Medienschau

"Die freie Kunst wird hier instrumentalisiert"

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Boykotte als Tod des Austauschs, Kunst im Dienste der Politik und eine Bilanz der Art Düsseldorf: Das ist unsere Presseschau am Montag
 

Venedig-Biennale

Über die verschiedenen Boykottaufrufe zur Biennale di Venezia schreiben Nicola Kuhn, Krist Gruijthuijsen und Birgit Rieger im "Tagesspiegel". "Kann ein Land, das sich im Krieg befindet, auf der Biennale mit einer Ausstellung präsent sein?", fragt Gruijthuijsen, der Leiter der Kunst Werke in Berlin. "Ich glaube daran, dass Kunst Dialoge beginnen und Wege öffnen kann. Als Alternative zum Boykott kann man über die Nutzung eines Pavillons nachdenken, in dem widerstreitende Meinungen und Sichtweisen präsentiert werden, und so einen Ort für einen offenen, konstruktiven Austausch zu schaffen, der konstruktive Zukunftsszenarien entwirft."


Debatte
 
Nach Antisemitismus-Vorwürfen gegen das Architekturdepartment der Technischen Hochschule ETH Zürich und der Ausladung des Politaktivisten Léopold Lambert aufgrund von isrealfeindlichen Äußerungen sprechen nun die Verantwortlichen. Im Interview mit der "NZZ" beantworten Rektor Günther Dissertori, Departementsleiter Matthias Kohler und Professor Philip Ursprung die Fragen von Lucien Scherrer. Kohler bestreitet ein strukturelles Problem mit Antisemitismus bei Mitarbeitern des Instituts: "Wir sind im Departement etwa 2500 Leute aus rund 50 Nationen. Wir sind eine komplexe Umgebung, auch der Diskurs wird differenziert geführt, unterschiedliche Meinungen sollen geäussert werden. Das ist die Basis der wissenschaftlichen Forschung und des Kulturaustauschs. Die Meinungsfreiheit ist zentral, auch privat. Aber es gibt Grenzen. Unser Ziel ist ein friedliches Zusammenleben. Gerade in schwierigen Zeiten. Als Professor und ehemaliger Student habe ich ein sehr gutes Gefühl für dieses Departement – und ich kann klar sagen, dass es keinen strukturellen Israel-Hass gibt und ich auch keinen Antisemitismus erlebe. Gewaltverherrlichung und Infragestellung des Staates Israel entsprechen nicht unseren Werten. Natürlich gibt es heikle Fälle. Die gehen wir an, nehmen die Verantwortlichen in die Pflicht und treffen Massnahmen."
 

Anlässlich der Klimabiennale in Wien denkt Sophie Jung in der "Taz" über die Politisierung der Kunst nach: "Man kann sagen, die freie Kunst wird hier instrumentalisiert, auch für das Stadtmarketing von Wien. Der Weg zur Auftragskunst ist nicht sehr weit. Derzeit wird viel über politische Einflussnahme auf die Kunst debattiert. Am Donnerstag noch übergab die Initiative #standwithdocumenta eine Petition an den Aufsichtsrat der documenta gGmbH, um sich gegen die Einführung von Verhaltensregeln für die zukünftigen künstlerischen Lei­te­r:in­nen der documenta zu stellen. Es heißt, 'Codes of Conduct' würden die Kunstfreiheit einschränken. Vielleicht sollte man mit Kritik woanders ansetzen, nämlich an einem derzeitigen Verständnis von freier Kunst, die einer politischen Agenda dienen solle.


Der "Spiegel" beschäftigt sich noch einmal mit dem in Deutschland geborenen ehemaligen Uffizien-Direktor Eike Schmidt, der nun auf dem Ticket der Rechts-Koaltion von Ministerpräsidentin Meloni Bürgermeister von Florenz werden will. Im Wahlkampf inszeniere sich der Quereinsteiger als "Sheriff mit scharfen Sprüchen", schreiben Frank Hornig und Ulrike Knöfel . "Als einer, der endlich Ordnung schaffen kann in seiner Wahlheimat. Schmidt glaubt, dass diese sich im Niedergang befinde. 'Überall werden Wände mit Graffiti beschmiert', sagt er. Zudem kämen viele Touristen nicht wegen der Kultur in die Stadt, sondern um sich zu betrinken. 'Es gibt in Florenz ein großes Pro­blem mit der öffentlichen Sicherheit.'"Für die nächsten Wochen erwartet das Autoren-Duo einen "Wahlmapf zwischen Medici und Meloni": "Schmidt hat zwar noch nie eine Wahl bestritten oder gar gewonnen. Aber die vielleicht wichtigste Voraussetzung für eine politische Karriere bringt er mit – ein überaus großes Selbstvertrauen."
 

Porträt

Die "FAZ" veröffentlicht in "Bilder und Zeiten" ein langes Porträt des albanischen Künstlers Anri Sala. "Salas Kernkompetenz ist es, Unsichtbares sichtbar zu machen, Brüche in der Geschichte aufzuzeigen", schreibt Stefan Trinks. "Sala verwebt aber auch die Eigenschaften eines Mediums mit denen eines anderen: Er filmt Musik, schneidet Filme nach bestimmten Rhythmen und musikalischen Kompositionen. Zweifelsohne ist Sala überwiegend für seine Filme und kinematographischen Installationen bekannt. Umso mehr überrascht aktuell in Seoul eine Galerieausstellung mit einer auf den ersten Blick für den Künstler völlig neuen, aber hochinteressanten Werkgruppe, die das Thema Zeit erneut in eigenwilliger Weise thematisiert: Fresken. Für die menschheitsalte Technik schießt er auf dem Zeitstrahl in seine eigene Vergangenheit zurück, zu seinem Kunststudium an der Albanischen Kunstakademie in den Jahren 1992 bis 1996, in dem er – Abstraktion war böse, solides Handwerk war alles – auch in der Technik des Freskierens ausgebildet wurde."
 

Kunstmarkt

Ganz so schockverliebt, wie es sich in der wahrscheinlich von der Redaktion verfassten Überschrift und dem Vorspann liest ("Schlank und schön. Die Art Düsseldorf zeigt, wie weit man es in der Regionalliga des Markts bringen kann. Manch einer findet: Attraktiver ist nur noch die große Konkurrentin an der Seine."), ist Georg Imdahl in der "FAZ" dann doch nicht von der sechsten Ausgabe der Kunstmesse, aber doch schon angetan: "Schwer zu toppen ist tatsächlich der Wohlfühlfaktor im ehemaligen Stahlwerk der Böhlerhallen mit ihrem Tageslicht. Ein Händler aus Düsseldorf bemüht nicht nur Lokalpatriotismus, wenn er die Art Düsseldorf als die zweitschönste Messe nach der Paris+ im Grand Palais Éphémère bezeichnet. Jetzt, da alles ökonomisch etwas ernster wird, soll sie den Beweis antreten, dass Erfolg in einem insgesamt schwächelnden Markt – und nach dem Wegfall der Subventionen in der Pandemie – möglich ist. Viele der 106 Teilnehmer mit überschaubarem Auslandsanteil wollen das aus nachvollziehbaren Gründen mit Malerei bewerkstelligen. Die fällt häufig ansprechend, nicht aber bahnbrechend aus."
 

Mode

Am Freitag starb der italienische Modedesigner Roberto Cavalli im Alter von 83 Jahren nach langer Krankheit in seiner Heimatstadt Florenz (hier unser Nachruf). Als eine der Ersten teilte Heidi Klum auf Instagram ein Foto, auf dem sich das deutsche Supermodel und der Modeschöpfer auf den Mund küssen. "Ich vermisse dich, Roberto Cavalli", schrieb sie. Auch Spice Girl Victoria Beckham zeigte sich von seinem Tod erschüttert. "Es tut mir so leid, die traurige Nachricht von Robertos Tod zu hören", so Beckham. "Er wird für immer eine Ikone sein." Cavalli hatte Anfang der 2000er-Jahre die Outfits für die britische Pop-Girlgroup Spice Girls rund um Beckham alias Posh Spice entworfen. Das brasilianische Topmodel Adriana Lima lobte ebenfalls in einem Instagram-Post Cavallis "unerschrockenen Stil und Geist". "Wir haben heute eine Legende verloren. Ruhe in Frieden", schrieb Lima. Aus der Welt der Sternchen meldete sich auch die US-amerikanische Sängerin und Schauspielerin Jennifer Hudson zu Wort und bezeichnete Cavalli als einen ihrer Lieblingsdesigner. "Ein wahrer Künstler in jedem Sinne des Wortes! Cavalli hat die Welt zu einem schöneren Ort gemacht und er wird schmerzlich vermisst werden."


Film

Die zweifache Oscar-Preisträgerin Emma Stone möchte mit ihrem Ehemann Dave McCary bei einem Filmprojekt gemeinsame Sache machen. Stone könnte für das Studio Universal Pictures die Hauptrolle in einem noch titellosen Film übernehmen, bei dem McCary Regie führen soll, berichten "Variety" und "Hollywood Reporter". Als Produzent ist unter anderem Shawn Levy ("Nachts im Museum") mit seiner Firma 21 Laps beteiligt. Auch Stone und McCary wollen mit ihrer Firma Fruit Tree bei der Produktion helfen. Stone hatte im März mit ihrer Hauptrolle in der grotesken Komödie "Poor Things" unter der Regie von Giorgos Lanthimos erneut den Oscar geholt. Ihren ersten Hauptdarsteller-Oscar gewann sie 2017 für "La La Land". McCary ist auch als Komödiant und Drehbuchautor tätig. 2017 gab er mit dem Comedy-Drama "Brigsby Bear" sein Spielfilm-Regiedebüt. Bei den diesjährigen Filmfestspielen in Cannes treten Stone und Regisseur Giorgos Lanthimos mit ihrem gemeinsamen Film "Kinds of Kindness" im Wettbewerb an. Ende Februar war bekannt geworden, dass sie ein weiteres Spielfilmprojekt in Angriff nehmen wollen. Demnach soll Stone eine Rolle in einer schwarzen Komödie übernehmen, die Lanthimos als Remake der südkoreanischen Fantasy-Comedy "Save the Green Planet" (2003) plant. Noch in diesem Sommer soll gedreht werden.