Medienschau

"Vielleicht schneit es, oder vielleicht kommt ein Delfin vorbei"

Monopol Medienschau

Künstler Jeppe Hein über sein Leben nach dem Burnout, Galeristin Silke Thomas in U-Haft und der Oskar-Schlemmer-Markt nach der Einigung der Erben: Das ist unsere Presseschau am Freitag

Debatte

In der "taz" bespricht Benjamin Schlodder den neuen Sammelband "Judenhass im Kunstbetrieb", in dem festgestellt wird, dass Antisemitismus im Kunstbetrieb "nicht nur für antisemitische Einzeltäter*innen, sondern auch allgemeiner für das (kultur-)politische Handeln" weitestgehend ohne Konsequenz bleibe. "Die Konsequenzen tragen derweil – auch das zieht sich durch den Band – jüdische und israelische Künstler:innen. Sie werden, jenseits der Skandale, von 'stillen Boykotten' getroffen. Zwar lasse sich deren genaues Ausmaß, wie mehrfach betont wird, nur durch nachträgliche Auswertungen von Kulturprogrammen bestimmen, die zahlreichen im Band geschilderten Einzelfälle aber machen deutlich: Das Problem ist real und eine Reaktion von Kulturpolitik wie -institutionen dringend nötig."

Kunstmarkt

Fast 30 Jahre lang stritten die Enkel Oskar Schlemmers um die Aufteilung des Nachlasses des bedeutenden Bauhauskünstlers. Jetzt wurde die Auseinandersetzung mit einem gerichtlichen Vergleich beendet. "Das Feuilleton jubelte nach dem Prozess, dass das Werk Schlemmers jetzt endlich wieder konfliktfrei der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann. Schlemmers Avantgarde-Kunst ist aber auch auf dem Kunstmarkt gefragt", gibt Sabine Spindler im "Handelsblatt" zu bedenken. "Für unklug hält Henrik Hanstein eine Überflutung des Marktes mit zu vielen Werken dieses Avantgardisten. Dennoch wird sich Lempertz mit der Frühjahrsauktion den Stempel einer wichtigen Schlemmer-Drehscheibe verpassen. Als Kunstmarkt-Gutachter im Schlemmerprozess hat er neben Raman Schlemmer, der viele Werke in den Jahren zuvor an einen unbekannten Ort verbracht hat, vielleicht den besten Überblick über die verfügbaren Kunstwerke des Nachlasses. Mit beiden Seiten steht er bestens in Kontakt. Auch Raman Schlemmer hat der Prozess in die Einliefersituation gebracht. Die Prozesskosten müssen beglichen werden. Henrik Hanstein hat einen klugen Schachzug getan, als er die Schulden beim Prozesskostenfinanzierer ausgelöst hat. 'Das verbuche ich als Vorschuss auf die zu erwartenden Erlöse', so Hanstein. Das kann man Partnerschaft nennen oder auch eine besondere Art von Akquisepolitik."

"Artnet News" meldet, dass Silke Thomas von der insolventen Galerie Thomas nun in Untersuchungshaft sitzt. Seit vergangenem Herbst ermittelt zudem die Staatsanwaltschaft gegen den Galeristen Raimund Thomas und seine Tochter Silke Thomas. Mutmaßlich Geschädigte, die der Galerie Kunstwerke zum Verkauf anvertrauten, erstatteten Anzeige, weil sie trotz Veräußerung kein Geld erhalten haben sollen.

Nachruf

Ingeborg Ruthe scheibt in der "Berliner Zeitung" einen Nachruf auf die US-Malerin Jo Bear, die am 21. Januar mit 95 Jahren gestorben ist. Die Kritikerin war bei einer ersten Begegnung vor zwölf Jahren überrascht, war sie doch "auf streng Minimalistisches eingestellt: farbige Streifen, Balken, Chiffren. Schließlich galt Baer als eine der bedeutendsten Minimalistinnen der späten Moderne. Überrascht stand ich dann vor Bildern dieser Meisterin der Reduktion, die malend und zugleich zeichnend alte Mythen erforscht und dafür das Figürliche, Gegenständliche als Andeutung, Verweis, ja, als Rätsel vielseitig nutzt."

Porträt

In einem siebenminütigen NDR-Film erzählt der Künstler Jeppe Hein noch einmal von seinem Burnout im Jahr 2009 und wie der seine Kunst und sein Leben verändert hat. Das Handy mache er heute morgens nur kurz an, um Wetter und Surfspots zu checken. "Dann paddle ich raus, vielleicht ist da ein Regenbogen, vielleicht schneit es oder vielleicht kommt eine Robbe oder ein Delfin vorbei - kommt darauf an, wo man in der Welt ist. Das ist einfach megaschön, dieses Gefühl, dass du da draußen bist, im hier und jetzt. Und das Einzige was ich mache, ist einfach gucken, wann kommt die nächste Welle. Das ist für mich dieser Ruheort." Der Atem, sagt er, sei das stärkste Werkzeug, das wir im Leben haben.

Film

Regisseur Volker Schlöndorff will den Roman "Heimsuchung" von Jenny Erpenbeck auf die Leinwand bringen. Dafür drehe er unter anderem im Studio Babelsberg, sagte Schlöndorff der "Märkischen Allgemeinen". Dort sollen die Innenaufnahmen entstehen. "Es freut mich sehr, dorthin zurückzukehren", sagte der Regisseur, der für seine Literaturverfilmungen bekannt ist. Sein Film "Die Blechtrommel" nach dem gleichnamigen Roman von Günter Grass gewann einen Oscar. Schlöndorff war von 1992 bis 1997 Geschäftsführer von Babelsberg. Zum Cast gehörten Lars Eidinger, Martina Gedeck und Ulrich Matthes. Der Film solle fast vollständig in einem Umkreis von wenigen Kilometern um das Studio in Brandenburg herum gedreht werden. Schlöndorff (85) selbst habe das Drehbuch geschrieben. Er beratschlage sich aber mit Erpenbeck (57). Die Autorin hatte 2024 den renommierten International Booker Prize für ihren Roman "Kairos" erhalten. Erpenbecks "Heimsuchung" (2008) über das Haus ihrer Großmutter in Brandenburg thematisiert Flucht und Vertreibung anhand der eigenen Familiengeschichte. "Ich habe das Buch schon vor Jahren gelesen und es hatte mich sofort gepackt", sagte Schlöndorff. Er hoffe, ab August zu drehen, wenn bis dahin die Finanzierung geklärt sei.