Medienschau

"Die Verlierer von einst haben sich in die Sexsymbole von heute verwandelt"

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Sanierung des Pergamonmuseums wird mindestens 121 Millionen Euro teurer, Frust bei Besuchern der Caspar-David-Friedrich-Schau und die Erotik von Nerds: Das ist unsere Presseschau am Freitag

Museen

Die Sanierung des Pergamonmuseums in Berlin kostet mindestens 121,4 Millionen Euro mehr als bislang bekannt, hat der "Der Spiegel" herausgefunden: "Die jüngste bekannte Kostenschätzung der Behörde beträgt 1,5 Milliarden Euro. Diese Summe bezieht sich jedoch nur auf die Grundinstandsetzung und Ergänzung des Museums. Es kommen noch zwei weitere Maßnahmen hinzu: Die Restaurierung und Baufreimachung kostet mindestens 86,8 Millionen Euro. Für die Ausstellungsgestaltung und Einrichtung des ersten Museumsteils sind derzeit 34,6 Millionen Euro vorgesehen. Die Summen sind bereits genehmigt. Für die Ausstellungsgestaltung des zweiten Teils gibt es noch keine Kostenschätzung." Est sei davon auszugehen, dass die Kosten noch weiter steigen. 

Nach rund acht Wochen haben bereits 157 000 Besucher die Schau "Caspar David Friedrich. Kunst für eine neue Zeit" in der Hamburger Kunsthalle gesehen. Nicht alle davon sind glücklich, wie das "Hamburger Abendblatt" berichtet: Laut Leserbriefen komme es des Öfteren zu Staus und Wartezeiten, schon im Garderobenbereich und Treppenhaus. "Massen von Menschen wurden durch die Ausstellung geschoben", schreibt eine Leserin. "Ich musste abbrechen, so etwas habe ich noch nicht erlebt. Was ist das Ziel dieser Ausstellung? Ist es Ziel, die Menschen an Kunst und Kultur heranzuführen, oder war es das Ziel, hier Geld zu machen?"

Erinnerungskultur

In der "Zeit" denkt Marlene Militz darüber nach, wie sehr sich die Kultur öffentlicher Denk- und Mahnmäler und die Debatten, die sie anstoßen, verändert haben. Einen besonderen Fokus legt der Artikel auf das Mahnmal gegen Faschismus von Jochen Gerz und Esther Shalev-Gerz in Hamburg-Harburg: von 1986, einen etwa zwölf Meter hohen, mit Blei umzogenen Pfeiler, der Stück für Stück in den Boden sinket. "Vorbeigehende Menschen waren aufgefordert, auf ihm zu unterschreiben, gewissermaßen mit ihrem Namen dafür zu bürgen, dass der Faschismus nicht noch einmal in Deutschland Fuß fassen kann." Doch es gebe Zeiten für Unsichtbarkeit und Zeiten, da braucht es Sichtbarkeit, meint Marlene Militz: "Wenn also die Menschen ihre Verpflichtung zur Gedenkarbeit vernachlässigen, könnte doch das 1993 versenkte Mahnmal selbst eine aktive Rolle in der Konstellation des kollektiven Gedächtnisses übernehmen. Allmählich könnte es wieder aus dem Boden auftauchen, Zentimeter für Zentimeter, und die Namen, die für den Kampf gegen den Faschismus und für das überstrapazierte "Nie wieder" gebürgt haben, zum Vorschein bringen.

Stil

Phillip Pyle schreibt in "032c" über die Erotik von Nerds: "Die Verlierer von einst haben sich in die Sexsymbole von heute verwandelt, zumindest für ein paar Saisons." Die widersprüchliche Figur des Nerds verkörpere "eine Ökonomie, die versucht, aus allen Archetypen pornografisches Potenzial herauszuholen, auch aus denen, die als sexlos gelten. In einer pessimistischen Lesart könnte ihr modisches Auftauchen als eine Perversion von 'Leben imitiert Kunst' in 'Leben imitiert Porno' gesehen werden."

KI

OpenAI erzeugt nun auch KI-Videos: Die Macher von ChatGPT haben ein neues Werkzeug vorgestellt, das auf Textbefehl bis zu 60-sekündige Videoclips erzeugt. Im Netz machen die ersten Beispielvideos die Runde und stoßen auf Bewunderung, wie "Der Spiegel" berichtet.

Auf die Kunst im Zeitalter der fünften industriellen Revolution, also die der KI, schaut Christiane Fricke im "Handelsblatt". Dafür hat sie sich in der Kölner Galerie Priska Pasquer, bei einer Ausstellung und einem Diskussionsabend zum Thema: "'Das ist massiv disruptiv, was da passiert', fasste Pasquers Ehemann und Neuland-Gründer Karl-Heinz Land die Umwälzungen zusammen. Über 250 Jahre hätten die ersten vier Stufen der industriellen Revolution gebraucht, beginnend mit der Erfindung der Dampfmaschine 1750. Die letzte Stufe brauche nur zehn, 20 Jahre. Den meisten Anwesenden wird in Anbetracht dieser Entwicklung nicht schwindelig, zumal Karl-Heinz Land stark vermutet, dass KI in dieser Stufe – so wie vorher Dampfmaschine, Elektrifizierung, Automatisierung und das Internet – 'wahrscheinlich der wesentliche Wohlstandstreiber' sein wird. Seine Gäste sind Kunden von Neuland.ai und haben sich damit bereits auf den Weg durch die digitale Transformation gemacht."


Bestattungskultur

Den Wunsch, den geliebten Vierbeiner auch über den Tod hinaus an seiner Seite zu wissen, scheinen nicht nur viele Tierbesitzer unserer Zeit zu hegen: Schon vor mehr als 2000 Jahren ließen sich Menschen mit Tieren bestatten. Wie eine Forschungsgruppe aus Italien und der Schweiz im Fachjournal "PLoS ONE" beschreibt, fanden in einer antiken Gemeinschaft im heutigen Norditalien neben Haustieren wie Hunden auch Nutztiere wie Pferde, Kühe oder Schweine ihren Weg in die Grabstätten der Menschen. In einer archäologischen Stätte bei Verona entdeckten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter den 161 Menschen, die dort im 3. bis 1. Jahrhundert vor Christus beerdigt wurden, Überreste von 16 Menschen, die mit Tieren oder Teilen von Tieren bestattet wurden. Einiger der Gräber enthielten etwa die Überreste von Tieren, die schon damals üblicherweise von Menschen gegessen wurden - darunter viele Schweine, ein Huhn sowie einen Teil einer Kuh. Daneben entdeckte das Forschungsteam aber auch, dass vier der dort bestatteten Menschen mit Hunden und Pferden begraben wurden, die üblicherweise nicht gegessen werden. Der Grund für diese gemeinsamen Beerdigungen ist unklar. Die Forschungsgruppe versuchte zwar, Muster zu finden, welche die Tierbestattungen erklären könnten. Allerdings zeigten Analysen, dass die mit Tieren bestatteten Personen nicht eng verwandt waren, was auf die Tradition oder Praxis einer bestimmten Familie hätte schließen lassen können. Generell sind die bestatteten Menschen sehr unterschiedlich. So fanden die Forschenden etwa ein Baby mit einem kompletten Hundeskelett, eine Frau, die mit einem ganzen Pferd und mehreren anderen Pferdeteilen begraben wurde, sowie einen Mann mittleren Alters mit einem kleinen Hund. Das Fehlen von Mustern macht es schwer, die genauen Beweggründe für die gemeinsamen Bestattungen zu erkennen. Das Team vermutet dahinter einerseits religiöse Bräuche. Häufig verzehrte Tiere wie Schweine, Hühner oder Kühe könnten als Speiseopfer für die Toten gedient haben. Hunde und Pferde hätten in antiken Kulturen oft eine gewisse religiöse Symbolik. Möglich sei aber auch, dass die gemeinsamen Bestattungen ein Zeichen von engen Mensch-Tier-Freundschaften waren, so die Forschungsgruppe. Denkbar sei aber auch eine Kombination aus beidem. Die Gräber und deren Inhalte können nach den Worten der Forschenden Aufschluss oder zumindest Hinweise über noch völlig unbekannte Rituale und Glaubensvorstellungen in Italien vor mehr als 2000 Jahren geben.