Debatte
Filmregisseur Francis Ford Coppola hat eine Theorie über die oft so hoffnungslos erscheinende Situation der menschlichen Gesellschaften. "Die Wurzel des Übels liegt meiner Meinung nach in jahrtausendealten Religionen und einer Denkweise, die eine für mich unumstößliche Tatsache leugnet: Alle Menschen gehören zu einer Familie, und zwar zu einer Familie von Genies", sagte Coppola im Gespräch mit dem "Zeit"-Magazin, das morgen erscheint. Es gebe kein anderes Lebewesen auf der Erde, das auch nur annähernd die Intelligenz und die Fähigkeiten des Menschen habe, Kunst produziere wie der Mensch oder auch nur eine Sprache sprechen könne. Doch es gebe da ein Problem: "Wir haben das vergessen, aus diesem Grund werden wir Opfer von Demagogen, die daherkommen und sagen: Oh, diese Leute da sind schlecht, wir können sie nicht leiden; diese Leute da haben unsere Kinder getötet." Die Menschen ließen zu, dass dieser Hass das Denken beherrsche, meint Coppola. Dabei sei es ganz anders. "Es sind nicht die Kinder unserer Feinde, die wir töten, sondern unsere eigenen Kinder, die wir töten. Denn jedes Kind ist der neue Beethoven, der neue Mozart." Jedes Kind sei eine weitere Chance für ein Genie. Coppola sagt in dem Interview außerdem, er denke nicht, dass Utopien starke Anführer bräuchten. "Es braucht Akzeptanz. Der Ein-Mann-Anführer ist ein sehr altmodisches Konzept. Wir selbst, als Gruppe, als Familie, Männer und Frauen, Schulter an Schulter, zusammen, können jede Lösung finden, die nötig ist." Dass manche Filmregisseure und Künstler den Ruf haben, sehr autoritär zu sein, wiegelt Coppola ab: "Manche Regisseure sind so, manche nicht. Billy Wilder war kein Diktator. Er war ein Kollaborateur. Fellini arbeitete, indem er Witze machte. Jeder Regisseur hat eine andere Persönlichkeit. Man muss kein Diktator sein, um ein Regisseur zu sein. Ich bin kein Diktator." Coppolas neuer Film, das Riesenprojekt "Megalopolis", kommt am 26. September in die deutschen Kinos. In dem als Fabel angelegten Science-Fiction-Film des fünffachen Oscar-Gewinners und zweifachen Cannes-Siegers spielt Adam Driver die Hauptrolle. "Megalopolis" ist ausschweifend, grotesk, vollgestopft mit Ideen und als Epos angelegt, das Bezug aufs Römische Reich nimmt. Die Handlung spielt in einer an New York angelehnten Stadt namens New Rome.
Die Präsidentin der Klassik Stiftung Weimar, Ulrike Lorenz, spricht mit Ulrike Knöfel für den "Spiegel" über das Geschichtsverständnis der AfD – und warnt vor Alarmismus: "Ich übe mich in Gelassenheit und Augenmaß. Jegliche Alarmstimmung halte ich gerade für viel gefährlicher, daher plädiere ich für eine Abrüstung im öffentlichen Diskurs." Mit Blick auf die Ergebnisse der thüringischen Landtagswahl, bei der ein Drittel der Wählerinnen und Wähler für eine rechtsextreme Politik gestimmt hat, meint Lorenz: "Und doch dürfen wir sie nicht alle auf einen Begriff reduzieren. Menschen treffen immer aus einem Bündel von Gründen ihre Entscheidungen. Wir müssen noch besser verstehen, welche das waren."
Porträt
Im "Tagesspiegel" porträtiert Maxi Broecking die 1976 in der DDR geborene und Ghana lebende Künstlerin Zohra Opoku, die ihre Stoffkunst zur Berlin Art Week im Palais Populaire zeigt. Die Arbeiten sind geprägt auch durch Schicksalsschläge: "Als 2019 bei ihr Brustkrebs diagnostiziert wurde, begann mit sie mit der Serie 'Myth of Eternal Life', die sie während ihrer Behandlung in Berlin und einem darauffolgenden Künstleraufenthalt in Dakar im Rahmen von Kehide Wileys 'Black Rock Senegal'-Programm weiterentwickelte. 'Durch die Krebsdiagnose begann ich, meine Angst vor dem Tod zu erforschen. Das Eintauchen in diese Welt half mir, mich spirituell und künstlerisch zu öffnen, aus meinem Schatten herauszuwachsen und meine bisher eindrucksvollste Serie zu schaffen.'"
"Der Künstler Kunath ist ein König der Sentimentalität", schreibt Timo Feldhaus in seinem "Berliner Zeitung"-Porträt anlässlich der Friedrich-Kunath-Schau in der Berliner Galerie Max Hetzler. "Der Melancholie, des süßen Heimwehs, der ironischen Distanz. Die kleinen Sprüche und Sätze, die in schwarzer Krakelschrift in seine Bilder geritzt sind und manchmal aufflattern wie Vögel − ihr Sinn trifft einen tief, dort, wo die Gefühle sitzen und der Raum zwischen Heim- und Fernweh." Die Malereien Kunaths führten "tief in die Schluchten der Vergangenheit und Erinnerung. Oft dient ihm das Werk des knurrigen Apokalyptikers Caspar David Friedrich dabei als Ausgangspunkt; dieses Mal hat er es auf Carl Spitzweg abgesehen, der kommt gleich dreimal vor als gemalte Referenz in dieser superreferenzhaltigen Kunst, für die zu erklären der Platz hier nicht reicht."
Candida Höfer wird mit dem Käthe-Kollwitz-Preis der Akademie der Künste für 2024 ausgezeichnet, Maxi Broecking fragt die Künstlerin im "Tagesspiegel"-Interview, ob sie ihre Fotografie auch politisch versteht: "Architektur schafft immer Raum für Menschen und damit sozialen Raum. 'Politisch', meine ich, bedeutet, dass man Regeln setzen oder zumindest beeinflussen will. Ich bin zufrieden, wenn ich Gelegenheit gebe, genauer hinzusehen."
Museen
Nicole Eisenmans Retrospektive im Museum of Contemporary Art Chicago stand vor Finanzierungsproblemen, weil einige Sammler die Ausstellung aufgrund der Ansichten der US-Künstlerin zu Palästina nicht unterstützen wollten, berichtet die "New York Times". Die Ausstellung sei mit Einbußen für das Museum zu Ende gegangen. Eisenmans Forderung eines Waffenstillstands "brachte sie in Konflikt mit einigen langjährigen Sammlern, die Eisenman zufolge die Künstler aufgefordert hatten, zum Krieg zwischen Israel und Hamas zu schweigen, und die mit dem Verkauf ihrer Gemälde drohten, falls sie ihre pro-palästinensische Unterstützung nicht zurückziehen würden." Eisenman gehörte zu den Hunderten von Künstlern, die in einem offenen Brief der Zeitschrift "Artforum" einen sofortigen Waffenstillstand forderten, das Massaker vom 7. Oktober aber zunächst nicht verurteilten. "Das Gefühl, von Leuten bedroht zu werden, die ich als Verbündete in der Kunstwelt betrachtet hatte", werde sie nie vergessen, so Eisenman.
Kulturpolitik
"Mit den Kürzungen für die Freie Szene in den Künsten brechen die Grünen ihren eigenen Koalitionsvertrag", kommentiert Jan Brachmann in der "FAZ". "Was jetzt passiert, ist das direkte Gegenteil: eine Kulturpolitik der Unzuverlässigkeit und ein Bruch vertraglicher Verabredungen." Nachdem dem Kunstfonds, dem Literaturfonds, dem Übersetzerfonds, dem Fonds Darstellende Künste, dem Fonds Soziokultur und dem Musikfonds Einbußen von dreißig bis fünfzig Prozent in den Zuwendungen der BKM zugemutet wurden, formiert sich Protest, den Brachmann in seinen Text beschreibt.
Kunstmarkt
Seit Mitte der 1980er-Jahre prägt Gisela Capitain den Kunststandort Köln. Damals galt das Rheinland als bedeutendes Kunstzentrum mit intensivem Austausch zwischen Köln und New York. Sabine Oelze hat die heute 72-jährige Galeristin für den Radiosender WDR2 besucht.
Fotografie und Film
Als Filmstar ist Kate Winslet ein begehrtes Motiv für Fotografen - großen Spaß hat sie laut eigener Aussage vor der Kamera jedoch nicht. "Ich habe mich nie gerne fotografieren lassen, aber ich habe gelernt, den Job zu machen", sagte die 48-Jährige im "Zeit"-Interview. Sie bereue "kein einziges Foto" von sich, sagte die Schauspielerin. "Aber ich werde lieber nicht fotografiert, als fotografiert zu werden." In ihrem neuen Film "Die Fotografin" spielt Winslet die Kriegsberichterstatterin Lee Miller (1907-1977), die während des Zweiten Weltkrieges für die "Vogue" an der Front war. Ihre Fotos wurden Zeitdokumente, darunter sind Aufnahmen der Befreiung von Konzentrationslagern. Winslet übernahm nicht nur die Hauptrolle, sondern war bei dem Film auch als Produzentin aktiv. Im Interview äußerte sich die britische Schauspielerin kritisch über die Kinobranche, denn Frauen seien noch immer im Nachteil. "Es ist für Frauen immer noch viel schwieriger, Kino zu machen, Regie zu führen, zu spielen, zu produzieren. Weil wir Mütter sind, weil wir uns um unsere Familien kümmern müssen. Wir müssen immer jonglieren, wir haben nicht so viel Zeit wie die Männer", sagte Winslet. Die Filmindustrie habe sich zwar gewandelt, aber "die Scheiße bleibt trotzdem dieselbe", so die 48-Jährige. Sie selbst habe erst jetzt als Produzentin starten können, weil ihr jüngstes Kind ein wenig älter sei.
Performance-Kunst
Superstar Beyoncé ist nach eigener Aussage sehr bemüht, wenn es um den Schutz ihres Privatlebens geht. «Eine Sache, auf die ich viel Wert lege und an der ich aktiv arbeite, ist, meinen Kindern so viel Normalität und Privatsphäre wie nur möglich einzuräumen. Daher sorge ich dafür, dass mein Privatleben nicht zum Marketingprodukt wird», erzählte die Sängerin und Schauspielerin im Interview des Magazins "GQ". Für Prominente sei es sehr einfach, das eigene Leben in Performance-Kunst zu verwandeln, aber sie habe sich sehr bemüht, den eigenen Grenzen treu zu bleiben und sich selbst und ihre Familie zu schützen. "Kein Geld der Welt ist meinen Frieden wert." Ihr Terminkalender richte sich nach ihrer Familie, erzählte die Mutter von drei Kindern. "Ich versuche, nur zu reisen, wenn meine Kinder in der Schule sind." Sie arbeite nur an Dingen, die ihr ein Gefühl der Befreiung geben, so Beyoncé weiter. Ruhm fühle sich für sie manchmal wie ein "Gefängnis" an. "Wenn man mich also nicht auf roten Teppichen sieht und ich verschwinde, bis ich Kunst mit der Welt zu teilen habe, ist das der Grund dafür."