Performance
Heuchelei wirft die "FAZ" in einem Kommentar der Choreografin Florentina Holzinger vor. Die Diskussionen um deren Performance "Sancta" ebbten nicht ab, aber genau das sei das Ziel der "Künstlerin": "Aus dem Ärgernis oder der Provokation, das die Aufführung und das Stück hätten werden können", kommentiert Jürgen Kesting, sei "das Hyperentertainment eines gefälligen, verführerischen und verkaufstüchtigen Skandals geworden." Unser Interview mit der Künstlerin zur Aufregung über "Sancta" lesen Sie hier.
Malerei
Der "Guardian" hat sich mit dem New Yorker Künstler Louis Fratino getroffen, der auch das Cover der Oktoberausgabe von Monopol schmückte und gerade eine Ausstellung im Centro Pecci im italienischen Prato eröffnet hat. "Fratinos Bilder sind visuell üppig und unverschämt angenehm für das Auge. Sie zeigen schwule Männer, die sich nach dem Geschlechtsverkehr waschen, sich nackt in einem Boot räkeln, in Bars rauchen und Sex haben. Da Fratino größtenteils nach dem Leben malt, scheint es, als hätte er einen Riesenspaß daran", schreibt Alex Needham. Auf die Frage des Redakteurs, ob seine Arbeit ein bisschen mehr "Angst" vertragen könne, entgegnet Fratino: "Nein, denn ich denke, dann würde man etwas inszenieren, und die Arbeit wäre Scheiße." Er sei "sehr, sehr glücklich", sagt Fratino. "Aber in der Malerei steckt die Suche nach dem schönen Leben - ich denke, ich benutze die Malerei, um mich ihm näher zu bringen."
Nachruf
Die Museumsdirektor Ulrike Groos schreibt einen Nachruf auf Kasper König, es ist bereits der siebte Nachruf auf den Anfang August verstorbenen Kurator bei "Texte zur Kunst". Und da sie keine Lebensstationen mehr aufzählen muss, ist ihr Artikel erfreulich anekdotisch geraten. Es geht zum Beispiel um gemeinsame Reisen im Auto: "Kasper besaß keinen Führerschein. Erstaunlich für jemanden, der rastlos unterwegs war. Ich wurde schnell zu seiner Chauffeurin, wenn er zu Terminen mit Künstler*innen, Stiftungen oder Geldgeber*innen wollte. Es war stets das gleiche Prozedere: Ich holte ihn mit meinem Auto ab, nach kurzem Small Talk und Austausch neuester Infos zog er seine Schuhe aus, legte die Füße aufs Armaturenbrett und arbeitete – damals für 'Vorgesetzte' ein eher ungewöhnlicher Vorgang und falls doch geschehen, so waren deren Socken sicher nicht in so bedauernswertem Zustand wie Kaspers. Für ihn kein Grund, sich ablenken zu lassen; er telefonierte, ackerte sich durch seinen voluminösen Papierkalender, plante neue Termine und löschte alte, indem er sie mit schmalen Universaletiketten überklebte. Oder er schlief einfach ein, bis ich ihn am Ziel aufwecken musste."
Architektur
Spektakuläre Hochhäuser wurden für Berlin schon oft geplant – realisiert wurde aber dann meist brave Investorenarchitektur mit 'nem Rossmann untendrin. Über zwei Hochhäuser in der deutschen Hauptstadt, die "neue Massstäbe" setzen werden, berichtet jetzt die "NZZ". "Die zwei neuen Wolkenkratzer im Osten der Stadt setzen ganz neue Akzente: Der Edge East Side Tower genannte Büroturm, in dem die Firma Amazon zahlreiche Büros hat, ragt 142 Meter hoch über das Dächermeer von Friedrichshain. Der dänische Architekt Bjarke Ingels hat dem Turm an der Warschauer Brücke, unweit der East Side Gallery, eine treppenartig ausgeschnittene Vorhangfassade gegeben, die an Pixel erinnert", schreibt Ulf Meyer. "Um den neuen Turm herum verlaufen drei spiralförmig eingeschnittene zweigeschossige Terrassen. Jeder zweite Flügel der Glasfassaden lässt sich öffnen. So können Nutzer Frischluft geniessen. Die Fassaden mit Aluminiumrahmen und Dreifachverglasung haben bis zu zwei Meter hohe Glasbalustraden, damit niemand vom Dach geweht wird oder springt. Auf jedem Geschoss gibt es solcherweise Zugang zu einem Aussenraum mit winterblühenden Stauden und kleinen Bäumen. Das ist eine Revolution im Hochhausbau." Derlei Ambitionen habe der zweite Skyscraper, der Estrel Tower mit seinem rautenförmigen Grundriss, zwar nicht. Doch er punktet mit Höhe und "wird den Amazon-Turm aber als höchstes Haus der Stadt vom Thron stossen, auch wenn er mitten in einem unansehnlichen Gewerbegebiet im tiefsten Neukölln liegt: Der Estrel Tower soll mit 46 Stockwerken und 176 Metern Höhe die Stadt krönen."
KI
Künstliche Intelligenz hat nach Ansicht von Helge Schneider in der Kunst und Kultur "nichts zu suchen". Wenn KI etwa in der Medizin genutzt werde, sei das "vielleicht irgendwo noch verständlich", in der Welt der Kunst sei das aber abzulehnen, sagte der Musiker und Komiker am Mittwoch der dpa in seinem Studio in Mülheim an der Ruhr an. Wenn KI genutzt werde, um Musik zu machen, halte er das nicht mehr für Kunst, "das ist dann wirklich Konserve". Die Ausdrucksstärke der Künstler gehe mit KI verloren. Schneider tourt derzeit mit "Katzeklo auf Rädern" durch Deutschland und Österreich, für 2025 steht die Tour "Ein Mann und seine Musik" an. Anlass zu ernster Beunruhigung sehe er aber nicht, weil viele Leute eine "Sehnsucht" hätten, zu Konzerten zu kommen. KI könne nur "auf Basis von Rekonstruktion" erfinden. Seine eigene Kunst lebe vom Improvisieren, von "Zwischenräumen" und "Genialität", meint der Künstler aus dem Ruhrgebiet. Seinen Beruf halte er nicht für gefährdet.
Kulturberichterstattung
Der Michael-Althen-Preis für Kulturkritik geht in diesem Jahr an Xaver von Cranach für sein "Spiegel"-Porträt der verstorbenen dänischen Schriftstellerin Tove Ditlevsen.