Medienschau

"Warum sammelt ein Mann Kunst wie andere Briefmarken?"

Monopol Medienschau

Was passiert mit der Kunstsammlung von Bruno Stefanini? Warum stellt sich jemand nackt ins Museum? Was treibt den Künstler Halil Altındere an? Das ist unsere Presseschau am Freitag

Museen

Nachdem die Hilma-af-Klint-Biografin Julia Voss zum Streit um den Nachlass der Malerin schon in mehreren Artikeln als Expertin aufgetaucht ist, schreibt sie nun selbst in der "FAZ" zu dem drohenden Ausstellungsverbot: "Die schwedische Tageszeitung 'Dagens Nyheter' berichtet über Erik af Klints Pläne, die Gemälde in Zukunft nur einem ausgewählten Personenkreis zugänglich zu machen, dessen 'spirituelle Suche im Einklang mit Hilmas' sei. Wer nicht dazuzählt, sagt Erik af Klint auch: Muslime und Hindus. So will er die Stiftungssatzung verstehen. Und zieht dafür vor Gericht. Was Hilma af Klint davon halten würde? Erik af Klints Forderungen könnten in keinem größeren Gegensatz zu ihrem Werk stehen. In ihren Gemälden wechseln nicht nur malerische Stile, von riesigen Abstraktionen bis zu kleinen detailgenauen botanischen Studien. Die Künstlerin hörte außerdem eine Vielzahl von Stimmen, mit denen sie einen lebenslangen inneren Dialog führte, aufgezeichnet in Dutzenden Notizbüchern. Eine dieser Stimmen heißt 'Ananda'. Den Buddhisten gilt er als Lieblingsjünger ihres Gründers. Im Hinduismus bedeutet das Wort 'Glückseligkeit'. Hilma af Klint schuf Gegenbilder zum Dogmatismus." Für die "Welt" schreibt Hans-Joachim Müller über den Fall, und er scheint es nicht schlimm zu finden, wenn die Bilder bald in einem Tempel verschwinden würden: "Die Pioniere Wassily Kandinsky oder Kasimir Malewitsch, denen Hilma af Klint inzwischen ranggleich beigesellt wird", hätten "auf den bildnerischen Zwangscharakter der Kollegin" nur mit Mitleid geblickt. "Hilma hätte das Himmelstheater um sie gelassen ertragen. Was wissen all die Leute schon von fernmündlicher Regie beim Bildermachen? Was wissen sie von den Stimmen und Visionen, die die unfreiwillige Malerin zu leeren Farbgeometrien angestiftet und ganz gewiss nicht ermutigt haben, damit im gnadenlosen Aufmerksamkeitswettkampf der Zeitkunst zu bestehen? Es sind halt höhere Wesen, die nun befehlen, zu reprivatisieren, was nie öffentlich sein sollte."

Die Tate entlässt sieben Prozent ihres Personals, meldet die "Financial Times". "Das renommierte britische Museum kämpfe darum, vor den Spendenrunden in diesem Jahr die Gewinnzone zu erreichen, um ihre Wachstumspläne zu unterstützen, so mit der Situation vertraute Personen."

Kunstmarkt

Gleich zwei lange Artikel widmet die "SZ" dem 2018 verstorbenen Schweizer Kunstsammler und Immobilienbesitzer Bruno Stefanini. Was passiert mit den Hinterlassenschaften, fragt Nicolas Freund nach einem Besuch des Depots: "Eigentlich muss man das, was da im Keller unter dem Sulzer Hochhaus in Winterthur sowie an mehreren anderen, teils geheimen Orten in der Schweiz lagert, eher als Kulturgütersammlung bezeichnen. Oder als jüngere Geschichte Europas in 100 000 Gegenständen. Denn zu der Sammlung gehören neben Kunstobjekten auch zahllose Möbel jeder Art, dazu Kleidungsstücke, Bücher, Waffen, Spielzeuge und ein paar Tausend andere Dinge wie Wollknäuel oder Metallstäbchen, bei denen bisher nicht so ganz klar ist, worum es sich dabei handelt." Warum sammelt ein Mann Kunst wie andere Briefmarken - und lässt sie dann im Keller verschimmeln? Das fragen sich Charlotte Theile und Christian Schepsmeier in einem weiteren Artikel. "Stefanini wusste, dass ein großer Teil der von ihm gekauften Kunst verrottete oder anderen Schaden nahm. Und er spürte selbst, dass er immer wieder zerstörte, was er bewahren wollte. Seine Tagebücher sind voller sorgenvoller Gedanken – und dann wieder dem Drang, etwas Gutes für die Welt zu tun, Museen zu gründen, Ausstellungen zu ermöglichen. Er fand oft nicht in den Schlaf." Das Autorenteam hat 2024 einen ganzen Podcast über den Schweizer Kunstsammler veröffentlicht: "Der Planet Bruno Stefanini", hörbar auf allen Plattformen.

Performance

Drei Darstellerinnen und Darsteller haben im Kunsthaus Zürich Performances von Marina Abramović nachgestellt. Das Schweizer Fernsehen hat sie getroffen und gefragt: Was geschieht, wenn man sich nackt den Begegnungen mit Fremden aussetzt? Die Schauspielerin Ailin Nolmans etwa möchte "vor allem Grenzen ausloten. Als 17-Jährige hat sie sexuelle Gewalt erleben müssen, konnte sich aber aus eigener Kraft aus der bedrohlichen Situation befreien. Die Stärke, die sie damals in sich fühlte, will sie immer wieder spüren. Es ist der Glaube daran, dass durch wiederholtes Erleben von Schmerz eine Transformation stattfinden kann, der Nolmans und Abramović eint." Nolmans berichtet von unerwünschten Nachrichten und Berührungen. Worauf sich alle drei aber einigen können: "Der Zusammenhalt unter den Performern sei einzigartig gewesen – er habe sie durch die Momente von Schmerz und emotionalen Herausforderungen getragen".

Interview

In der "Welt" spricht der kurdische Künstler Halil Altındere über seine künstlerische Auseinandersetzung mit Menschen, die Hoffnung und Lebensmut in sich tragen, obwohl sie häufig in schwierigen sozialen oder kulturellen Umständen leben. Altındere, der selbst aus einer belasteten sozialen Situation stammt, nutzt seine Kunst als Plattform, um ihre Geschichten zu erzählen. Im Gespräch mit Cigdem Toprak erklärt der 53-Jährige, warum er Pop-Art liebt und wo die Grenzen der Kunst liegen. Außerdem spricht er über seine kurdische Identität: "Weil ich aus dem Osten stamme und Kurde bin, haben oft Leute in der Kunstwelt eine vorgefertigte Schablone für mich: 'Er geht ins Ausland, weil er ein Kurde ist, deshalb wird er dort gemocht.' Dazu hätte ich viel zu sagen – aber ich habe immer mit meiner Kunst geantwortet."

Architektur

Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der "Arts Décoratifs"-Ausstellung in Paris, die der Art Deco ihren Namen gab, schaut "Dezeen" auf die Bewegung und ihr Erbe. In einem Artikel wird das Schaffen des Architekten Raymond Hood betrachtet, der laut Paul Goldberg in der "New York Times" vielleicht "der größte Einfluss auf die Form von Wolkenkratzer des 20. Jahrhundert" war. Sein erstes großes Projekt war der Tribune Tower für Zeitungsmagnat Robert Rutherford McCormick in Chicago, gebaut noch überwiegend im damals prominenten Stil der Neo-Gotik. Lange Fenster und weniger Verzierung der Fassade ließen aber die kommende Veränderung schon erahnen. Mit dem Beginn des Booms der 1920er-Jahre stieg der Wunsch nach einem Stil, der die wirtschaftlichen Umschwünge und die Erstarkung des privaten Sektors repräsentierte. Diese Entwicklung spiegelt beispielsweise der von Hood entworfene American-Radiator-Wolkenkratzer wider, der nur leicht neo-gotische Züge hat, oder das schon sehr reduzierte Daily News Building. Sein größtes Projekt, ganz im Stil des Art Deco war das Rockefeller Center, ein Komplex aus 14 Gebäuden, die alle architektonischen Merkmale der Bewegung aufweist, wie die charakteristischen Stufenfassaden, Goldelemente, geometrischen Gestaltungsdetails und Flachreliefs. Einen interessanten Überblick über die bekanntesten Art-Deco-Gebäude Amerikas gibt dieser Artikel der Serie.