Malerei
Die "NZZ" liefert eine Reportage aus dem chinesischen Dafen Oil Painting Village, ein Ort, an dem massenhaft kanonische Gemälde kopiert werden. "Die Bezeichnung Village, also Dorf, ist etwas irreführend, denn Dafen ist bestens an die Metropole Shenzhen angebunden", schreibt Minh An Szabó de Bucs. "Der Stadtteil gilt als die grösste Kunstindustrie der Welt. Hier sind zwischen 5000 und 10 000 Maler aus ganz China angesiedelt, die Zahl variiert ständig. In den letzten Jahren haben sich auch Rahmenmacher und Händler von Künstlerbedarf niedergelassen. Doch den Kern machen die Malerinnen und Maler aus, die hier Kopien von westlichen Meisterwerken im Akkord schaffen." Die in Handarbeit mit Ölfarben gefertigten Kopien seien so überzeugend und so preiswert, dass Kunden aus aller Welt hier bestellen. "Wir kopieren nicht nur jedes Detail eines Bildes, sondern fangen auch seine Seele ein", lautet der Slogan.
Kunst von Frauen ist neuerdings auf dem Kunstmarkt gefragt, besonders im hochpreisigen Segment: "Der Anteil der von Frauen geschaffenen Kunst in den Käufen der obersten Sammlerschicht, der sogenannten High-Net-Worth-Individuen, stieg von 33 Prozent für 2018 auf 44 Prozent 2023", schreibt Gerhard Mack in der "NZZ". "Wer im Jahr mehr als eine Million US-Dollar für Kunst ausgab, kaufte 2024 für mehr als die Hälfte, 52 Prozent, Kunst von Frauen. 2021 waren es noch 43 Prozent." Hinter diesen erfreulichen Zahlen stünden oft allerdings handfeste Interessen: "Ein junges Publikum erwartet mehr Diversität, und um diese künftigen Museumsgäste muss man sich bemühen. Dann wollen aber auch die eher traditionellen Kunstfreunde – Museumsbesucher wie Sammlerinnen – nicht immer das Gleiche sehen. Viele Künstlerinnen wurden lange übersehen." Da sei noch viel Luft nach oben.
Ein Aquarell von Egon Schiele, "Knabe im Matrosenanzug", soll nächsten Monat in London bei Christie's versteigert werden. Catherine Hickley beleuchtet in der "New York Times" den Hintergrund: Das Auktionshaus habe einen Vergleich zwischen dem Einlieferer und den Erben eines Wiener Kabarettisten vermittelt, der das Werk besaß, bevor er in einem Konzentrationslager der Nazis getötet wurde. "Die Einlieferin des 'Knaben im Matrosenanzug' ist eine deutsche Frau, die das Aquarell 1992 bei Sotheby's erworben hatte, so Dirk Boll, Geschäftsführer von Christie's in Deutschland. Michelle McMullan, die die Christie's-Abendversteigerung von Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts im März leitet, bei der auch das Schiele-Bild zu sehen sein wird, bezeichnete es als 'eines der besten Aquarelle, mit denen ich je zu tun hatte' und sagte, es zeige den Künstler - dessen Kunst die Nazis als 'entartet' bezeichneten - 'auf dem Höhepunkt seiner Kräfte'. Unvollendete Elemente, wie die fehlende linke Hand, 'evozieren Bewegung und Spontaneität', sagte sie. Der Einlieferer, der über die Herkunft Grünbaums informiert war, bat Christie's um Hilfe bei der Vermittlung einer Einigung mit Grünbaums Erben, so Boll. Er sagte, dass sie plant, den Erlös aus dem Verkauf an einen Kindergarten in München zu spenden. Der Verkauf wird laut Christie's auch Mittel für die Grünbaum-Fischer-Stiftung der Erben für darstellende Künstler einbringen."
Olga Kronsteiner schreibt im "Standard" über jüngste Auswüchse des "Art-Flippings", also der "Spekulation mit junger Kunst, bei der Werke vergleichsweise schnell und in der Hoffnung auf hohen Profit weiterverkauft werden". Als Beispiel zieht sie den verstorbenen Künstler Matthew Wong heran, "dem die Albertina seit vergangener Woche zu Prominenz verhilft: mit einer Gegenüberstellung seiner Arbeiten und Werken Vincent van Goghs". Absurderweise ist selbst der Letztere nicht vor Spekulationen gefeit, wie Kronsteiner an einem absurden Fall zeigt.
Sotheby's will ein Banksy-Gemälde aus der Sammlung des Blink-182-Sängers Mark Hoppus versteigern. "Banksys Bild traut der kunstaffine Punk offenbar ein gutes Verkaufsergebnis zu", schreibt Marcus Woeller in der "Welt". "Das Werk gehört zu einer Serie namens 'Crude Oil Paintings' (Geschmacklose Ölgemälde). Tatsächlich erfüllt es mit seinem plakativen Realismus und dem kitschigen Goldrahmen alle Charakteristika eines Schinkens. Einen doppelten Boden hat das Bild aber trotzdem: Banksy hat für seine Serie populäre Kunstwerke kopiert und verändert."
Porträt
"Die Zeit" porträtiert den österreichischen Künstler Gerhard Rühm, der vor kurzem 95 Jahre alt geworden ist. "Er ist der letzte Überlebende der Wiener Gruppe, zu der auch noch H. C. Artmann, Oswald Wiener und Friedrich Achleitner gehörten", schreibt Thomas Mießgang. "Doch Ruhestand kommt für den ewigen Avantgardisten nicht infrage. Im Gegenteil: Die aktuelle politische Lage, sagt Rühm, mit ihren bedrohlichen rechtsextremistischen Tendenzen erfordere entschlossenes künstlerisches Eingreifen: 'Das ist ja alles furchtbar. Vor allem der reaktionäre Kunst- und Kulturbegriff, den die FPÖ propagiert.'" Ein Besuch bei ihm sei wie eine Zeitreise zurück in die 50er-Jahre. "Damals war der Dichter und Komponist dabei, als sich eine Avantgarde formierte, die die großkoalitionäre Friedhofsruhe in Österreich stören wollte. Zu den Menschen in der künstlerischen Revolte zählten neben der Wiener Gruppe der Jazzer Joe Zawinul, der 'Klassikrebell' Friedrich Gulda, die Künstlerin Maria Lassnig, der Kabarettist und Schauspieler Helmut Qualtinger und viele mehr. Allerdings, sagt Gerhard Rühm, 'wenn man die Einwohnerzahl von Wien heranzieht, dann war das eine verschwindend kleine Minderheit'."
Nicola Kuhn berichtet im "Tagesspiegel" von der Verleihung des Young Generation Art Award, der von dem Unternehmen Degussa Goldhandel in Zusammenarbeit mit Monopol verliehen wird, im Hotel de Rome in Berlin: "Gewiss, manche Menschen hier bedrückt die nächste Spar-Runde des Berliner Senats und sie fragen sich, wen es dann wieder in der Kultur trifft. An anderen Stehtischen dagegen tönt es, dass Krisen die Kunst gerade befördern. Bestes Beispiel: Unter Maggie Thatcher in den neunziger Jahren kamen schließlich auch die Young British Artists ganz groß raus."