Medienschau

"Die Zeit des leichten Konsenses ist vorbei"

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Refik Anadol in London, ein neuer Preis für junge Kunstkritik und die Ethik hinter dem geplanten Museum "berlin modern": Dies ist unsere Presseschau am Dienstag

Kunstkritik

Der vom deutschen Kunstkritiker:innenverband AICA erstmal ausgelobte Preis für Junge Kunstkritik geht an die 1995 geborene Kunstwissenschaftlerin Sophia Roxane Rohwetter. Die Jury aus Kathrin Röggla, Hanno Rauterberg, Danièle Perrier, Ellen Wagner, Julia Wirxel, Gerd Korinthenberg lobte "die große literarische Experimentierfreude und assoziative Offenheit" in ihren Texten. Die mit 12.000 Euro dotierte Auszeichnung ist ein einjähriges Stipendium, das monatlich ausgezahlt wird. Sie richtet sich an Autorinnen und Autoren bis zu 35 Jahren. Sie wird in Zukunft jährlich vergeben. 

Museen

Swantje Karichs als Abrechnung getarnter Artikel über das geplante Museum "berlin modern" in der "Welt am Sonntag" ist jetzt online. Während es zunächst noch so aussieht, als sollte der ethische Anspruch des Hauses auseinandergenommen werden, dass hier einmal "der Klimawandel bekämpft, die Frauenfrage geklärt und die Kunst dekolonisiert werden" soll, stellt sich am Ende heraus, dass das der Autorin noch nicht weit genug geht: "Die meisten Museen in Deutschland haben ja ganz richtig erkannt, die Zeit des unreflektierten Bewahrens und des leichten Konsenses ist vorbei. Die Besucher wollen nicht mehr in ein Museum gehen, das Energien verschwendet. Museen können nicht Kunst unterstützen, die Missstände anprangert, aber selbst nicht versucht, sie aus dem Weg zu schaffen."

Ausstellung 

Die Künstlerin Melike Kara spricht im "FR"-Interview mit Lisa Berins über ihre Installation für die Rotunde der Schirn Kunsthalle in Frankfurt am Main, in der sie sich auch mit ihrer kurdischen Familiengeschichte beschäftigt: "Ich denke immer zuerst von meiner Malerei her, erweitere sie in den Raum und versuche, mit der jeweiligen Ausstellungsarchitektur eine Symbiose einzugehen. Die kurdische Kultur ist mit Traumata, Vertreibung und Hoffnungslosigkeit beladen, diese Last wird über Generationen fortgetragen. Wenn man sich mit der eigenen Identität beschäftigt, setzt man sich mit den eigenen Wurzeln auseinander, aber man beschreitet auch eigene Wege."

In der "taz" bespricht Martin Conrads die Ausstellung "Poetics of Encryption" an den Berliner KW, in der 40 Künst­le­r und Künstlerin­nen mit der digital durchdrungenen Welt abrechnen: "Technologie als Mittel zum Fortschritt und Möglichkeit, Gesellschaft auch positiv zu verändern, kommt in dieser Ausstellung kaum vor. Im Video „The Post-Truth Museum“ der Berliner Künstlerin Nora Al-Badri vielleicht. Sie legt darin drei europäischen Museumsgranden mittels einer speziellen KI Aussagen von Dritten in den Mund: Plötzlich redet etwa Hermann Parzinger von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz über Restitution und die Auflösung eines nationalen Besitzanspruchs auf Kulturgüter. Das Video ist in den letzten drei Jahren entstanden, doch wirkt es aufgrund der verwendeten KI-Technik schon jetzt veraltet. Wie sehr also technische Systeme Raum und Zeit in der Kultur verzerren, wäre alleine damit nolens volens schon vorgeführt."

Fallen Museen auf Refik Anadol herein, fragten wir bei Monopol kürzlich. Mandoline Rutkowski hat sich für die "Welt" nun die jüngste Ausstellung des Digitalkünstlers in den Londoner Serpentine Galleries angeschaut und ist hin- und hergerissen. Am Ende gefalle dem Publikum die KI-generierte Kunst, so viel ist klar: "Die animierten Bildwelten sind mindestens so populär wie konventionelle Kunst. Die Ausstellungen des Medienkünstlers sind gut besucht. Über längere Zeit machen es sich Besucher auf Sitzkissen vor den Installationen bequem, das Kinn auf der Hand gestützt, der Blick in die Projektionen versunken. Fast so, als würden sie von dem Blick eines Menschen in den Bann gezogen."


Film
 

Den 14-stündigen Film über die Documenta 14 hat Bettina Fraschke auf der Berlinale für die "Hessische Niedersächsische Allgemeine" (HNA) aus Kassel geschaut - gewissermaßen die "Heimatzeitung" der Documenta, die auch auf der Leinwand vorkommt. Sie fragt sich, was passiert, wenn ursprünglich vertrauliche Äußerungen publik werden. "Frust, Trauer, Trotz und Wut: Dimitris Athiridis’ Kamera ist nicht nur an den Debattentischen dabei, sondern auch bei Adam Szymczyk auf dem Sofa, bei Anrufen, bei Sätzen, die definitiv privat gesagt worden sind, die durch das Filmprojekt aber plötzlich eine Öffentlichkeit bekommen. Das ist sicherlich Teil der grundsätzlichen Verabredung zwischen dem d14-Team und dem Filmemacher. Hierin steckt aber trotzdem eine Problematik, die sich vermutlich in der Zeit des Drehs vor sieben, acht Jahren nicht ganz überblicken ließ. Auch Momente wie ein flapsiger Kommentar zu Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Athen oder ein leise fieses Bashing der Athener Museumsleiterin Katerina Kosinka bekommen nun eine öffentliche Sichtbarkeit und somit ein Gewicht, das sie in der spontanen Situation unter Kollegen eben nicht hatten. Diese Ambivalenz durchzieht den ganzen Film." Unsere Rezension zum Film lesen Sie hier

Hollywood-Schauspielerin Hilary Swank blickt dankbar auf die dreijährige Auszeit, die sie mit ihrem erkrankten Vater verbracht hat. "Es war eine der wichtigsten Zeiten meines Lebens, denke ich", sagte die 49-Jährige in der "Today"-Show über ihre Schauspielpause zwischen 2014 und 2017, in der sie ihren Vater nach einer Lungentransplantation unterstützt hat. "Es gab eine Menge Herausforderungen und Schwierigkeiten, aber es war außergewöhnlich und nichts, was ich jemals bereuen würde." Die Beziehung zu ihrem Vater, der 2021 starb, habe sich in der intensiven Zeit miteinander "noch weiter vertieft", erzählte Swank. "Wir hatten auch viel Spaß." Sie schätze sich glücklich, dass es ihr möglich war, die bezahlte Arbeit für so lange Zeit durch Fürsorge-Arbeit zu ersetzen. Aufgrund der Geschichte ihres Vaters habe sie einen besonderen Bezug zu ihrem neuen Drama "Ordinary Angels", das am 23. Februar in den US-Kinos startet und in dem es ebenfalls um Organspende geht. Die Oscarpreisträgerin ("Boys Don't Cry", "Million Dollar Baby") genießt eigenen Worten zufolge auch das Leben mit ihren zehn Monate alten Zwillingen Aya und Ohm. Sie könne nun die Mütter verstehen, die ihr das neue Leben mit Kindern als "die größte Freude deines Lebens" angekündigt hätten, sagte Swank. "Die Liebe ist so groß, sie ist so voller Freude, und jeder einzelne Tag, an dem ich aufwachen und mit ihnen zusammen sein darf, ist für mich die Erfüllung meines Lebens."