Medienschau

"In der Kunstwelt sind wir alle mehr oder weniger Schurken"

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Italiens Kuratoren lieben russisches Geld, ein Podcast über den Kampf um ukrainische Kulturschätze, und Julie Mehretu spendet ans Whitney: Das ist unsere Presseschau am Donnerstag 

Debatte

Kulturstaatsministerin Claudia Roth äußert sich in der "Süddeutschen Zeitung" empört über die sachsen-anhaltische AfD-Landtagsfraktion, die das Bauhaus für einen "Irrweg der Moderne" hält: "Damit zeigt die AfD, welchen Geistes Kind sie ist", sagt die Grünen-Politikerin. Das Bauhaus mit den Standorten Berlin, Dessau und Weimar gilt als wichtige Schule für Kunst, Design und Architektur im 20. Jahrhundert. Im Landtag von Sachsen-Anhalt fordert die AfD eine "kritische Auseinandersetzung" mit dem Bauhaus, ein entsprechender Antrag soll am Freitag beraten werden. In Sachsen-Anhalt wird die AfD vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft. "Dass jetzt die AfD mit erschreckend ähnlichen Argumenten und Formulierungen wie einst die NSDAP versucht, gegen das Erbe des Bauhaus heute vorzugehen, ist in höchstem Maße alarmierend und absolut inakzeptabel", sagt Roth als Beauftragte der Bundesregierung für Kultur. Sie sieht in dem Angriff ein weiteres Beispiel dafür, wie die AfD versuche, die kulturelle Debatte zu bestimmen: "Die Stiftung Bauhaus Dessau leistet hervorragende Arbeit – und das Vorgehen der AfD zeigt, wie wichtig ihre Arbeit ist. Leider ist diese Art und Weise des Umgangs mit unserer Geschichte und ein solches Vorgehen gegen die Freiheit von Kulturinstitutionen in unserem Land kein Einzelfall, sondern Programm bei der AfD." Das Bauhaus war 1919 in Weimar gegründet worden. Aufgrund der politischen Verhältnisse zog die Einrichtung 1925 nach Dessau um. Hier erlebte die Kunst- und Architekturschule für wenige Jahre ihre Blütezeit. 1932 wechselte das Bauhaus von Dessau nach Berlin. Dort wurde es 1933 von den Nazis geschlossen.

Italiens Kuratoren lieben russisches Geld: Dass das Land einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, ist für Luca Tomìo, Alessandro Romanini und Francesco Bonami kein Hinderungsgrund, in St. Petersburg und Moskau Aufträge anzunehmen. "In der Kunstwelt sind wir alle mehr oder weniger Schurken", sagt Bonami gegenüber "Art News" und wies darauf hin, "dass niemand die britische Kunst während des Falklandkriegs in den 1980er Jahren boykottierte". So leicht wollen ihn seine Kollegen aber nicht davonkommen lassen: Björn Geldhof, Direktor des Pinchuk Art Center in Kiew, sagte dem Portal: "Wenn man bewusst mit Russen zusammenarbeitet, die nicht nur für die Unterstützung des Putin-Regimes, sondern auch für die direkte Unterstützung des Krieges sanktioniert wurden, unterstützt man per Definition auch den Krieg. Ich denke, dass [Bonamis Beteiligung an GES-2] zutiefst problematisch ist ... und respektlos gegenüber den Ukrainern, die im Sterben liegen." Der schwedische Kurator Anders Kruger, Direktor der privaten Kunsthalle Kohta in Helsinki, sieht es ähnlich: "Es ist extrem egoistisch, für kulturelle Institutionen in Russland zu arbeiten, die per Definition loyal gegenüber dem Regime sind, weil sie sonst in dieser Zeit des offenen Krieges mit der Ukraine schließen würden Ich sehe überhaupt keine Rechtfertigung dafür, heute mit russischen Institutionen zusammenzuarbeiten."

Museen

Die Malerin Julie Mehretu hat dem Whitney Museum über zwei Millionen Dollar gespendet, damit in den nächsten drei Jahren Menschen unter 25 Jahren es kostenlos besuchen können, berichtet das "Wall Street Journal". Das New Yorker Museum verlangt derzeit 30 Dollar für Erwachsene, der Studententarif beträgt 24 Dollar. Das 53-jährige Vorstandsmitglied des Museums habe sich als junge Künstlerin mit einem Job als Kellnerin durchgeschlagen, da "kann man es sich nicht leisten, ständig ins Museum zu gehen. Aber junge Künstler brauchen Zugang zur Kunst."

Podcast

Die neue ARD-Podcast-Serie "Die Kunstretter" erzählt die Geschichten von Frauen und Männern, die für die Kunstschätze der Ukraine sehr viel riskieren – weil es dabei auch um die kulturelle Identität geht. In der sechsteiligen Serie beschreibt die Deutschlandfunk-Journalistin Elena Gorgis ihre Recherche. Im Frühjahr 2022 hört sie davon, dass bei Angriffen der russischen Armee das Museum in der Kleinstadt Iwankiw zerstört worden ist. Die Gemälde einer der berühmtesten Künstlerinnen der Ukraine sollen verbrannt sein. Später kommt heraus: Ein Museumswärter und seine Frau haben 14 Bilder aus den Flammen gerettet. Sie sind nicht die einzigen. "Die Kunstretter" erzählt davon, wie Menschen die Evakuierung von Kulturschätzen im ganzen Land organisieren. Dabei hilft auch die Rentnerin Iryna, die von einem geheimen Ort in Kiew aus Hilfsgüter für die Museen ins ganze Land verschickt. In der "Süddeutschen Zeitung" findet Sonja Zekri den Podcast ganz gut, aber leider ein bisschen "künstlich aufgepolstert".

Film

"Welt"-Kritiker Jakob Hayner sieht einige erzählerische und filmische Schwächen im Dokumentarfilm "Dahomey", der im Februar den Goldenen Bären der Berlinale gewonnen hatte. "'Es gibt nichts wiedergutzumachen. Es gibt nur die Träume eines Kontinents', heißt es am Ende von 'Dahomey'. Das darf man als Botschaft dieses dokumentarischen Essayfilms begreifen, der manchmal so wirkt, als wäre er die nicht auserzählte Vorarbeit zu seiner eigenen Langversion. In ihrem Spielfilm 'Atlantique', der knapp fünf Jahre vor der Berlinale bei den Filmfestspielen in Cannes lief, zeigte Diop einen magischen Realismus, der in 'Dahomey' – trotz schöner Bilder – nicht wirklich funktioniert. Weder der politisch noch der filmisch interessierte Zuschauer wird hier wirklich zufrieden sein." Jens Hinrichsens Monopol-Kritik lesen Sie hier