Medienschau

"Unsere Ausstellung ist total uncool"

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Neo Rauch und Rosa Loy in Liberec, das neue Warburg Institute in London, und der "Guardian" schwärmt von 3sat: Das ist unsere Presseschau am Montag

Kulturpolitik

In den vergangenen Jahren ging es in der Kunst oft um indigenes Wissen und die noch immer spürbaren Folgen der Kolonialisierung für Nachfahren von unterdrückten Völkern. Dass es eine solche Gruppe auch in Europa gibt, ist dabei erst langsam ins Bewusstsein gesickert. Unter anderem auf der Documenta 14 und der Venedig-Biennale 2022 präsentierten samische Künstlerinnen und Künstler aus Norwegen, Schweden und Finnland ihre Werke, die auf den jahrhundertelangen Zwang zur Assimilierung und die Bedrohung ihrer Lebensgrundlage im Norden Skandinaviens hinwiesen. In puncto Aufmerksamkeit hat sich also einiges bei dem Thema getan; dass dies jedoch nicht unbedingt Auswirkungen auf die reale Politik hat, zeigt sich nun an Plänen der schwedischen und finnischen Regierung. Wie der "Guardian" berichtet, planen die beiden Länder, Förderung für Initiativen zu kürzen, die sich für den Erhalt von Sámi-Sprachen einsetzen. Autorin Miranda Bryant schreibt, dass die Maßnahmen unmittelbar zum Aussterben einiger regionaler Dialekte führen könnten - was der offiziellen Linie der nordischen Länder widerspreche. "Die Kürzungen kommen zu einem Zeitpunkt, an dem Wahrheits- und Versöhnungskommissionen von Regierungen in der ganzen Region zugesagt haben, historische systemische Diskriminierung aufzudecken und darauf zu reagieren - einschließlich kirchlicher und staatlicher Assimilierungspolitik, die Kinder von ihren Eltern trennte und viele davon abhielt, die Sprache zu lernen, sowie Gewalt und Misshandlung."

Ausstellung

Neo Rauch und seine Frau Rosa Loy stellen gemeinsam im Museum der schönen Künste im tschechischen Liberec aus, Ingeborg Ruthe war für die "Berliner Zeitung" vor Ort. "Unsere Ausstellung ist total uncool; es entsteht Hitze durch emotionale Reibung", sagt Rauch. "Dass Gegensätze sich anziehen, ist im atmosphärischen Zusammenklang zu spüren. Was er malt, in Bronze formt, was sie malt und zeichnet, gerät zur Metapher für eine Erzählung aus Vergangenheit und Gegenwart. Das setzt sich gleichsam zusammen in Schwingungen. Energieaustausch? Reibung? Harmonie? Vielleicht alles zusammen. In Rosa Loys Bildern sind weibliche Gestalten oft Spiegelungen, Doppelungen, Pflanzenwesen, die von der studierten Gartenbaukünstlerin – neben dem Malereistudium in Leipzig – nicht als Alter Egos verneint werden. Bei ihr gibt es immer einen Ausblick ins Gelingende, nicht ins Scheitern. Und noch aus der vertracktesten Figurenkonstellation dringen Zuversicht, Lust, Lachen."

Nachruf

Der Tod von Liam Payne vergangene Woche löste Entsetzen und Trauer aus. Der frühere One-Direction-Sänger war am Mittwoch im Alter von 31 Jahren nach einem Sturz aus dem dritten Stock seines Hotels in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires gestorben. Liam Payne war auch ein Kunstliebhaber, berichtet Devorah Lauter bei "Artnet News": "Neben seiner Musikkarriere war Payne ein begabter Maler und ein bekanntes Gesicht bei Kunstveranstaltungen wie der Frieze-Kunstmesse und der National Portrait Gallery in London.  Payne gab einmal einen Einblick in seinen kreativen Prozess und sagte: 'Ich denke immer in Bildern, wenn ich Musik mache, genauso wie ich in Tönen denke', was seine Liebe zur Musik und zur visuellen Kunst verdeutlicht. Im Laufe der Jahre hat Payne immer wieder Einblicke in seine Gemälde und Skizzen mit seinen Fans geteilt."

Museen

Für die "NZZ" besucht Marion Löhndorf das Warburg Institute in London, das lange in einer unsicheren Lage schwebte und sich nun endlich runderneuert einer breiten Öffentlichkeit präsentiert. Es basiert auf dem kulturwissenschaftlichen Literaturbestand des Kunsthistorikers Aby Warburg, der besonders für seinen unkonventionellen Zugang zu Bildern bekannt war und munter durch die Zeiten und Disziplinen sprang. "Seine Bibliothek gilt als ein fundamentaler Bestandteil des Warburgschen Werks. In ihr fand seine visionäre, fachübergreifende Denkweise ihren Ausdruck", schreibt Löhndorf. "Schon ihr thematisch-assoziatives Ordnungssystem ist einzigartig. Die Bände sind 'dem Gesetz der guten Nachbarschaft' gehorchend sortiert. Die Erweiterung und Renovierung des Warburg Institute hat die vollständige Wiedereinführung seines Katalogisierungssystems ermöglicht: dies mit vier Etagen, die jeweils den Stichworten 'Bild', 'Wort', 'Orientierung' und 'Handlung' gewidmet sind. Die 'Warburg Renaissance' ist das Happy End einer langen Vorgeschichte."

Kunstmarkt

Die Kunstmesse Art Basel Paris, die gestern zu Ende ging, wurde von der Presse begeistert aufgenommen. Eine gute Zusammenfassungen der Reaktionen, auch auf die Satellitenmessen, bringt "Kobels Kunstwoche" auf der Website des Kunstversicherers Zilkens. Unsere Highlights der Messe finden Sie hier.

Kulturberichterstattung

3sat ist einer der "anspruchsvollsten TV-Sender der Welt", findet der britische "Guardian", der über die Pläne der deutschen Bundesländer berichtet, den Sender mit Arte zusammenzulegen. Die Länder präsentierten Ende September einen Entwurf für eine Rundfunkreform von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Noch ist nichts beschlossen, und unter einem Kulturangebot sind auch weiterhin die TV-Sender 3sat und Arte aufgelistet. Allerdings fügen die Autoren hinzu: In Abstimmung mit den beteiligten öffentlich-rechtlichen europäischen Veranstaltern sollen die Inhalte von 3sat "teilweise oder vollständig" in das Arte-Programm und dessen Digitalangebote "überführt werden". Eine Verpflichtung bestehe nicht, heißt es in den Anmerkungen der Länder zur Reform. Stimmen alle Ministerpräsidenten und alle Landtage zu, könnte die Rundfunkreform jedoch im Sommer 2025 in Kraft treten. In der kommenden Woche wollen die Länderchefs und -chefinnen bei einer Konferenz in Leipzig über die Pläne sprechen. "Bewunderer des entschlossenen Intellektualismus von 3sat sagen", so heißt es im "Guardian", "dass die Fusionspläne ein Zeichen dafür sind, dass sich die Behörden den populistischen Angriffen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk beugen, indem sie Kulturprogramme streichen, was zwar schmerzlos erscheinen mag, aber wahrscheinlich auch nicht viel Geld sparen wird." Die Debatte um die Zukunft von 3sat werfe aber auch Fragen nach der Reformierbarkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland auf, "der zwar über einen der größten Haushalte der Welt verfügt, aber auch einer der komplexesten und dezentralsten ist."

Interview

Albrecht Henkys ist Restaurator und Kurator und arbeitet für die Stiftung Stadtmuseum Berlin. Im Gespräch mit Katrin Heise beim neuen RBB-Senders Radio3 erzählt Henkys, was er unter "experimenteller Denkmalpflege" versteht und warum ihm die Debatte darüber wichtig ist.