Medienschau

"Bonamis Moskauer Auftritt ist ein Propagandacoup"

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Wie sich westliche Kuratoren von Putin kaufen lassen, ICC soll Berlins Centre Pompidou werden und die gebrochenen Künstler des letzten Kunstmarkthypes: Das ist unsere Presseschau am Montag

Museen

"Raffinierte Ausstellungen sollen in Russland die Illusion von Normalität erzeugen", beobachtet Konstantin Akinsha in der "NZZ". Zwar lassen Sanktionen keine Leihgaben westlicher Künstler aus ausländischen Institutionen zu, aber westliche Kuratoren wie Francesco Bonami haben dennoch kein Problem, mit russischen Einrichtungen zusammenzuarbeiten. "Bonami war es egal, dass die V-A-C-Stiftung und ihre Ausstellungseinrichtung im Besitz von Leonid Michelson sind, einem Oligarchen, der unter amerikanischen und britischen Sanktionen steht. Vielleicht ist es ihm entgangen, dass Unternehmen seines neuen Arbeitgebers Raketentreibstoff, Triebwerke für Raketen wie die Grad, die Smertsch und die Uragan MLRS, Ladungen und Sprengstoff für reaktive Mehrfachraketenabschusssysteme sowie Boost-Glide-Systeme für Lenkraketen herstellen, die zur Zerstörung ukrainischer Städte und Kinderkrankenhäuser eingesetzt werden. Das Potemkinsche Kunst-Dorf der GES-2 ist eine geeignete Tarnung für solche Aktivitäten." Bonamis Moskauer Auftritt sei deshalb "ein Propagandacoup".

Der internationale Wettbewerb für die Gestaltung des seit langem leerstehenden ehemaligen Internationalen Congress Centrums (ICC) am Berliner Funkturm soll noch in diesem Jahr starten. Das kündigte Wirtschaftssenatorin Franziskai Giffey (SPD) in der RBB-Abendschau an. Nach ihren Vorstellungen soll durch den Umbau ein "Berliner Centre Pompidou" entstehen. Das 1977 in Paris eröffnete Centre Pompidou ist das Kunst- und Kulturzentrum der französischen Hauptstadt. Es beherbergt unter anderem ein Museum für moderne und zeitgenössische Kunst und eine Bibliothek. Laut Giffey soll in Kürze erstmals das umfassende Schadstoffgutachten zum ICC veröffentlicht werden. Auch die Machbarkeitsstudie für das Kongresszentrum und das angrenzende Areal solle zeitnah gemeinsam mit dem Senat für Stadtentwicklung öffentlich gemacht werden. "Das ist die Grundlage dafür, dass wir in den internationalen Wettbewerb noch in diesem Jahr in die Ausschreibung gehen können", so Giffey. "Wir werden international die besten Architekten, die besten Investoren aufrufen, sich zu beteiligen an einem Konzept für das ICC." Das seit 2019 unter Denkmalschutz stehende Gebäude zählte einmal zu den größten Kongresszentren der Welt. Es wird seit Jahren nur noch sporadisch genutzt. Giffey macht sich seit Langem dafür stark, das Gebäude nicht abzuschreiben. Der schwarz-rote Senat hatte im September 2023 beschlossen, einen internationalen Wettbewerb zu starten. Er rechnet mit Gesamtkosten von 1,6 Millionen Euro.

"Merian" stellt sieben besondere Museen in Deutschland vor, darunter das Museum der bildenden Künste in Leipzig und das ZKM in Karlsruhe.

Kunstmarkt

In regelmäßigen Abständen muss diese Geschichte von Aufstieg und Fall junger Künstler wohl immer neu erzählt werden: Die "New York Times" berichtet von Malern und Malerinnen, deren Bilder noch vor einigen Jahren auf Auktionen astronomische Preise erzielten, bevor die Sammler sich aus dem Staub machten und der Wert ihrer Werke in den Keller gingen. "2021 gaben Sammler 712 Millionen Dollar bei Auktionen für Werke von Künstlern aus, die nach 1974 geboren wurden ein gewaltiger Sprung gegenüber den 259 Millionen Dollar, die Käufer nur ein Jahr zuvor ausgegeben hatten. Doch von 2021 bis 2023 sanken die Preise für diese Künstler die in der Branche als 'ultra-zeitgenössisch' bezeichnet werden um fast ein Drittel, wie die Artnet Price Database zeigt. Experten zufolge hält der Abwärtstrend an; im ersten Halbjahr 2024 sind die Verkäufe von Werken junger Künstler im Vergleich zum Vorjahr um 39 Prozent gesunken. Die Sammler hatten die Stärke des Marktes überschätzt. Sie befürchteten, dass die Werke bald unverkäuflich sein könnten, und wollten zumindest einen Teil ihres Geldes zurückerhalten unabhängig davon, was ein öffentlicher Flop für die Zukunft eines Künstlers bedeuten könnte." Was es bedeutet, davon berichten in dem Artikel von Zachary Small und Julia Halperin unter anderem die Künstler Amani Lewis, Emmanuel Taku und Allison Zuckerman. Das Autorenduo vergleicht das Platzen der aktuellen Blase mit früheren Baissen wie nach dem Hype um "Zombie-Formalismus" vor fast zehn Jahren: "Die spektakuläre Implosion des heutigen Marktes für junge Künstler ist anders. Es fließt viel mehr Geld und viel mehr Kunst durch das System als früher. Laut der Artnet Price Database lag der Durchschnittspreis für ein zeitgenössisches Kunstwerk, das 2021 versteigert wurde, bei fast 60.000 Dollar und damit um 40 Prozent höher als während des 'Zombie-Formalismus'-Wahns."

Gesine Borcherdt ist in der "Welt am Sonntag" (bislang nur in Print) nicht damit einverstanden, dass der Kunstbetrüger Inigo Philbrick von HBO jetzt zum Serienhelden gemacht werden soll. Er werde "für seine Unverfrorenheit bewundert und beklatscht. Ob das dem Kunstbetrieb dient, seine Geschäfte zu regulieren, oder ob man anderen windigen Dealern damit in die Karten spielt, sei dahingestellt. Denn auch, wenn der globale Kunstmarkt sich ein wenig abgekühlt hat und manche Händler gerade Verluste einfahren, bleibt eine Frage offen: Wie viele Inigo Philbricks gibt es noch?"