Medienschau

"Deutschland bleibt ein Vorbild"

artikelbild_monopol-medienschau

Joanna Warzsa würdigt Kasper König, Jonathan Franzen lobt Deutschland und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz antwortet auf "Pergamonster"-Recherche: Das ist unsere Presseschau am Mittwoch 

Nachruf

Die polnische Kuratorin Joanna Warzsa würdigt im "Spiegel" den am Freitag verstorbenen Kollegen Kasper König, den sie für seine Großzügigkeit, Neugier und Offenheit schätzte: "Allergisch war er gegen Pathos in jeder Form. Dafür liebte er das Theater der Öffentlichkeit, in dem er zugleich Regisseur und Clown war, ein Witzbold, der die Wahrheit aufdeckte und auch über sich selbst zu lachen verstand. Ein Kasper und ein König."

Debatte

Der US-Bestsellerautor Jonathan Franzen sieht Deutschland in vielen Hinsichten als Vorbild. "Das merkt man an vielerlei Dingen: Schriftsteller und Intellektuelle haben ihren Platz in öffentlichen Debatten. Ihre Gedanken werden in Medien besprochen. Kinder werden gut ausgebildet. Deutschland übernimmt volle Verantwortung für seine Nazi-Gräueltaten; es gibt sogar Gesetze, die Symbole und Parolen verbieten. Das ist beispielhaft", sagte Franzen dem "Stern". "Diese führungsbewusste, verantwortungsbewusste Rolle, die Deutschland immer wieder übernimmt und lebt – ich bewundere das. Deutschland bleibt ein Vorbild." Franzen, der am 17. August 65 Jahre alt wird, studierte einst in Berlin und München und spricht bis heute fließend Deutsch. "München war nicht meine Stadt: so katholisch, so glatt." Da habe er dann unter anderem mit dem Rauchen angefangen. "Das war eine riesige Rebellion gegen meine Mutter. Und ich habe so viel Bier getrunken, Zigaretten haben wunderbar dazu gepasst. In Berlin habe ich mich viel mehr zu Hause gefühlt als in München. Dort konnte ich Teil einer Bewegung sein: ein Künstler, ja, ein Autor werden." Mit Romanen wie "Korrekturen" und "Freiheit" war der US-Schriftsteller weltweit berühmt geworden, zuletzt veröffentlichte er 2021 das Werk "Crossroads". 

Nachdem der Berliner Kultursenat vergeblich versucht hatte, dem Kulturzentrum Oyoun aufgrund von Antisemitismusvorwürfen die Förderung zu entziehen, setzte der Kultursenator Joe Chialo (CDU) ein mehrstufiges bürokratisches Verfahren in Gang, um den Förderstopp trotzdem durchzusetzen. Darüber berichtet das "nd": "Eine senatsinterne Prüfung hatte ergeben, dass sich aus den Aussagen des Oyoun im Zusammenhang keine Grundlage für einen Fördermittelentzug ergibt. Antisemitismus konnte nach den Landesrichtlinien für Antisemitismusprävention nicht festgestellt werden. Der einzige Weg, den Förderstopp trotzdem zu bewirken: Ein neues Betreiberkonzept für den Standort, das als Grundlage für eine Haushaltssperre dienen konnte. Die Haushaltssperre brauchte es wiederum, um die Inaussichtstellung auf eine Förderung bis Ende 2025 zu widerrufen. Besagtes Betreiberkonzept gab Joe Chialo persönlich in Auftrag – trotz rechtlicher Bedenken aus seinem eigenen Haus." Nun steht das Kulturzentrum vor dem Aus, wie auch der "Spiegel" meldet.

Museen

Nicola Kuhn liest im "Tagesspiegel" die Antwort der Stiftung Preußischer Kulturbesitz auf die "Spiegel"-Recherche, nach der bei der Sanierung des Pergamonmuseums nicht rund läuft (hier unsere kommentierte Zusammenfassung). "In der offiziellen Erwiderung wird betont, dass es richtig gewesen sei, dem Haus keine lange Komplettschließung zuzumuten, die ansonsten eine Beschleunigung der seit 2013 laufenden Bauarbeiten bedeutet hätte, um die wichtigsten Räume für das Publikum im Wechsel geöffnet zu halten. Außerdem hätten die fest eingebauten Großexponate nicht einfach zerlegt werden können, sondern mussten im Gebäude bleiben. Grund für die Verzögerungen seien jedoch nicht nur die besonderen Schwierigkeiten einer Baustelle im Weltkulturerbe, sondern auch den gestiegenen technischen Anforderungen. So änderten sich im Verlauf der Arbeiten die Vorgaben für Energieeffizienz und Barrierefreiheit."

Das Kunstmuseum in Tel Aviv versteckt seine wertvollsten Werke – darunter Gemälde von Pablo Picasso und Gustav Klimt – im Keller, da Israel einen Angriff des Iran fürchtet, berichtet die "Times of Israel". "In den letzten drei, vier, fünf Tagen, als diese neue Bedrohung durch die Hisbollah und den Iran wieder auf den Tisch kam, haben wir verstanden, dass wir andere Vorsichtsmaßnahmen treffen müssen", sagte Museumsdirektorin Tania Coen-Uzzielli.

Ausstellung

In einer Wiener Trafik wurde 2021 eine Frau ermordet. Jetzt erinnert ein Kunstraum an den Femizid: "Seit seiner Eröffnung wird der Raum in der Nussdorfer Straße von Künstlerinnen bespielt", berichtet Eva Biringer in der "Zeit". "Etwa von der Innsbruckerin Sabine Groschup, welche die Namen jener 78 Frauen auf ein Leintuch stickte, die seit März 2021 getötet worden waren – ein weiterer kam einen Tag vor Ausstellungsbeginn dazu. Oder eine vulvaförmige Skulptur von Daniela Trinkl und Rachel J. Müllers Hörspiel, in dem eine Frauenstimme in Anspielung auf den Tod von Nadine W. von einem Haus mit Augen und Ohren, einem wackelnden Fundament und einem Feuerball hinter verschlossener Tür erzählt: 'Warum stehen eure Wände noch, wenn sie ihr Innerstes nicht haben halten können?'"

Die Nazis ermordeten seine Eltern. Er war Anarchist, begründete die "autodestruktive Kunst" – und tauchte wieder ab. 2017 ist Gustav Metzger mit 90 Jahren in seiner Heimatstadt London gestorben. Jetzt zeigt das Frankfuterr MMK seine Kunst. "Nun endlich, hoffentlich findet die überfällige Würdigung eines Werkes statt, das trotz zweimaliger Documenta-Teilnahme 1972 und 2012 hierzulande noch immer nicht so präsent ist, wie es angesichts seiner Klugheit und ungebrochenen Relevanz sein könnte und sollte", hofft Astrid Mania in der "SZ". "Metzger hat zu den wichtigen politischen, ökologischen und ökonomischen Themen der europäischen Nachkriegszeit Stellung bezogen und bei allem das Entsetzen über die Shoah nie aus den Augen verloren. Er hat keinen Trost, geschweige denn Heilung geboten, sondern stets den Finger in die Wunde gelegt. Er hat Zerstörung gesehen und (Kunst-)Zerstörung gewollt, war ebenso radikal wie beharrlich."

Bücher

"Unter dem Begriff 'Feministische Avantgarde' werden mit der Verspätung eines halben Jahrhunderts allenthalben Werke einer Generation von Künstlerinnen entdeckt, für die das Selbstporträt zur Möglichkeit wurde, ihre Position in der Gesellschaft zu überdenken", stellt Freddy Langer  in der "FAZ" fest und empfiehlt drei Bücher zum Einstieg: Melissa Shook "Daily Self-Portraits", Orlan "Six De­cades" und Francesca Woodman "The Artist’s Books". Mit beklemmenden visuellen Metaphern reagierten diese und andere Künstlerinnen "auf ihre von außen festgelegte Rolle und ihre Suche nach Wegen der Selbstbefreiung. In ihren Inszenierungen verschnürten, verpackten oder verdrehten sie ihre Körper als Antwort auf das Diktat des Schönheitsideals in einer von Männern dominierten Welt. Dass diese Künstlerinnen von Brasilien bis in die DDR ähnliche Bildlösungen für ihre Situation entwickelten, spricht nicht für Einfallslosigkeit, sondern wird zum Beleg einer tief empfundenen Verbitterung, für die sie brutalstmögliche Sinnbilder schaffen wollten. Es konnte einem mulmig werden angesichts der bestürzenden Rücksichtslosigkeit und Gewalttätigkeit dieser Frauen sich selbst gegenüber."

KI

Warum kann keine KI keine Kunst und macht Künstlern trotzdem Angst? Dieser Frage geht der BR24 und SWR in einer Folge des gemeinsamen "KI-Podcasts" nach. Darin wird unter anderem besprochen, wie sich Künstler gegen die Ausbeutung durch KI-Firmen wehren. Einige Künstlerinnen und Künstler fordern eine Reform des Urheberrechts. "Ein neues System, angelehnt an VG Wort und VG Bildkunst, könnte die Urheber von Kunstwerken für ihre Arbeit entlohnen, wenn diese fürs Training von KI verwendet werden. Im Moment ist das aber noch Zukunftsmusik. Ein solches System existiert noch nicht."