Medienschau

Kunst als Sphäre für Experimente und Risiken, für Verrücktheit und Nutzlosigkeit

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Das ambivalente Verhältnis von Kunst und Mode, die zehn Gebote bei Sotheby's und was Matthew Wong mit van Gogh gemeinsam hatte: Das ist unsere Presseschau am Freitag

Debatte

Ist Luxusmode gut für die Kunst - oder untergräbt sie deren eigentlichen Sinn? Das Geld aus der Fashionindustrie sei "auf jeden Fall besser als die ruchlosen Quellen des Reichtums, die durch den undurchsichtigen Kunstmarkt geleitet werden", dachte "Art in America"-Autorin Emily Watlington einmal. Aber ihr Urteil hat sich gewandelt, wie sie in einem Essay schreibt. Doch dann sah sie aktuelle Kampagnenfotos von Carrie Mae Weems für Bottega Veneta und von Nan Goldin für Gucci und begann darüber nachzudenken: "Was es wirklich wert ist, gegen die zusammenfallenden Welten der Kunst und des Luxus verteidigt zu werden, ist nicht die Exklusivität oder der Insider-Baseball der Kunstwelt. Es ist die Sphäre, die für Experimente und Risiken, für Verrücktheit und Nutzlosigkeit, für Kunst, die herausfordern, erfreuen und überraschen kann, reserviert ist." Andererseits gebe es Marken wie Dior und Chanel, die Museumsausstellungen sponsern, Anzeigen in Kunstmagazinen kaufen und Künstler für Kooperationen gewinnen. "Sie unterstützen die Ökosysteme, die Kunst zu Kunst machen, anstatt alles für sich selbst zu verschlingen und in etwas anderes zu verwandeln. Denn ohne diese Ökosysteme und ihre Dialoge wäre nicht nur die Kunst einfach weniger gut ... es würde auch weniger Gelegenheiten geben, Ihre schicken Outfits auf Galas zu zeigen!"

Kunstmarkt

Wie die "New York Times" berichtet, versteigert Sotheby's eine Steintafel der Zehn Gebote, die nach Angaben des Auktionshauses aus der Zeit zwischen 300 und 800 n. Chr. stammen soll - und somit die älteste der Welt wäre. Die Steintafel wurde 1913 beim Bau einer Eisenbahnstrecke im heutigen südlichen Israel gefunden und soll unter anderem als Bodenplatte in einem Haus gedient haben. "Glücklicherweise ist der Text noch lesbar, aber in der Mitte, wo die Menschen darüber gelaufen sind, ist er stark abgenutzt", sagt Selby Kiffer, Spezialist für Bücher und Manuskripte bei Sotheby's. Trotzdem meldet die "New York Times" Zweifel an, die von Experten gestützt werden: Brian I. Daniels vom Penn Cultural Heritage Center in Philadelphia sagte der Zeitung: "Unter Objekten aus dieser Region der Welt wimmelt es von Fälschungen". Christopher A. Rollston von der George Washington University schrieb der Zeitung in einer E-Mail, dass einige Wissenschaftler es für möglich halten, dass dieser Stein zum Zeitpunkt seiner Entdeckung gemeißelt worden sein könnte, also vor nicht allzu langer Zeit. Sotheby's gibt an, dass diese samaritanische Inschrift der Zehn Gebote etwa 1500 Jahre alt ist. "Aber es ist unmöglich, dies sicher zu wissen. Schließlich wurden sie nicht bei einer archäologischen Ausgrabung gefunden. Wir wissen nicht einmal, wer sie tatsächlich gefunden hat", sagt Rollston. Das dritte Gebot fehlt, dafür ist auf der Tafel eine zusätzliche Anweisung zu finden, die Anbetung auf dem Berg Garizim, der sich im heute Westjordanland befindet. Fälscher fügten in den letzte 150 Jahren häufiger überraschende Inhalte ein, um mehr Interesse an ihrer Fälschung zu wecken, ruft Rollston ins Gedächtnis. Wie die Bieterinnen und Bieter entscheiden werden, zeigt sich am kommenden Mittwoch, wenn die Gebotstafel in New York versteigert wird.

Kunstgeschichte

Der russische Maler Wassily Kandinsky gilt als Wegbereiter der abstrakten Malerei. 1912 veröffentlichte er mit Franz Marc den Sammelband "Der Blaue Reiter" – eine der wichtigsten Programmschriften der Kunst des 20. Jahrhunderts. Vor 80 Jahren ist er gestorben, Deutschlandfunk erinnert an den Künstler in der Reihe "Kalenderblatt". Zur Wort kommt darin auch Matthias Mühling, Direktor der Städtischen Galerie im Lenbachhaus. 

Ausstellung

Im Kunsthaus Zürich ist eine Gegenüberstellung von Matthew Wong und Vincent van Gogh zu sehen. Der chinesisch-kanadische Künstler hat sich bei dem Niederländer Inspiration geholt, schreibt Philipp Meier in der "NZZ": "Wie van Gogh litt auch Wong unter einer psychischen Krankheit. Bei van Gogh war sie psychotischer und halluzinatorischer Natur. Bei Wong waren es Depressionen. Hinzu kamen Autismus und das Tourette-Syndrom, eine neuropsychiatrische Erkrankung, die sich in motorischen Störungen bemerkbar macht."

Film

Der Vatikan-Thriller "Konklave" des in Wolfsburg geborenen Regisseurs Edward Berger ist bei den Critics Choice Awards mit elf Nominierungen einer der Spitzenkandidaten. Gleich viele Gewinnchancen hat die Verfilmung des Broadway-Musicals "Wicked", gefolgt von dem Science-Fiction-Drama "Dune: Part Two" und dem Musicalfilm "Emilia Pérez" mit je zehn Nominierungen. Der renommierte Kritikerverband Critics Choice Association gab die Anwärter in Los Angeles bekannt. Mit knapp 600 Mitgliedern ist es der größte Kritikerverband für Film und Fernsehen in den USA und Kanada. Die Preisgala der 30. Critics Choice Awards soll am 12. Januar im kalifornischen Santa Monica stattfinden. "Konklave" ist einer von zehn Kandidaten in der Topsparte "Bester Film", zudem winken Trophäen für die Ensemblebesetzung, Hauptdarsteller Ralph Fiennes, Nebendarstellerin Isabella Rossellini, Regie (Berger), Filmmusik (Volker Bertelmann), Kostümdesign (Lisy Christl) sowie für adaptiertes Drehbuch, Kamera, Bühnenbild und Schnitt. Der Film über Intrigen und Machtkämpfe bei der Kür eines neuen Papstes war kürzlich auch für sechs Golden Globes nominiert worden. Berger, der durch seine Mutter Schweizer und durch den Vater Österreicher ist, ist damit in Hollywood wieder auf Erfolgskurs. 2023 hatte seine Literaturverfilmung "Im Westen nichts Neues" vier Oscars gewonnen - als bester internationaler Film, für Kamera, Szenenbild und für die Filmmusik von Volker Bertelmann. Neben Bertelmann ist bei den Critics Choice Awards auch Film-Komponist Hans Zimmer im Rennen - mit der Filmmusik für "Dune: Part Two". Der deutsche Spezialeffektekünstler Gerd Nefzer, der Oscars für "Blade Runner 2049" und "Dune" gewann, ist für seine Arbeit an "Dune: Part Two" nominiert. Das Drama "Die Saat des heiligen Feigenbaums" ist im Rennen um den Preis in der Sparte "Bester nicht-englischsprachiger Film". Regisseur ist der nach Deutschland geflohene Iraner Mohammad Rasoulof, der den Film über die Auswirkungen politischer Proteste auf eine Familie in seiner Heimat heimlich gedreht hatte. Deutschland hat den Film auch für die 97. Oscar-Verleihung im kommenden März eingereicht. Der Film "September 5" des Schweizer Regisseurs und Drehbuchautors Tim Fehlbaum über das Olympia-Attentat 1972 in München ist in der Sparte Original-Drehbuch und für den besten Schnitt des deutsche Filmeditors Hansjörg Weißbrich nominiert. Leonie Benesch ("Das Lehrerzimmer") hat in dem Film eine starke Rolle als Dolmetscherin. Bei der Vergabe der Critics Choice Awards werden auch Fernsehproduktionen ausgezeichnet. Die Serien-Literaturverfilmung "Shogun" führt mit sechs Nominierungen. Mehrere Gewinnchancen haben unter anderem auch "Abbott Elementary", "Disclaimer", "Hacks", "The Diplomat", "The Penguin" und "What We Do in the Shadows".