Medienschau

"Wir alle wollten das offene Museum. Jetzt müssen wir uns wieder einschließen"

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Protest gegen Auszeichnung für Meron Mendel, und Marion Ackermann spricht über Sicherheit und Politisierung in Museen: Das ist unsere Presseschau am Donnerstag

Debatte

In der aufgeheizten deutschen Debatte über den Nahost-Krieg gilt der deutsch-israelische Pädagoge Meron Mendel, der unter anderem auch die Documenta beraten hat, eigentlich als besonnene Stimme. Zusammen mit seiner Ehefrau, der Politologin Saba-Nur Cheema, tritt er für jüdisch-muslimischen Dialog und Annäherung ein. 2025 soll das Paar die renommierte Buber-Rosenzweig-Medaille bekommen. Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, hat sich nun jedoch der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, in einem Brief gegen die Auszeichnung von Mendel - nicht von Cheema - gewandt. Er wirft dem Leiter der Bildungsstätte Anne Frank vor, sich "oft zu Dingen zu äußern, von denen er keine Ahnung habe", außerdem seien seine Positionen in der jüdischen Gemeinschaft nicht mehr mehrheitsfähig. Dazu schreibt Detlef Esslinger in der "SZ": "Der Brief ist nicht nur deshalb ungewöhnlich, weil es um die Buber-Rosenzweig-Medaille bisher noch keine bekannten Kontroversen gab. Ungewöhnlich ist auch, dass darin einem Autor ein 'Verantwortungsbereich' zugewiesen werden soll, außerhalb dessen er sich besser nicht äußere, sowie das Bedauern, dass Mendel 'unverhältnismäßig viel Aufmerksamkeit' erhalte. Schuster schrieb, weder er noch 'die jüdische Gemeinschaft' könnten die Ehrung nachvollziehen. Auf die Frage, wie eine Meinung 'der jüdischen Gemeinschaft' jeweils festzustellen sei, antwortete ein Sprecher Schusters der SZ, solange es auf den Brief keine offizielle Antwort gebe, wolle man ihn nicht öffentlich diskutieren. Der Koordinierungsrat war am Mittwoch nicht zu erreichen. Mendel wollte den Brief auf Anfrage nicht kommentieren, er sei im Urlaub."


Interview

Im Juni kommenden Jahres wird die aktuelle Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Marion Ackermann, das Amt der Präsidentin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin antreten. Eine "Mission Impossible" im Angesicht von weniger Geld und weniger Einfluss bei dem deutschen Kulturtanker? Im Interview mit Thomas E. Schmidt und Tobias Timm in der "Zeit" gibt sich Ackermann optimistisch und voller Tatendrang. Allerdings berichtet sie auch von den Folgen des Einbruchs ins Dresdner Grüne Gewölbe, der verschärfte Sicherheitsvorkehrungen nach sich gezogen hat. "Wir alle wollten das offene Museum. Jetzt müssen wir uns wieder viel mehr einschließen. Nicht nur wegen der Erfahrung mit Einbrüchen, sondern auch wegen der Übergriffe durch politische Aktivisten. Bei bestimmten Veranstaltungen von uns ist jetzt Security dabei. Diese Entwicklung finde ich sehr bedauerlich." Außerdem spricht sie auch über andere Folgen der Politisierung von Museumsarbeit: "Man befindet sich eigentlich in einem dauernden Modus der Moderation. Es hilft, wenn man die Mechanismen erkennt, mit denen gewisse Themen instrumentalisiert werden. Es sind nämlich immer wieder die gleichen Themen, die zu immer weiterer Polarisierung führen, zum Beispiel die Diskussion um den Gender-Stern. Wir müssen als Kulturinstitutionen aufklärerisch wach sein, wir müssen den jüngeren Generationen auch Medienkritik vermitteln und Fake-Narrationen offenlegen. Und wir müssen vielleicht auch ein bisschen voraussehen, was als Nächstes kommen könnte."


Film

US-Schauspieler Channing Tatum berichtet von Schwierigkeiten, in seine neue Rolle in dem Thriller "Blink Twice" hineinzufinden. "Jede Figur, die ich spiele, liebe ich normalerweise auf irgendeine Weise oder habe eine Verbindung zu ihr", sagte der 44-Jährige dem Branchenmagazin "Total Film". Sein "Blink Twice"-Charakter sei jedoch anders als seine bisherigen Rollen - ein Psychopath. "Ich glaube nicht, dass ich jemals jemandem erzählen werde, was ich in meinem Kopf erschaffen musste, um diese Person zu spielen". Channing spielt in "Blink Twice" den Tech-Milliardär Slater King, der eine junge Kellnerin (gespielt von Naomi Ackie) auf eine Privatinsel einlädt. Das Regie-Debüt von US-Schauspielerin Zoë Kravitz kommt am 22. August in die Kinos.


Bücher

Die großen Ausstellungen zum 250. Geburtstag Caspar David Friedrichs – sie finden in Hamburg, Berlin und Dresden statt. Aber auch Greifswald, die Geburtsstadt des Romantikmalers, reiht sich in den Jubiläumsreigen ein, mit einer Schau im Pommerschen Landesmuseum. Und mit einem Comic, den Andreas Platthaus in der "FAZ" vorstellt. "Caspar David Friedrich mit Caroline in Greifswald" heißt der Band, "der überwiegend in Bilderbuchästhetik daherkommt, also meist den Text von den Zeichnungen trennt." Thema des von der aus Greifswald stammenden Illustratorin Maiken Albert gestalteten Werks ist Friedrichs letzter Besuch in seiner Heimat im Sommer 1818, eine mehr als zweimonatige "sentimentalistische Reise", die er gemeinsam mit seiner frisch vermählten Gattin Caroline Brommer antrat – die dabei entstanden Zeichnungen bilden die Vorlage für den Band, den Platthaus lobt: "Maiken Albert hat bewusst nicht versucht, sich dem Feinstrich Friedrichs anzupassen. Was sie aber von ihm übernimmt, ist die Detailfreude. Nur wenige Panels zeigen Totalen, die meisten greifen Kleinigkeiten heraus: briefschreibende Hände, Haushaltsgegenstände, Gebäudeausschnitte."


Das besondere Kunstwerk

Dass der chinesische Künstler Ai Weiwei ein Faible für Lego hat, ist inzwischen bekannt. Als Edition zur finanziellen Unterstützung seiner Ausstellung im österreichischen Bad Ischl gibt es nun für 2500 Euro auch eine Plastiknoppen-Edition von Gustav Klimts Landschaftsgemälde "Am Attersee" zu kaufen, wie Olga Kronsteiner in "Der Standard" berichtet. "Ob [Museumsdirektor] Alfred Weidinger nun allabendlich am Küchentisch in seinem Haus am Attersee nach exakten Vorgaben seines langjährigen Freundes die Kleinformate Stein für Stein zusammensetzt, muss eine Mutmaßung bleiben. Gesichert ist hingegen oberösterreichische Handarbeit und eine offizielle Produktionszeit von rund vier Wochen. Die starke Nachfrage habe ihn überrascht, betont Weidinger als Chef der OÖ-Landes-Kultur GmbH, rund 100 Exemplare seien bereits bestellt worden. Und das ganz ohne Vermarktung, reduziert nur auf Infofolder, die in Bad Ischl und im Gustav-Klimt-Zentrum in Kammer ausliegen, wo Ai Weiweis Version gastiert. Die Kunde ereilte mittlerweile auch das Leopold-Museum, in dessen Bestand sich das Original befindet. Ob man den Ankauf eines Lego-Geschwisterchens in Erwägung ziehe? Kein Kommentar, lässt Direktor Hans-Peter Wipplinger dazu auf Anfrage ausrichten."