
Im Bildhintergrund sind Stationen und Orte ihres Lebens wie die Brooklyn Bridge angedeutet, auf der rechten Bildseite Symbole ihres Wirkens wie Justitia, die römische Göttin der Gerechtigkeit. Im Gegensatz zu vielen zeitgenössischen, feministisch motivierten Darstellungen, die Ginsburg als Superheldin stilisieren, zeigt diese Darstellung sie lebensnah, nachdenklich, im höheren Alter und in ihrer Funktion als Richterin.
Ruth Bader Ginsburg war die erste Professorin, die Anfang der 70er-Jahre einen Lehrstuhl an der Columbia Law School erhielt. Sie arbeitete 27 Jahre lang als Richterin des Supreme Court, dem Obersten Gerichtshof der USA - als zweite Frau überhaupt in diesem Amt und setzte sich für Geschlechtergerechtigkeit, die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe und von Schwangerschaftsabbrüchen, für "Obama Care" und gegen die Todesstrafe ein. Sie starb im Spätsommer im Alter von 87 Jahren an Bauchspeicheldrüsenkrebs.
Nun bleibt sie Manhattan als überlebensgroßes Bild erhalten. Die Ehrungen und Trauerbekundungen für "Notorious RBG" überschlagen sich seit ihrem Tod. Es soll ein Ginsburg-Denkmal in Brooklyn errichtet werden, die Statue "Fearless Girl" in Manhattan wurde ihr zu Ehren mit einem Kragen geschmückt, und eine New Yorker U-Bahn Station wurde kurzfristig von einem Künstler nach ihr benannt. Für 2021 plant die New-York Historical Society eine Ausstellung über ihr Leben. Die berechtigte Trauer um eine feministische Ikone?
Kritische Stimmen wie die Feministin Nicole Schöndorfer ergänzen zu der positiv geprägten Erinnerungskultur von Ginsburg, dass diese sich stets ausschließlich für weiße Frauen und liberale Politik eingesetzt habe, dem sogenannten "White-Feminism" angehört habe und ihre unreflektierte Ikonisierung und Romantisierung daher falsch sei. Schöndorfer ergänzt aber auch, dass immerhin die weißen Frauen der USA enorm von Ginsburgs Arbeit profitiert hätten. Besorgniserregend sei nun die konservative Übermacht im Obersten Gerichtshof. Die von Donald Trump benannte Nachfolgerin Amy Coney Barret sprach sich mehrfach für die weitere Einschränkung der freien Entscheidung gebärfähiger Menschen über ihre eigenen Körper aus.
Ruth Bader Ginsburg hat auf dem Weg zu Gleichstellung der Geschlechter wichtige Arbeit geleistet. Ihre Ikonisierung kann auch als Teil einer Erinnerungskultur verstanden werden, die uns lehrt, sich auf Teilerfolgen nicht auszuruhen.