Medienschau

"Galerien haben nichts aus der Pandemie gelernt"

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Maler Armin Boehm im Porträt, Galerien in der Krise, und Lars Ramberg will seine ikonische "Zweifel"-Lichtskulptur zurück auf den Berliner Schlossplatz bringen: Das ist unsere Presseschau am Donnerstag

Malerei

Marcus Woeller war für die "Welt" mit dem Maler Armin Boehm Golf spielen und hat mit ihm über sein Werk und seine aktuelle Schau in der Berliner König Galerie gesprochen. "'Wir leben gerade an einem Epochenwechsel. Eigentlich wollte ich die Ausstellung War nennen, wegen all der Kulturkämpfe in unserer gespaltenen Gesellschaft, aber auch angesichts eines Kriegs der politischen Symbole', sagt Armin Boehm und erinnert an Diskussionen um Russen-Zs, Schweinsnasen oder Regenbogenfahnen. 'Kunst ist für mich immer Kommunikation, nie Agitation. Meine Bilder wirken aggressiv, in ihnen steckt aber auch etwas Versöhnliches.' Sie zu dechiffrieren ist anstrengend, ihre auch farblich giftigen Disharmonien erzeugen beim Betrachten eine solche Reizüberflutung, dass man sich die Augen reiben möchte. Aber Wegsehen soll, frei nach Duchamp, das genauere Hinsehen erst ermöglichen. Kein Wunder jedenfalls, dass auch der Schöpfer solcher Bilder einen Ausgleich zum Sehen sucht."

Kunstmarkt

Etwa einem Dutzend Galerieschließungen habe New York dieses Jahr schon zu bedauern, heißt es im "Handelsblatt". "Es war nicht nur der Generationenwechsel wie bei Joan T. Washburn oder Betty Cunningham", schreibt Barbara Kutscher. "Es hat vor allem junge Händler mit einem trendigen Programm getroffen. Kleine und mittelgroße Galerien hätten es im aktuellen Klima sehr schwer, kommentierte eine Sprecherin im Juli das Ende der David Lewis Gallery in Tribeca nach elf Jahren." Auch die Großgalerien verzeichneten nach dem Kaufrausch während der Pandemie einen Umsatzeinbruch. "Marc Glimcher, Präsident und CEO der international aufgestellten Pace Gallery, bezifferte den Rückgang im Sommer auf Christie’s 'Art+Tech Summit' in New York auf 20 bis 30 Prozent, und dabei sei das Vorjahr auch schon nicht so gut gelaufen. Die Lösung? Für Jeff Poe, Mitgründer der kalifornischen Galerie Blum & Poe, aus der er sich im vergangenen Jahr zurückzog, ist sie klar: den Gürtel enger schnallen. Die meisten Galerien seien zur allgemeinen Überraschung während der Pandemie immens erfolgreich gewesen. Aber nur, weil die Ausgaben wegfielen, so der ehemalige Händler im 'Baer Faxt'-Podcast. 'Galerien haben nichts aus der Pandemie gelernt. Sie kehrten gleich zu ihren alten Gewohnheiten zurück.'"

Restitution

Spielt Bayern auf Zeit? Eigentlich sollten drei Gemälde des in der Nazizeit enteigneten jüdischen Kunsthändlers Alfred Flechtheim an die Nachfahren zurückgegeben werden. Doch das verzögert sich – auch aufgrund eines neuen Verfahrens, der Schiedsgerichte. So bezweifelt der Historiker und Jurist Willi Korte im BR24, dass die Antragssteller durch die künftigen Schiedsgerichte gestärkt würden: "'Ganz im Gegenteil: Ich fürchte, gerade auch im Hinblick auf die bayerische Reaktion und Handhabung von Restitutionsfällen, dass in den Ländern und Kommunen eher die Hoffnung besteht, dass die bisherige, restitutionsfreundliche Kommission durch weniger restitutionsfreundliche Schiedsgerichte abgelöst wird.' Willi Korte befürchtet also, dass die Bundesländer Juristinnen und Juristen in das noch zu schaffende Schiedsgericht mit dem Auftrag schicken, die Museumsschätze möglichst für Deutschland zu bewahren." Bayerns Kunstminister sieht das anders: "Die bisherige Beratende Kommission habe gute Arbeit gemacht, 'aber die Verfahrensdauer war unendlich lang', hält Markus Blume dagegen. Selbst die bisher vorgelegten Fälle seien 'bei weitem noch nicht abgearbeitet'. Deswegen sei den Kulturministerinnen und -ministern von Bund und Ländern klar gewesen, dass es andere Strukturen brauche und man die Dinge beschleunigen müsse. 'Das sind wir den Erben ohne Wenn und Aber schuldig', so Blume, und weiter: 'Ich sage ganz deutlich, der Freistaat Bayern bekennt sich zur Restitution.'" 

Kulturerbe

Zum Trocknen in einer französischen Kathedrale aufgehängte Schinken sind inzwischen zu einer Staatsaffäre geworden und haben die Regierung in Paris auf den Plan gerufen, berichtet "Le Monde". Kulturministerin Rachida Dati habe sich mit dem Dossier der Reifung herkunftsgeschützter Schinken aus der Auvergne im Turm der Kathedrale von Saint-Flour im Süden des Landes vertraut gemacht, teilte ihr Ministerium mit. Die Ministerin sprach sich für einen neuen Versuch aus, bei dem geklärt werden solle, ob die Schinken gefahrlos in der Kathedrale aufgehängt werden könnten, auch unter Brandschutzaspekten und Beachtung der Erhaltung des Kulturerbes. Der Denkmalschutz und die Präfektur im für seine Schinken bekannten Departement Cantal nämlich waren eingeschritten, nachdem 2022 auf Initiative des örtlichen Bischofs erstmals rund 60 Schinken zum Trocknen hoch oben im Turm der Kathedrale aufgehängt wurden. Herabtropfendes Fett könne Schäden an der Kathedrale verursachen und die Schinken behinderten den Zugang oben im Turm, begründeten sie das Verbot, auch künftig Schinken in luftiger Höhe in dem Gotteshaus aufzuhängen. Dabei war der luftgetrocknete Schinken namens "Florus Solatium" bei örtlichen Gastronomen auf freudigen Absatz gestoßen. Der Erlös aus dem Verkauf kam außerdem dem Unterhalt der Kathedrale zugute. Die Ministerin habe weiterhin ein offenes Ohr für "die Akteure des Handwerks und der Gastronomie in dieser Angelegenheit und im weiteren Sinne, um alle innovativen Lösungen zu begleiten, die es ermöglichen, das nationale Territorium, sein Erbe und seine Gastronomie aufzuwerten", hieß es in gewichtigen Worten aus Paris.

Das besondere Kunstwerk

Der Zweifel soll zurückkehren: Der Künstler Lars Ramberg schlägt eine Aktualisierung seines Kunstwerks "ZWEIFEL" vor, das 2005 auf dem Dach des damals noch stehenden Gerüsts des Berliner Palasts der Republik zu sehen war. Die gigantischen sieben Leuchtbuchstaben liegen derzeit in einem Hangar des einstigen Flughafens Tempelhof. "Transportiert über Fernsehen, Magazine und Bilder im Internet (Instagram gab es noch nicht) war die Installation ein Welterfolg", erinnert sich Nikolaus Bernau im "Tagesspiegel". "Und zwar gerade deswegen, weil ZWEIFEL weder gegen die Schlossfassaden- noch gegen die Palasterhaltungs-Fans agitierte. Einige Abbildungen, die der Künstler nun von der Überarbeitung anfertigen ließ, sind ein Schock: Warum sollte man die gerade erst für mehr als 120 Millionen Euro barock nachgebauten Schlossfassaden mit solchen Riesenbuchstaben verstellen? Andere, die ZWEIFEL auf dem Dachrand zeigen, erscheinen vergleichsweise realistischer, wenigstens als zeitweilige Intervention."

Foto: dpa
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Das Wort "Zweifel" steht 2005 in leuchtenden Buchstaben auf dem Dach des ehemaligen Palastes der Republik in Berlin