Medienschau

"Ich möchte nicht, dass Geld den Wert bestimmt, den wir Kunst zuschreiben"

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Wie Russland seine Museumsleute drillt, erste US-Museen streichen ihre Diversity-Abteilungen, und die Mahlers haben fotografiert, wie das Amt Annalenna Baerbock verändert hat: Das ist unsere Presseschau am Mittwoch

Museen

Die Nationalgalerie in Washington streicht Gleichstellungsprogramme. Ist das vorauseilender Gehorsam angesichts der angekündigten neuen Regeln von Donald Trump, fragt Frauke Steffens in der "FAZ". Gerade wollte man doch noch den Kreis der ausgestellten Künstler und die Besucher-Zielgruppe erweitern. Und jetzt? "Alle, die mit solchen Bemühungen direkt befasst waren, werden nun innerhalb des Museums versetzt. Natürlich können die Direktoren und Kuratoren auch weiterhin Schwarze oder Frauen oder Menschen mit Behinderungen beschäftigen und deren Werke ausstellen. Aber das darf kein Ziel mehr sein. Minderheiten sind im öffentlich geförderten Kulturbetrieb damit wieder auf individuelle Fairness und die Stärke ihrer Netzwerke angewiesen. Rassismus oder Vorurteile werden zu Privatproblemen." Auch das Smithsonian Institute hat jetzt angekündigt, seine Diversity-Abteilung zu schließen, berichtet die "New York Times". Donald Trump hatte bei Amtseintritt als neuer US-Präsident eine Verordnung unterschrieben, die die Initiativen der Vorgänger-Regierung für Diversität als "illegale und unmoralische Diskriminierungsprogramme" bezeichnet. Weil viele Kultureinrichtungen auf staatliche Hilfe angewiesen seien, passten sie sich nun den Richtlinien an.

Reihenweise Entlassungen von Museumsdirektoren, neue Ausstellungspolitiken, diffamierende Auftragskunst: Wie Russland seine Kulturkader umschmiedet, berichtet Kerstin Holm in der "FAZ". Besonders erschreckend: das seit einem Jahr laufenden Programm "Verwaltungshochschule in der Kultursphäre", das dafür sorge, dass Leitungspersonen von Museen und Kunsthochschulen die "richtigen Ideen" verbreiteten und "traditionelle Werte" aufbauten. "Teil des Programms sind Trainingsaufenthalte im Wehrertüchtigungslager 'Stal' (zu Deutsch: Stahl) in der Nähe von Nischni Nowgorod, das der kriegsbegeisterte und deswegen mit westlichen Sanktionen belegte Schriftsteller Sachar Prilepin leitet. Deren Teilnehmer werden in Uniformen gesteckt, üben mit Kalaschnikow-Attrappen Angriffsoperationen im waldigen und im urbanen Gelände, die Handhabung von Drohnen und Erste Hilfe im Feld. Unter den Absolventen des Trainings sind die Direktorin des Moskauer Stadtmuseums Anna Trapkowa und der erst unlängst ernannte Leiter des Kremlmuseums von Rostow im Gebiet Jaroslawl, Nikita Anikin."

Oliver Meiler porträtiert in der "SZ" die Louvre-Chefin Laurence des Cars: "Als Emmanuel Macron sie vor drei Jahren an die Spitze des Louvre setzte, war sie dort die erste Frau – seit 1793. Schon im Musée d’Orsay, das sie davor geleitet hatte, war sie die erste Frau in der Rolle gewesen. Ihr Credo war es immer, die Jungen zu begeistern. 'Das Museum ist eine Echokammer der Gesellschaft', sagte sie einmal: 'Es reflektiert die Welt, die es umgibt. Der Louvre hat der Jugend viel zu sagen.'" Nach einem Warnruf der Direktorin, der vor ein paar Tagen seinen Weg an die Öffentlichkeit fand, zum desolaten Zustand des Museums, hat Macron nun reagiert und Maßnahmen angekündigt

Fotografie

"Wie hat die Macht Sie verändert?", fragt das "Zeit Magazin" Außenministerin Annalena Baerbock und zeigt dazu Porträtbilder, die das Fotografenpaar Ute und Werner Mahler über Jahre immer wieder von ihr gemacht hat: "Der erste Eindruck, wenn man die Bilder aus knapp fünf Jahren nebeneinanderlegt: Schmaler ist sie geworden, ernster. Wo vorher Weichheit war, sind jetzt schärfere Konturen, wo vorher Neugier war, sagt der Blick jetzt: Komm doch! Das kann daran liegen, dass Annalena Baerbock tatsächlich schmaler geworden ist. Es kann aber auch an dem liegen, was sie in den vergangenen fünf Jahren erlebt hat. Kaum ein deutscher Politiker ist so hoch geflogen wie sie und so jäh abgestürzt. Kein Außenminister musste sich je mit russischen Trollen und gefakten Nacktbildern herumschlagen. Noch nie war der deutsche Außenminister eine Sie."

Brände in LA

"Die Zeit" lässt vier Künstlerinnen und Künstler aus Los Angeles zu Wort kommen, die bei den jüngsten Bränden Häuser, Ateliers und eigene Werke verloren haben. Darunter ist auch die Bildhauerin Kelly Akashi, deren Haus und Studio in Altadena abgebrannt ist, ein Gebäude, das vorher dem Künstlerpaar Jim Shaw und Marnie Weber gehörte: "Meine Hoffnung ist, dass die Feuer einige in der Kunstwelt dazu bringen werden, ihre Werte zu überdenken. Weg von Marktwerten und allem Monetären. Natürlich müssen wir Geld verdienen, da bin ich realistisch. Aber ich möchte nicht, dass Geld den Wert bestimmt, den wir Kunst zuschreiben. Gerade jetzt, wo es um den Wiederaufbau geht, müssen wir auch neue Formen und Werte in der Kunst schaffen." 

Kunstmarkt

Ingeborg Ruthe porträtiert in der "Berliner Zeitung" den Kunstsammler Timo Miettinen anlässlich seines 70. Geburtstags. "Er geht nicht mit dem großen Geld 'einkaufen', wo die Hypes angeboten werden. Miettinen hat ein Auge für junge Kunst, bevor der internationale Erfolg kommt. Er sammle, sagt er, 'für mich, wenn mich ein Werk packt – und nicht für den Markt oder die Wertsteigerung.' In vielen Fällen ist Letzteres dann einfach passiert." Für Monopol hat Saskia Trebing mit dem Sammler gesprochen. 

Film

Im oscarnominierten Drama "The Brutalist" spielt Adrien Brody einen Architekten, der den Holocaust überlebt hat. Alan Posener ist in seiner Kritik in der "Welt" nicht überzeugt: Brady Corbets Film sei "ein Kompositum: eine Untersuchung der Schwierigkeiten des Neuanfangs; eine Kritik der Abhängigkeit der Kunst vom Geld; eine Feier des Immigranten und seines Genies; eine Verteidigung des Brutalismus; ein Plädoyer für den Zionismus. Er ist aber all dies nur in Ansätzen, so als habe er Angst, irgendeinem dieser Themen allzu intensiv nachzugehen. Und es ist diese Verzagtheit, die letztlich den Film so lang macht. Weniger wäre mehr gewesen, trotz Adrien Brody, dem man natürlich immer gern zusieht, egal, ob er sich einen Schuss setzt oder mit Bauarbeitern schimpft." Murks oder Meisterwerk? Auch die "SZ" ist sich nicht sicher. Aber die Einwände, die er hat, sollen niemanden von einem Kinobesuch abhalten, betont Kritiker David Steinitz. "Alle Beteiligten beteuern, den Film nicht wegen des Geldes, sondern vor allem aus Überzeugung gemacht zu haben, das merkt man Brodys Performance auch an. Dass der Künstler, den er spielt, ein Architekt ist, passt gut zu dieser Geschichte. Denn die Architektur ist dem Kino viel näher als alle anderen Künste: Beide müssen innere Zustände durch äußere Formen zeigen, und das passiert hier in durchaus überwältigenden Bildern." Ein Monopol-Interview mit Brody zu dem Film lesen Sie hier.

Pop

Madonna hat ein Zurückschrauben der Rechte von LGBTQ+-Menschen unter dem neuen US-Präsidenten Donald Trump beklagt. "Es ist so traurig zu sehen, wie unsere neue Regierung all die Freiheiten langsam abbaut, für die wir über Jahre hinweg gekämpft und die wir ERKÄMPFT haben", schrieb der US-Popstar (66) auf der Plattform X (ausgerechnet). Dahinter setzte sie ein Regenbogenflaggen-Emoji und eins, das ein gebrochenes Herz darstellt. "Hört nicht auf, zu kämpfen", fügte sie hinzu. Sie postete dazu ein Foto von sich, in dem sie ernst in die Kamera blickt. Trump unterzeichnete seit seinem Amtsantritt vergangene Woche bereits mehrere Dekrete, die die Rechte von Transmenschen einschränken. So wurde festgelegt, dass die Politik der Vereinigten Staaten künftig davon ausgeht, dass es nur zwei Geschlechter gibt – "männlich und weiblich". Ein weiterer Erlass könnte faktisch zum Ausschluss von Transgender-Personen aus den Streitkräften führen. Außerdem wurde verfügt, dass künftig geschlechtsangleichende Behandlungen bei Minderjährigen vom Staat nicht unterstützt, finanziert oder gefördert werden.Die englische Abkürzung LGBTQ+ steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- sowie queere Menschen.