Medienschau

"Die Duodezfürsten der Landesregierung teilen ihren Untertanen ihre Entscheidungen mit"

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Monika Grütters, Peter Raue und Carsten Brosda kritisieren Berliner Kulturkürzungen: Das ist unsere Presseschau am Mittwoch

Kulturpolitik

Die ehemalige Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU), die aus der Berliner Landespolitik kommt, sieht die aktuellen Sparmaßnahmen des CDU-geführten Berliner Senats in der Kultur kritisch. "Mir blutet das Herz, wenn ich sehe, wie viel Vertrauen in kurzer Zeit verloren gegangen ist und welche Spannungen zwischen der Politik und der Kulturszene jetzt spürbar sind", sagte Grütters, die 2025 aus dem Bundestag ausscheidet und ihre politische Karriere beendet, der "Berliner Morgenpost". "Die Kulturschaffenden fühlen sich nicht ausreichend einbezogen, wenn es um die von ihnen erwarteten Einsparungen geht." Manche Vorschläge seien "so unmöglich umsetzbar", dass sie als Affront empfunden würden, so Grütters. "Es wird nun versucht, dies zu heilen, und ich erkenne an, dass die Verantwortlichen sich darum bemühen." Sie vermisse in ihrer Partei das frühere Gewicht christlicher und sozialer Werte. "Ich finde, dass die sozialethische Komponente in der CDU derzeit zu wenig betont wird." Sie habe immer versucht, gesellschaftliche und kulturelle Fragen zusammen mit ihrem Glauben zu betrachten. "Es gibt zwar immer noch einzelne markante Sozialpolitiker, aber diese Handschrift kommt in der Partei insgesamt doch zu kurz", sagte Grütters weiter. "Gerade in Fragen wie Migration oder Bildungspolitik würde es helfen, wenn wir unsere christlichen Werte klarer und stärker einbringen würden." Die Soziale Marktwirtschaft versuche, einen Ausgleich zwischen Stärkeren und Schwächeren zu schaffen, betonte Grütters weiter. Schwächere sollten nicht Bittsteller sein, sondern hätten einen Anspruch auf Solidarität und bewahrten so ihre Würde. "Diese Haltung fehlt mir in der aktuellen Politik oft."

Auch der Jurist, Sammler und Kunstliebhaber Peter Raue kritisiert die Sparliste des Senats. Sie werde ohne Rücksprache mit den betroffenen Kulturinstitutionen erstellt, schreibt er in einem Gastbeitrag für die "SZ", "auch ohne die sehr sachkundigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Kulturverwaltung auch nur einzubeziehen. Die Duodezfürsten der Landesregierung teilen ihren Untertanen ihre Entscheidungen mit. Der ersten Liste folgt eine zweite, möglicherweise eine dritte. Alle werden wie Geheimdossiers behandelt. Weder die Mitarbeiter der Kultursenatsverwaltung noch die betroffenen Institutionen kennen den Inhalt. Manchmal sickert etwas durch, weil kulturfreundliche Spione behilflich sind."

Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD) kritisiert im "Spiegel"-Interview den Unterton der Debatte: "Wenn ich den Berliner Bürgermeister Kai Wegner höre, der davon redet, die Supermarktkassiererin könne doch nicht das Opernticket mitfinanzieren, dann hat das einen populistischen Ton, der mir auf einer grundsätzlichen Ebene Sorge macht. Davon abgesehen, dass dahinter auch eine Geringschätzung der Kassiererin steht, die angeblich nicht in die Oper geht, stellt sich noch eine größere, gravierendere Frage: Hat man, wenn man als Politiker so redet wie der Regierende Bürgermeister von Berlin, überhaupt ein Bewusstsein für den Wert von Kunst?" Er betont, dass es dabei nicht darum gehen sollte, die Kunst einem Zweck zu unterstellen, auch wenn der Zweck Inklusion und Demokratieförderung ist. D"as ist mir ehrlicherweise in der Kulturpolitik und auch in der Kulturförderung in den vergangenen Jahren zu oft gesagt worden: Geld kriegst du aber nur, wenn du Diversität förderst, wenn du Inklusion förderst, wenn du nachhaltig bist. Und wenn dann nebenbei noch Kunst rauskommt, ist auch schön." Als positives Beispiel nennt Brosda die Choreografin und die Nummer eins der aktuellen Monopol-Top-100 Florentina Holzinger: "Auch Holzinger macht zunächst einmal radikal Kunst. Das ist der Ausgangspunkt ihrer Werke. Und sie schafft dabei diverse und inklusive Welten. Das ist ganz großartig. Aber auch sie macht Diversität und Inklusion nicht zum Zweck ihrer Kunst. Der Unterschied liegt darin, wer die Entscheidung trifft. Problematisch wird es, wenn wir als Förderer sagen, Geld gibt es nur, wenn deine Kunst so oder so ist. Dann engen wir die Kunst ein und berauben sie ihrer eigenen Kraft."