Medienschau

"Am Ende sind wir alle Kollaborateure der Aufmerksamkeitsökonomie"

artikelbild_monopol-medienschau

Picasso als Bühne für Gaza-Protest, das neue Gesicht der Frieze, und Thomas Struth wird 70: Das ist unsere Presseschau am Freitag
 

Debatte

In der Londoner National Gallery haben Friedensaktivisten Picassos Bild "Mutterschaft (La Maternité)" von 1901 mit einem Poster überklebt. Es zeigt eine weinende Mutter aus Gaza, die ein verletztes Kind nach einem israelischen Luftangriff in ihren Armen hält. Abgeklärt wischt Len Sander in der "Berliner Zeitung" die Aktion zur Seite:. "Die Ähnlichkeit zum Klimaaktivismus ist kein Zufall: Die Picasso-Protestler vom Mittwoch gehören zur Gruppe Youth Demand, die einen Verbund mit der britischen Schwesterorganisation der Letzten Generation bildet. Ihre Hauptthemen sind nun Ölbohrungen in der Nordsee und der Krieg in Gaza, der als Genozid verstanden wird. Dass es bei diesem Aktivismus um tatsächliche palästinensische Kinder und ihre Interessen geht, ist zumindest fraglich. Die Londoner Mutterschaftsmoralisten sind am Ende – wie wir alle – Kollaborateure der Aufmerksamkeitsökonomie."

Kunstmarkt

Stephanie Dieckvoss ist im "Handelsblatt" begeistert von der neuen Raumaufteilung der Kunstmesse Frieze London: "Das neue Gesicht der Frieze, in dem die jungen Galerien das erste Zelt bespielen, tut der Messe gut. Die Verjüngung funktioniert. Das neue Layout bringt Schnittpunkte mit mehr Freiräumen, Luft zum Atmen und zum Schauen. Die Durchmischung räumt auch endlich mit geografischen Abgrenzungen auf. Die Kunst aus dem globalen Süden und Asien findet sich nicht mehr teilweise versteckt, sondern ist im Herzen der Messe angelangt. Das schafft spannende Beziehungen, von denen alle profitieren."

Museen

Boris Pofalla schaut in der "Welt" skeptisch auf die Reformpläne der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK). Seit Jahren gebe es Probleme in der Verwaltung und Umsetzung von Projekten. Der Reformprozess gestaltet sich schleppend, und es fehlen klare Perspektiven, wann die Veränderungen tatsächlich wirksam werden. "Die Sprache der Reformer ist souverän und bürokratiegestählt. Doch eins ist klar: Die Ertüchtigung der SPK hängt von wichtigen zwei Faktoren ab, die weder Hermann Parzinger noch seine Nachfolgerin Marion Ackermann kontrollieren können. Das dringend notwendige Geld muss der Bundestag erst noch beschließen. Und die 2000 Angestellten im öffentlichen Dienst, die das Riesenschiff am Laufen halten, sie muss man mitnehmen auf der Reise in die schöne neue Welt." 

Geburtstag

Thomas Struth, einer der bekanntesten deutschen Fotografen, wird 70 Jahre alt. Niklas Maak gratuliert in der "FAZ": "Der junge, 1954 in Geldern geborene Struth, der von 1973 bis 1980 in Düsseldorf erst bei Gerhard Richter Malerei studierte, bevor er zu Bernd Becher wechselte, schrieb die Fotografie selbstbewusst in die Tradition der Malerei ein; spätere Stadtaufnahmen des Werkkomplexes 'Unconscious Places' erinnern an die Kompositionen der Farbfeldmalerei. Vor allem aber gelang es Struth, in seinen Raum-Anthropologien das jeweils Besondere, die Atmosphäre eines Ortes und eines historischen Moments herauszuarbeiten, etwa die von Backstein und schwarzen Eisenkonstruktionen, dem Rattern der Subway und dem Heulen der Sirenen geprägte Stimmung in Manhattan."

Ausstellung

In der "Zeit" schaut Tobias Timm auf die erstaunlichen Bilder, die der mit nur 32 Jahren gestorbene US-Maler Noah Davis hinterlassen hat. Seine erste internationale Retrospektive ist gerade im Minsk in Potsdam zu sehen. "Es sind Bilder, die in einer neuen Form des magischen Realismus vor allem den Alltag der Schwarzen in den USA in den Mittelpunkt rücken", schreibt der Autor. Man sieht Kinder vor einem Haus spielen, eine alltägliche Szene, doch eines der Kinder scheint sich mit ausgebreiteten Armen von der Wiese zu erheben. Und plötzlich ist alles in der Schwebe." Das große Monopol-Porträt zu Noah Davis lesen Sie hier

Dale Berning Sawa stellt im "Guardian" die in Berlin lebende Künstlerin Nairy Baghramian vor, die zurzeit in der South London Gallery ausstellt. "Von Anfang an hat sie ihre spielerischen, wunderbar taktilen Arbeiten in einem ständigen Hin und Her zwischen Fotografie und Skulptur geschaffen. In ihrer jüngsten Ausstellung stehen die Porträts eines kleinen Kindes neben skulpturalen Elementen aus Stein und Metall. Das hält sie davon ab, sich auf eine Idee festzulegen: 'Es hält meine künstlerische Dominanz im Zaum, so dass nichts zu eng wird und alles einfach sein kann, was es ist.'"