Auszeichnung
Die Künstlerin Thủy Tiên Nguyễn hat gestern in Berlin den ersten Young Generation Art Award erhalten, der von Degussa in Kooperation mit Monopol vergeben wird. "Ihr wichtigstes Thema sind neben persönlichen Erlebnissen mit ihrer Großmutter Erinnerungen an ihre Heimat ebenso wie die kollektive Erinnerung, die sie in eine Form bringt, ohne alle Rätsel ihrer Kunst zu lösen", fasst Ingeborg Ruthe in der "Berliner Zeitung" zusammen. "Besonders markant: 'Gentle Integrity', eine auf Plexiglas minimalistisch und klar installierte Zuckerstab-Skulptur, die nach dem Vorbild von in Vietnam weitverbreiteten gedrechselten Holzstühlen geformt ist und langsam zerfließt. Das Werk ist eine sehr persönliche Reminiszenz und zugleich eine berührende Metapher für das unaufhaltsame Vergehen der Zeit. Verbunden mit dem Preisgeld für den Start der jungen Vietnamesin in den launischen Kunstbetrieb ist eine einjährige Wanderausstellung an mehreren nationalen und internationalen Standorten." Sie habe die Jury durch inhaltliche Tiefe, ästhetische Sensibilität und formale Präzision, heißt es im WDR. "Thuy Tiên Nguyen wurde 1993 in Hanoi geboren und hat an der Städelschule in Frankfurt studiert."
"Die Zeit" hat mit Künstlern gesprochen, die gegen eine Christie's-Auktion mit KI-Kunst protestiert haben (sie hat gestern stattgefunden), aber auch mit Künstlern, die mit ihrer KI-Kunst bei der Auktion dabei sind. Eva Wolfangel fasst das Dilemma zusammen: "Eine ganze Industrie, die Künstlerinnen und Künstler ernährt, wird zu großen Teilen von KI übernommen. Und diese KI ist nur deshalb in der Lage, diese Aufgabe so gut zu erfüllen, weil sie mit den Werken jener trainiert wurde, die sie nun ersetzt. Und diese ganze Entwicklung wird nun von einem der renommiertesten Auktionshäuser unterstützt – wie kann das richtig sein?" KI-Künstlerin Claire Silver verteidigt die Technik: "Die Art und Weise, wie KI funktioniert, ist eine Summe von Einflüssen, nicht von Diebstählen", sagt sie. "Ich habe mich immer gefragt, ob ich talentiert genug bin für die Kunst", sagt sie. Aber das sei Unsinn. Es gehe weder um Talent noch um Fleiß. "Kunst ist der Ausdruck der inneren Welt."
Museen
Nach den "SZ"-Enthüllungen über Raubkunst in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen findet der ehemalige Kulturminister Michael Naumann harte Worten hat für die mutmaßlichen Verantwortlichen: "Es handelt sich um ein museumspolitisches Gesindel", sagt er in einem "SZ"-Artikel mit Reaktionen. "Sie sind absolut schamlos. Denen ist es ganz egal, ob Blut an ihren Sammlungen klebt oder nicht." Noch immer gelte die Devise: "Nur nichts offenlegen. Am besten alles im Untergrund des schlechten deutschen Gewissens begraben."
Performancekünstlerin Marina Abramović stellt auf der Kunstwoche in Mexiko eine Stuhlkollektion vor, in Zusammenarbeit mit dem Holzdesignstudio La Metropolitana. "Ich liebe Funktionalität", sagt Abramović im "Wallpaper"-Magazin. "Ich hasse Couchtisch-Bücher mit einer Leidenschaft. Ich hasse es, dass niemand sie jemals liest und sie rein dekorativ sind." Sie lasse sich von der Herangehensweise der Japaner inspirieren: "Es geht nicht darum, dass sie keine Sachen haben, sondern darum, dass ihre Sachen immer für einen bestimmten Zweck geeignet sind. Im Frühling stellen sie die Frühlingsvase auf den Tisch. Wenn der Winter kommt, holen sie die Wintervase heraus." Abramović bewundere auch die Philosophie der christlichen Shaker-Sekte, die nach dem Mantra "Schönheit beruht auf Nützlichkeit" lebt. Der räumliche Minimalismus, sagt sie, ermögliche einen "freien Geist": "Ich habe genug im Kopf. Leere ist etwas, das ich mag."
Die Birkenstock-Sandale ist kein Kunstwerk, hat der Bundesgerichtshof festgestellt. Für einen Urheberrechtsschutz reiche ein rein handwerkliches Schaffen mit formalen Gestaltungselementen nicht aus. Brigitte Werneburg kommentiert das Urteil in der "taz": "Wäre die Sandale ein Kunstwerk, hätte sich Bernard Arnault, dessen Luxusimperium LVMH sich Birkenstock 2021 einverleibt hat, noch bis Ende des Jahrhunderts an noch fetteren Gewinnen erfreuen können. Wie bei der Stofftasche von Dior, die den Konzern in der Produktion 50 Euro kostet, die Konsumentin im Laden aber 3.000 Euro, sind auch die Produktionskosten der auf Luxus getrimmten Birkenstocks nicht wesentlich gestiegen. Nur liegt der Preis jetzt zwischen 700 und 1.200 Euro." Die Absicht, sich zum Kunstwerk zu deklarieren, sei reiner Kommerz, schreibt Christof Meueler im "nd". "Hätte sie damit vor dem BGH Erfolg gehabt, wäre das ein Schlag ins Gesicht gewesen – für alle, die ohne Konzerne Kunst machen und kaum davon leben können."