Nachruf
Erste Nachrufe auf Richard Serra sind bereits erschienen. Der Künstler starb am Dienstag im Bundessstaat New York im Alter von 85 Jahren. "Wenn Schwerkraft die Kraft der Schwere ist, dann war Serra der kraftvollste, aber auch umstrittenste Bildhauer des vorigen Jahrhunderts", schreibt Georg Imdahl in der "FAZ". "Es dauerte lange, bis sich das Publikum mit rostendem Stahl als Material von Gegenwartskunst anfreunden oder überhaupt nur abfinden konnte. Stellte das an den Ort gebundene Werk in früheren Epochen der Kunstgeschichte eine Selbstverständlichkeit dar, war es im vorigen Säkulum vornehmlich an einigen wenigen Künstlern wie namentlich Serra, die ortsspezifische Skulptur im öffentlichen Raum wieder auf die Agenda zu setzen." Andreas Platthaus lenkt ebenfalls in der "FAZ" den Blick auf Serras größte Arbeit unter seinen ohnehin riesigen Werken: eine mehr als 250 Meter langen und sechs Meter hohen Stahlwand namens "Te Tuhirangi Contour" nördlich von Auckland an der Westküste Neuseelands, in Auftrag gegeben vom neuseeländische Medienmilliardär Alan Gibbs. "Die zur Abweidung der Farm eingesetzten Schafe lieben es, sich an seiner Stahlfläche zu reiben, und so hat sich bis auf Schafrückenhöhe eine sichtbare Verfärbung ergeben – auf voller Länge. Serra, so erzählt Mrs Gibbs, liebte diesen Eingriff der Natur in sein Schaffen." Hanno Rauterberg schreibt in der "Zeit": "Bei aller Kompromisslosigkeit, gehörte Richard Serra nicht zu jenen Kraftkünstlern, die im Alter halsstarrig werden und sich bloß noch selbst kopieren. Im Gegenteil, er entwickelte in den Neunzigerjahren eine beschwingte Seite, überraschend verspielt und heiter. Angeregt vom Barockarchitekten Borromini begann er damit, seine Stahlplatten die erstaunlichsten Kurven abzutrotzen. Und was niemand für möglich gehalten hatte: Die kantige Kunst möchte wogen, strömen, tanzen, sie formt sich zu Ellipsen, zu einer Geometrie des Kontrollverlusts." Für Monopol hat Bernhard Schulz einen Nachruf geschrieben.
Museen
Das Britische Museum verklagt seinen ehemaligen Kurator Peter Higgs wegen des Vorwurfs, er habe mehr als 1.800 Gegenstände aus seiner Sammlung gestohlen, berichtet Karen K. Ho in "ARTnews". Higgs wurde im Juli 2023 entlassen, nachdem entdeckt wurde, dass etwa 2.000 Sammlungsobjekte fehlen, gestohlen und beschädigt sind, darunter antike Edelsteine und Goldschmuck. Viele dieser Objekte wurden von einem Sammler auf eBay entdeckt, seine Hinweise ans Museum wurden Berichten zufolge ignoriert. Der Skandal führte zum Rücktritt des deutschen Direktors Hartwig Fischer, geführt. Higgs bestreitet die gegen ihn erhobenen Vorwürfe.
Was lange währt: Die Sagrada Familia, Antoni Gaudis vor 144 Jahren begonnene Basilika in Barcelona, soll bis 2026 fertiggestellt werden. Das verkündete Esteve Camps, der Vorsitzende der für den Bau verantwortlichen Gruppe, pünktlich zum 100. Todestag Gaudis, berichtet der "Guardian". Wichtige Details wie eine umstrittene Treppe zum Haupteingang werden jedoch bis 2034 andauern.
Für das Magazin "New Yorker" begleitet Kyle Chayka den Niederländer Koen Olthuis vom Büro Waterstudio zu verschiedenen Bauten auf dem Wasser. Waterstudios sind die führenden Architekten, wenn es um schwimmende Gebäude und Siedlungen geht. Zu ihren ersten Projekten gehörte ein Haus in der Amsterdamer IJburg, einem der vielen schwimmenden Stadtteile, die es inzwischen in den Niederlanden gibt. In Lyon realisierte das Büro Performance-Theater auf der Rhône, ganze Siedlungsprojekte für den Persischen Golf und die Malediven sind in Planung. "Olthuis ist der Ansicht, dass die Niederlande bestimmte überschwemmungsgefährdete Teile des Landes dem Wasser zurückgeben sollten - eine kontrollierte Kapitulation vor den Elementen, statt eines sisyphushaften Kampfes gegen sie", schreibt Chayka.
Ausstellungen
Die Roy-Lichtenstein-Stiftung hat der Albertina in Wien viele Werke des Pop-Art-Künstlers, der dank seines Galeristen Leo Castelli schon mit seiner ersten Ausstellung 1961 über Nacht zu Star wurde, geschenkt. Sabine B. Vogel hat die Jubiläums-Ausstellung zu Lichtensteins 100. Geburtstag für die "Neue Zürcher Zeitung" besucht, und stellt fest: "Lichtenstein hat ein Gefühl für die Absurdität seiner Zeit gehabt. Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebten die USA eine radikale Kommerzialisierung. Liebe, Leidenschaft und auch die Sorgen des Alltags wurden nicht mehr länger in Porträtbildern individualisiert dargestellt, sondern in der Werbung als Stereotype festgeschrieben. Lichtenstein hat das erfasst und die Bildsprache der Werbung in seinen Bildern aufgegriffen. Bei ihm wird die Träne überdimensional, die Blondine liegt schmachtend im Arm des Mannes." Dass Lichtenstein auch Skulpturen machte, ist weniger bekannt. Auch sie gehen nach Wien. Bei einem Mittagessen in Wien habe sich der Co-Gründer der Lichtenstein Foundation Jack Cowart spontan dazu entschieden. Bald soll die Schenkung im ehemaligen Essl-Museum in Klosterneuburg permanent untergebracht werden. Dann wird das gut 15 Autominuten nördlich von Wien gelegene Haus in Albertina Klosterneuburg umbenannt.
Adrienne Braun besucht für den "Tagesspiegel" eine Ausstellung im Kurpfälzischen Museum Heidelberg, die gänzlich aus beschlagnahmten Fälschungen besteht: "Fast alles, was in der Sonderschau ‚Kunst und Fälschung‘ hängt, ist gefälscht – die Van-Gogh-Landschaft und das Knabenporträt von Lucas Cranach, das Frauenbildnis von Renoir und das Blumenstillleben von Emil Nolde." Leihgaben sind die Landeskriminalämter Berlin, Stuttgart und München, die Idee stammt vom Heidelberger Institut für Europäische Kunstgeschichte. Ein Gewinn für beide Seiten, konstatiert Braun: "Die Ermittler können in ihren übervollen Asservatenkammern wieder etwas Platz schaffen und die Studierenden haben konkretes Anschauungsmaterial, um zu lernen, woran man Kunstfälschungen erkennen kann." Zum Beispiel daran, dass die Signatur auf der falschen Seite befindet, oder dass der Pinselstrich andersherum geführt wurde als üblich.
Kunstmarkt
Sebastian C. Strenger berichtet für das Kunstmagazin "Weltkunst" über die Art Basel / Hong Kong und findet das Klima verhalten: Der wirtschaftliche Abschwung auf dem Festland mit Dominoeffekt für die chinesischen Immobilienentwickler wirke sich bereits auf die Kunstszene der Sonderverwaltungszone aus. Nicht nur wirtschaftlich, auch politisch bleibt die Lage unsicher: "Die Angst vor stärkerer Kontrolle durch Peking wurde zuletzt durch ein neues Sicherheitsgesetz geschürt, das sich willkürlich anwenden lässt. Und so sieht man in Fachkreisen den Standort zwar als kurzfristig gewinnbringend, mittelfristig jedoch gefährdet und langfristig als perspektivlos", schreibt die Weltkunst, und setzt auf Seoul als das "kommende Mekka der zeitgenössischen Kunst."
Das "Handelsblatt" schreibt im Rahmen eines größeren Berichts über die Asiatika-Auktionen der letzten Wochen, dass das Metropolitan Museum of Art 193 Objekte aus den eigenen Beständen bei Bonhams versteigern ließ: "Chinesisches Porzellan der Qing-Dynastie und archaistische Jade, die in den Gründerjahren in die Sammlung kamen. Ohne Reserven angeboten, erwiesen sie sich am 19. März als unwiderstehlich. Sie wurden zu 100 Prozent abgesetzt und führten dem Ankaufsfonds 1,3 Millionen Dollar zu."
Film
"The Bear"-Schauspieler Jeremy Allen White könnte Berichten zufolge in einem Film über Bruce Springsteen die Hauptrolle übernehmen. Wie die Branchenportale "Deadline" und "The Hollywood Reporter" sowie das Blatt "Variety" berichteten, ist der 33-jährige Schauspieler für die Rolle des "Boss" im Gespräch. Demnach solle der Film auf dem Buch "Deliver Me from Nowhere" (2023) von Autor Warren Zanes basieren und von der Entstehung von Bruce Springsteens Album "Nebraska" (1982) handeln. Laut "Deadline" ist Springsteen selbst in das Projekt involviert. Die Songs auf "Nebraska" über Verlierer, Träumer und Desperados brachten Springsteen ehrende Vergleiche mit dem legendären Songwriter Woody Guthrie und mit Schriftsteller John Steinbeck ein. Jeremy Allen White wurde in diesem Jahr für seine Rolle in der Serie "The Bear - King of the Kitchen" mehrfach ausgezeichnet. Die Serie erzählt mit schnellen Schnitten und Doku-Anmutung vom hektischen Alltag hinter den Kulissen eines Sandwich-Restaurants in Chicago.
Oscar-Preisträgerin Julia Roberts möchte für den italienischen Regisseur Luca Guadagnino vor die Kamera treten. Amazon MGM Studios habe sich die Rechte an der Thriller-Verfilmung "After the Hunt" gesichert, berichteten US-Filmportale. Die Story dreht sich um eine College-Professorin, die privat und beruflich an einem Scheideweg steht. Als ein Schüler Vorwürfe gegen ein anderes Mitglied des Kollegiums erhebt, droht damit Gefahr, dass ein dunkles Geheimnis aus dem Leben der Professorin ans Licht kommt. Das Drehbuch stammt von der Schauspielerin Nora Garrett, die damit gleich ihr erstes Skript bei einem Studio unterbringen konnte. Star-Produzent Brian Grazer ist als Co-Produzent an Bord. "Pretty Woman"-Star Roberts war zuletzt in dem Endzeit-Thriller "Leave The World Behind" (2023) beim Streamingdienst Netflix zu sehen. Guadagnino war zuvor etwa mit den Dramen "Call Me by Your Name" und "Bones and All" mit Timothée Chalamet in den Hauptrollen erfolgreich. Ende April soll seine Dreiecksgeschichte "Challengers" mit Zendaya, Josh O'Connor und Mike Faist in den deutschen Kinos erscheinen. Über den möglichen Drehstart von "After the Hunt" und die weitere Besetzung wurde zunächst nichts bekannt.