Medienschau

"Ich stehe hier als eine Verbrecherin"

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Kunstberaterin Lisa Schiff muss ins Gefängnis, die SPK-Finanzierung als Coup der deutschen Kulturpolitik und mehr Stimmen zum ersten Documenta-Ausblick: Das ist unsere Presseschau am Donnerstag

Documenta

Am Dienstag hat die Kuratorin Naomi Beckwith in Kassel das künstlerische Konzept für die Documenta 16 vorgestellt. Monopol-Redakteurin Saskia Trebing erzählt bei NDR Kultur, was uns 2027 bei der Ausstellung erwartet. "Sie hat ein Jahr weniger Zeit als andere, weil die erste Findungskommission zurückgetreten ist und das ganze Verfahren neu gestaltet werden musste. Insofern eilt es ein bisschen, dass sie Entscheidungen treffen muss, aber natürlich braucht sie auch die Zeit, um sich jetzt mit Künstlerinnen und Künstlern zu treffen und weitere Recherchen zu machen. Das will sie jetzt auch tun, aber man konnte schon aus dem, was sie gesagt hat, Dinge ableiten. Zum Beispiel, dass interdisziplinäres Kunstschaffen ihr sehr wichtig ist, dass sie sozialisiert ist in Chicago, aus einer Schwarzen Kunst-Community kommt, wo kultureller Austausch und der Umgang mit repressiven Strukturen wichtig ist. Sie verbindet das auch mit der Stadt Kassel, die auch geprägt ist durch Menschen unterschiedlichster Herkunft. Man kann auch sehen, dass sie eine Nähe zur postkolonialen Theorie hat, aber sie ist sehr offensiv undogmatisch aufgetreten."

Mit ihren ersten Schritten mache Naomi Beckwith alles richtig, meint Nicola Kuhn im "Tagesspiegel". "Sie schenkt den verunsicherten Kasselern Kraft ihrer Persönlichkeit das Vertrauen in die Documenta zurück. Als internationale Figur und Managerin eines der bedeutendsten zeitgenössischen Museen wird ihr zugetraut, die weltweite Bedeutung des Großereignisses wieder herzustellen." Mit Beckwith habe eine "Mutmacherin" die Documenta übernommen.

Stefan Trinks wagt in der "FAZ" bereits, einige Namen möglicher Künstler zu nennen: Neben der Künstlerin Cauleen Smith, "dem großartigen Filmemacher Artur Jafa und Glenn Ligon dürfte ein weiterer heißer Kandidat Tavares Strachan sein, den Beckwith mit seiner Neon-Schrift 'We are in this together' zeigte. Durch die geschwungene Type lässt sich zugleich das Wort 'history' lesen. Prägung durch die Geschichte, aber auch utopisch eine 'neue eigene Zukunft erschaffen, die dann hoffentlich besser ist als die Geschichte', so kommentierte Beckwith das pink leuchtende Werk. Ihre Documenta solle ein aufregendes 'Experimentierfeld für Entdeckungen und Erweckungen' werden. Und Beckwith spitzte zu; 'Gemeinsam mit den Künstlern und dem kuratorischen Team wollen wir darüber nachdenken, welche Zukünfte wir gemeinsam gestalten können und was die Kunst für die Welt tun kann'."

Museen

Letzte Woche unterzeichneten Bundeskanzler Olaf Scholz und die Ministerpräsidenten in Berlin das Abkommen zur Finanzierung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK). Für Thomas E. Schmidt ist das eine gute Nachricht, wie er in der "Zeit" kommentiert. "Das wirklich dicke Erneuerungsbrett bohrte allerdings Andreas Görgen, der scheidende Amtsleiter der ebenfalls scheidenden Kulturstaatsministerin Claudia Roth. Er beendete die Kameralistik in der SPK: Direktoren verlieren ihren Beamtenstatus, erhalten befristete Verträge, sind nun für die Budgets ihrer Häuser verantwortlich, unterzeichnen Zielvereinbarungen; ein Vorstand leitet die Stiftung; ihr Stiftungsrat wird verkleinert. Mit der Universität Oxford ist eine erste wissenschaftliche Kooperation vereinbart worden. Also raus aus der Schwermutshöhle." Nur hätte Schmidt sich bei der Reform weniger Staat gewünscht: "Nicht nur die Kulturbeauftragten des Bundes, das Finanzministerium und die Länder kontrollieren die SPK in Zukunft, jetzt werden auch noch vier stimmrechtlose Abgeordnete des Bundestages ins Aufsichtsgremium einziehen. Da wird also bald auch jemand von der AfD auftauchen. Man hätte sich stattdessen dort mehr Zivilgesellschaft gewünscht, vielleicht sogar mit praktischen Eingriffsmöglichkeiten und nicht nur wissenschaftlich beratend, ein Board of Trustees nach angelsächsischem Vorbild. Das kann ja noch kommen."

An der Museumsinsel ist eine Leiche aus dem Kupfergraben geborgen worden, berichtet das Nachrichtenportal "t-online". Zeugen sahen am Mittag einen toten Menschen im nördlichen Teil des Spreekanals im Wasser treiben. Die Feuerwehr zog den Körper aus dem Wasser. Die Polizei ermittelt nun, wie der Mensch gestorben ist. Angaben zur Identität lagen zunächst vor. 

Kunstmarkt

Die Kunstberaterin Lisa Schiff muss ins Gefängnis: Sie wurde von einem New Yorker Gericht wegen Betrugs zu 2,5 Jahren Haft verurteilt, wie unter anderem "Art News" berichtet. Schiff hatte über einen Zeitraum von mehreren Jahren rund 6,5 Millionen US-Dollar von Kunden veruntreut, indem sie ihnen in einer Art Schneeballsystem falsche Informationen über Kunstwerke und deren Wert gab. Zusätzlich zu der Haftstrafe wurde sie zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt und muss eine Entschädigung von über 9 Millionen US-Dollar zahlen. Sie soll ihre Haftstrafe am 1. Juli 2025 antreten. "Ich stehe hier als eine Verbrecherin, die Kunden, Kollegen und Freunde verletzt hat"', sagte Schiff in dieser Woche im Gerichtssaal. "Dann wandte sie sich an die Zuschauerbank und entschuldigte sich namentlich bei ihren Opfern. 'Ich stehe hier als eine schuldige Person', sagte sie, während ihre Stimme zu zittern und zu brechen begann, Tränen stiegen ihr in die Augen. 'Ich bin hier und bereit.'"

Das Auktionshaus Sotheby's versteigert ein Stück Filmgeschichte: Unter den Hammer kommt ein originales Modell von E.T., dem Protagonisten aus Steven Spielbergs Science-Fiction-Film "E.T. - Der Außerirdische" (1982). Die Figur könnte umgerechnet weit über eine halbe Million Euro einbringen, schreibt der "Hollywood Reporter". Das rund 90 Zentimeter große Modell sei eines von mehreren, das für den Film angefertigt und am Set genutzt wurde. Es stamme aus dem Nachlass des Spezialeffekt-Künstlers Carlo Rambaldi, der auch an Filmen wie "King Kong" (1976) und "Alien" (1979) beteiligt war. Sowohl "E.T." als auch "Alien" erhielten Oscars für ihre Spezialeffekte. Wie Sotheby's mitteilte, können von diesem Freitag an Gebote eingereicht werden. Das "E.T."-Modell ist Teil einer Sotheby's-Auktion, die Requisiten, Kostüme und Filmplakate von den 1930er Jahren bis zum Ende des 20. Jahrhunderts umfasst, wie das Auktionshaus weiter mitteilte. Neben dem "E.T."-Modell werden demnach auch Skizzen und Designarbeiten aus dem Film versteigert sowie Originale aus David Lynchs "Dune" (1984).

Originalmodell von E.T. aus dem Film "E.T. – Der Außerirdische", das zur Versteigerung steht
Foto: Sothebys/PA Media/dpa

Originalmodell von E.T. aus dem Film "E.T. – Der Außerirdische", das zur Versteigerung steht


Freie Szene

Agnieszka Roguski und Natalie Keppler vom Berliner Kunst Raum Mitte sprechen in der "taz" mit Beate Scheder über die aktuelle Kulturpolitik und die Geschichte ihrer kommunalen Galerie, die früher als Galerie Weisser Elefant bekannt war und nun mit dem neuen Namen eine Neuausrichtung anstrebt. Der Ausstellungsort wurde seit der Gründung 1987 in Ostberlin für junge Künstler und Künstlerinnen eine wichtige Anlaufstelle, auch mit einer starken Betonung auf Performancekunst, die besonders in der späten DDR eine Form des Widerstands darstellte. Die Sparvorgaben des jetzigen Berliner Sentas stellen für die beiden Leiterin eine Herausforderung dar: "Wir sind verpflichtet, Ausstellungen zu machen, Künst­le­r*in­nen einzuladen und Programm zu machen", sagt Natalie Keppler. "Die einst festgesetzten Honorare müssen nun aus anderen Mitteln finanziert werden. Für das laufende Jahr kann der Fachbereich des Bezirksamts die Gelder noch umverteilen, wie es weitergeht, ist vollkommen unklar. Es ist einschneidend, dass die hart erkämpften festen Honorarsätze für Künst­le­r*in­nen nun nicht mehr verpflichtend sind." Fast schlimmer als die finanzielle Situation finde sie aber "den Angriff auf die ethischen Standards", ergänzt Agnieszka Roguski. "Was ist künstlerische Arbeit wert? Es wird in Zukunft in der Verantwortung einzelner Ku­ra­to­r*in­nen liegen, wie viel Fundraising noch mit Drittmitteln erreicht werden kann. Wenn sich aber immer mehr Leute auf immer weniger Drittmittel bewerben, wird es schwierig."