"Was Covid-19 uns gelehrt hat? Amerika ist ein Dritte-Welt-Land. Mit Gucci-Gürtel." Die USA offenbaren viele ihrer Schwächen in der Corona-Krise, und dieser durchs Netz geisternde Slogan fasst zusammen, was immer deutlicher wird: Hinter der Fassade der großen Worte bricht gerade einiges zusammen. Darunter leiden vor allem die, die jetzt an vorderster Front kämpfen. Ohne die Solidarität einer Regierung, die ihnen unterstützend den Rücken frei hält.
Aber wie bringt man aus der Isolation einer Krankenschwester oder einem Pfleger Solidarität entgegen, die ohne nötige Ausrüstung im Epizentrum New York City versuchen, Menschenleben zu retten, unter der ständigen Gefahr, sich selbst zu infizieren? In Manhattan zirkulieren nun Hoffnung stiftende Plakate, gestaltet von Künstlerinnen und Künstlern, die den Ärztinnen und anderem medizinischen Personal beistehen und ihre Verbundenheit und Dankbarkeit senden wollen.
Solidarität auf Papier
Die Künstlerin Elizabeth Jaeger und ihre Freundin Cady Chaplin, Krankenschwester in Manhattans Lenox Hill Hospital, stellen beide Pole dar, die in dem "Love to nurses"-Projekt zusammen arbeiten. Es entstand in der Nacht, bevor Chaplin ihre erste Corona-Schicht begann, als die Freundinnen die bedrohliche Situation besprachen und die Krankenschwester schrieb: "Falls irgendwelche Künstler sich langweilen und Lust haben, ermutigende Poster zu machen, werde ich sie in den Pausenraum hängen. Wir können alle Hilfe brauchen, die wir bekommen können und eine 'Guerilla Galerie' machen, bestehend aus dem Support, der aus der Gemeinschaft kommt."
Bildhauerin Elizabeth Jaeger startete rasch einen Aufruf unter befreundeten Künstlerinnen und Künstlern und wurde überflutet mit Zusendungen. Die ersten kamen unter anderem von Emma Kohlmann und Aidan Koch. Mittlerweile sind auch Amy Sillman, Camille Henrot und Elizabeth Peyton in der Sammlung der Dankbarkeits-Werke vertreten - und viele weitere, die Jaeger gar nicht persönlich kennt, die sich aber alle wünschen, einen Beitrag leisten zu können.
Unterstützung für die, die Leben retten
Die Postergestaltung ist ein Ventil gegen das unbefriedigende Stillsitzen, wenn man so dringend Unterstützung zeigen möchte. "Wir erleben diese Pandemie auf seltsam entgegengesetzte Weise - sie ist superisoliert und ich bin superüberfordert -, daher schien dies der perfekte Weg zu sein, um diese Lücke zu schließen und auch andere dazu einzuladen, dasselbe zu tun", sagte Krankenschwester Cady Chaplin, die in ihren rar gesäten Pausen die Plakate an die Wand des Schwesternzimmers anbringt, die Jaeger sammelt und ihr sendet.
Von schnellen Zeichnungen über detaillierte Wimmelbilder bis hin zu comichaften Grafiken hängt an der Wand mittlerweile jede Art von Poster, und es kommen täglich mehr Kunstwerke dazu. "Wir lieben euch", "Danke an die, die sich um uns kümmern", steht dort, und erreicht, wie Chaplin bestätigt, die gemeinten Krankenschwestern, wenn sie in ihrer kurzen Pause vor ihrer Gratitude-Galerie sitzen oder auch nur daran vorbei eilen.
Da es gerade weltweit zahlreiche ähnliche Räume gibt, die Trost und Wertschätzung gebrauchen können, hat Elizabeth Jaeger einen für jeden zugänglichen Google Drive Link eingerichtet, unter welchem Bilder hoch- und heruntergeladen werden können.