Medienschau

"Ich lade die örtliche CDU zum Battle-Rap ein"

artikelbild_monopol-medienschau

Der Sammler David Walsh im Porträt, Yael Bartana im Interview und immer noch Aufregung in Osnabrück: Das ist unsere Presseschau am Dienstag

Debatte

Nach einem Boykott-Aufruf der CDU zu einer neuen Ausstellung in der Osnabrücker Kunsthalle haben andere Parteien in der Stadt die Kritik zurückgewiesen und die Bedeutung der Kunstfreiheit hervorgehoben. "Ich lade die örtliche CDU zum Battle-Rap ein, in die Kunsthalle", sagte die von der CDU kritisierte Künstlerin Sophia Süßmilch jetzt der "taz". "Dabei hat sie in Folge der Veröffentlichung der CDU-Erklärung Morddrohungen erhalten: 'Da hieß es dann, ich könne froh sein, dass hier keine Selbstjustiz herrscht, sonst würde ich an der nächsten Straßenlaterne hängen.' Juliane Schickedanz, Direktorin der Kunsthalle, hat von den CDU-Vorwürfen erst aus der Presse erfahren, sagt sie. 'Die Kunstfreiheit ist unumstößlich!' Die Kritik bestätige die Relevanz der Einrichtung. 'Wir legen Finger in Wunden', sagt Anna Jehle der taz, die mit Schickedanz eine Direktions-Doppelspitze bildet. Es gehe hier nicht allein um Süßmilch. 'Hier wird die Halle generell infrage gestellt', so Jehle." "Taz"-Autor Harff-Peter Schönherr kennt auch die Vorgeschichte: "Oberbürgermeisterin Katharina Pötter (CDU) möchte die Kunsthalle seit Jahren in eine programmatisch unspezifische Begegnungsstätte verwandeln, einen sogenannten 'Dritten Ort'. Die Ratsmehrheit ist dagegen. Der Verdacht liegt nahe, dass ihre Partei 'Kinder, hört mal alle her!' nutzen will, um ihren Kampf fortzuführen." Alexander Menden fasst in der "SZ" zusammen: "Das Ganze wirkt wie ein Paradebeispiel für das, was passiert, wenn künstlerische Hyperreflexion auf lokalpolitische Erregungsreflexe trifft. Anlass zu Schließung oder Boykott: null."

Um Kunstfreiheit geht es auch in einem Gastbeitrag des Hamburger Kultursenators Carsten Brosda in der "SZ", doch aus einem anderen Anlass: dem Vorschlag der Berliner Justizsenatorin, Fördergelder an die Verfassungstreue von Künstlerinnen und Künstlern zu koppeln. "Tauglich ist auch der neuerliche Anlauf nicht. Er bedroht vielmehr jene Zusammenhänge, die er zu schützen vorgibt. Es ist höchste Zeit, daran zu erinnern, dass die Freiheit der Kunst keine Gefahr für eine freie Gesellschaft darstellt. Sie ist vielmehr eines ihrer Wesensmerkmale. Mit allen Risiken und Nebenwirkungen."

In einem lesenswerten "Artnet"-Essay fragt sich Kate Brown, ob Social-Media-Algorithmen die Performance-Kunst verändern: "Was sich durchsetzt und gesehen wird, hängt eng damit zusammen, was in die Regeln der Viralität passt. In 'Contagious, Why Things Catch On' nennt der SEO-Marketingprofi Jonah Berger das Rezept für virale Inhalte: soziale Währung, Auslöser und Emotionen gehören dazu. Mit anderen Worten: Was hochgradig evokativ ist (selbst wenn es nur formal ist), was auf populäre Schlüsselwörter zutrifft und was über starke Fähigkeiten verfügt, eine große soziale Gruppe fließend anzusprechen, wird sich durchsetzen. Und in einer Welt, in der Zeit und Aufmerksamkeit stückchenweise aufgeteilt werden, scheinen Kunstinstitutionen mehr denn je geneigt zu sein, Kunstaktionen zu veranstalten, die diesem Erfolgsrezept folgen."

Interview

Yael Bartana spricht im "Tagesspiegel" mit Nicola Kuhn darüber, wie es sich anfühlt, als Israelin im deutschen Pavillon der Venedig-Biennale auszustellen: "Es ist kompliziert. Ich höre Stimmen, die ihrer Regierung gegenüber kritisch eingestellten Israelis Antisemitismus vorwerfen. Viele denken in Schubladen. Aber das Leben ist eben kompliziert. Und wir müssen gegen jede Form von Faschismus und Rassismus angehen – ich mit den Mitteln der Kunst, der Visualität, die ungeheuer wirkungsvoll sein kann."

Kunstmarkt

In der "Welt" stellt Eva Biringer den Sammler David Walsh vor, der in Tasmanien das Privatmuseum Mona gegründet hat: "David Walsh, oft leicht alkoholisiert und in zerschlissenen Band-T-Shirts unterwegs, gilt als belesener, aber verschrobener Querkopf. Seine Lieblingsthemen (nicht nur) in Bezug auf die Kunst sind 'sex' und 'death'. Fünf Kuratoren beraten den 63-Jährigen beim Einkauf, wobei er sich nur bedingt hineinreden lässt und Wertsteigerung kein Argument ist."