Medienschau

Ein Ge­ne­ra­tio­nen­schiff im deutschen Pavillon

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Ya­el Bar­t­a­nas Pläne für den deutschen Pavillon, dekorative Wohnzimmer-Kunst auf der Art Basel in Hongkong und in Museen geschmuggelte Bilder: Das ist unsere Presseschau am Donnerstag

Venedig-Biennale

Die is­rae­li­sche Künst­le­rin Ya­el Bar­t­a­na wird Deutschland auf Venedig-Biennale vertreten, die nächste Woche beginnt. "Ich ha­be ein Ge­ne­ra­tio­nen­schiff ent­wi­ckelt", sagt sie im Interview mit Tobias Timm in der Printausgabe der "Zeit". "Sein Auf­bau lei­tet sich ab von der Er­zäh­lung der Kab­ba­la, der jü­di­schen Mys­tik über die Schöp­fung der Welt in zehn Sphä­ren. Man wird im deut­schen Pa­vil­lon nicht nur ein Mo­dell die­ses Raum­schiffs se­hen, son­dern auch das Le­ben in sei­nen zehn Sphä­ren." Es sei ein sehr prak­ti­sches, funk­tio­na­les Raum­schiff. "Man wird über Ge­ne­ra­tio­nen dort le­ben, es wird so bald nir­gend­wo lan­den kön­nen. Viel­leicht reist es für im­mer, viel­leicht kehrt es ir­gend­wann zur Er­de zu­rück. In der Sci­ence-Fic­tion-Li­te­ra­tur gibt es ein ei­ge­nes Gen­re, das sich um Ge­ne­ra­tio­nen­schif­fe dreht. Das sind Wel­ten für sich." Natürlich wird sie auch zum Nahostkrieg befragt: "So viel Ge­walt, so viel Ver­lust und Ent­mensch­li­chung auf al­len Sei­ten. Zu­min­dest die Re­zep­ti­on mei­ner Wer­ke hat sich seit­her ge­än­dert. Bei ei­ner Aus­stel­lung kürz­lich in Dä­ne­mark ver­lang­te man plötz­lich ein sehr kla­res State­ment von mir ge­gen Is­ra­el. Selbst­ver­ständ­lich kri­ti­sie­re ich die ak­tu­el­le Po­li­tik der Re­gie­rung. Seit vie­len Jah­ren ma­che ich mir Sor­gen um die Ent­wick­lung. An­statt im Ge­fäng­nis zu lan­den, kam Ben­ja­min Ne­tan­ja­hu wie­der an die Macht und ko­ope­riert mit den ra­di­ka­len Den­kern der Rech­ten. Die Auf­for­de­rung zur Di­stan­zie­rung von Is­ra­el emp­fand ich den­noch als über­grif­fig."

Die "New York Times" gibt einen langen Ausblick auf die Hauptausstellung der Venedig-Biennale und deren Kurator Adriano Pedrosa, der sich einige Fragen gefallen lassen muss. Zum Beispiel die nach der Anzahl der bereits toten Künstlerinnen und Künstler, der bei 55 Prozent liegt. "Was bedeutet es, eine Ausstellung zeitgenössischer Kunst zu produzieren, wenn mehr als die Hälfte der Künstler nicht mehr lebt? 'Ich finde es schade', sagte Dean Kissick, ein Kunstkritiker in New York, der darauf hinwies, dass fast 50 Künstler der aktuellen Biennale in den 1800er Jahren geboren wurden. 'Wir leben in dieser hoffnungslosen Zeit mit so viel Pessimismus', sagte er. "Es gibt keinen Glauben an die Zukunft und keine Vision von ihr, in der die Kultur wenigstens etwas darüber ausdrücken könnte, wie es sich anfühlt, jetzt zu leben. Die Rückkehr in die Vergangenheit ist eine Weigerung, die Gegenwart zuzulassen". Pedrosa war anderer Meinung. 'Viele der Künstler sind tot, aber die Kunst ist sehr lebendig', sagte er und räumte ein, dass viele Kuratoren vielfältigere Künstler des 20. Jahrhunderts entdeckten, die zu ihrer Zeit übersehen worden seien. Er fügte hinzu, dass zeitgenössische Künstler die größte physische Präsenz in der Ausstellung haben würden, da sie mit mehreren Werken oder einem großformatigen Einzelwerk vertreten sein würden. "

Antisemitismus-Debatte

Die US-Philosophin Nancy Fraser hat eine Ausladung durch die Universität Köln aufgrund einer antiisraelischen Stellungnahme von ihr kritisiert. "Fatal ist vor allem das Signal, das in die Welt geht: Wer von der offiziellen Linie abweicht, ist in Deutschland nicht willkommen und wird bestraft", sagte die 76-Jährige in einem "Zeit"-Interview. Sie fühle sich von der Universität Köln gecancelt und in ihren Rechten als Wissenschaftlerin und Bürgerin verletzt. In der "Frankfurter Rundschau" warnte sie: "Dieser Vorgang wird der deutschen Wissenschaft erheblichen Schaden zufügen." Fraser, die selbst Jüdin ist, hatte den Brief "Philosophy for Palestine" unterschrieben. In diesem Brief werde das Existenzrecht Israels faktisch infrage gestellt, kritisierte die Universität Köln. Der Terrorangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober werde in rechtfertigender Weise relativiert. Die Unterzeichner würden außerdem zu einem akademischen und kulturellen Boykott israelischer Institutionen aufrufen. Fraser hatte die Albertus-Magnus-Professur ausfüllen sollen, die im Gedenken an den in Köln begrabenen Universalgelehrten Albertus Magnus (1193 bis 1280) eingerichtet wurde. Fraser gilt als bedeutende Kritikerin des Kapitalismus und des Neoliberalismus. Die Entscheidung der Universität wurde auch von dem Politikwissenschaftler Claus Leggewie kritisiert. Zwar sei es in der Tat so, dass der Brief vor Ignoranz strotze und als geistige Armutserklärung zu betrachten sei. Ein Boykott sei jedoch der falsche Weg: "Fraser auszuladen, finde ich nicht richtig", schrieb Leggewie im "Kölner Stadt-Anzeiger". "Die Kölner Universität wäre doch der am besten geeignete Ort gewesen, um sich offensiv mit Nancy Frasers untragbarer Position auseinanderzusetzen." Uni-Rektor Joybrato Mukherjee erläuterte in einem Interview mit dem Deutschlandfunk, es gehe in dem Fall nicht um eine einzelne Vorlesung. "Sondern die Albertus-Magnus-Professur ist eine besondere Ehrung der Gesamtuniversität." Die Wissenschaftsfreiheit werde selbstverständlich gewährleistet, aber es stelle sich die Frage, ob jemand, der eine solche Haltung zu Israel vertrete, von der Universität geehrt werden könne. "Denn es geht ja ausdrücklich nicht darum - etwa wenn das Stichwort Cancel Culture fällt in diesem Zusammenhang - ihr nicht zu gestatten, dass sie an der Universität nicht auch auftreten könnte, dass sie nicht sprechen könnte zu einem Fachthema, zu anderen Themen. Es geht hier wirklich um die Frage der größtmöglichen Ehrung durch die Universität zu Köln, und da sind wir zu der Einschätzung gekommen: nein."

Museen

Immer wieder werden Bilder in Museen geschmuggeltjüngst in München. Es gehe um das Erschleichen von Sichtbarkeit, sagt Monopol-Chefredakteurin Elke Buhr im "Kompressor"-Podcast von Deutschlandfunk Kultur. Letztlich funktioniere das aber eher nicht. Eine Aktion in Bonn bildet eine Ausnahme.

Hanno Rauterberg kommentiert in der Printausgabe der "Zeit" Eike Schmidts Bürgermeister-Ambitionen in Florenz. In den Uf­fi­zi­en sei dem damaligen Museumsdirektor "das be­son­de­re Kunst­stück ge­lun­gen, die Be­su­cher­zah­len in neue Re­kord­hö­hen zu trei­ben, wäh­rend zu­gleich die War­te­schlan­gen schrumpf­ten; ähn­lich soll nun auch Flo­renz von der über­gro­ßen Tou­ris­ten­lie­be er­löst wer­den. Nicht durch Ver­bo­te oder Ein­tritts­geld wie in Ve­ne­dig. Son­dern auf die Schmidt­sche Art: durch klu­ges Um­ar­ran­gie­ren. Au­ßer­dem ver­spricht er – mit Sa­ras­tro-Bass – mehr Sau­ber­keit und Si­cher­heit, was man ihm in Flo­renz um­stands­los ab­nimmt, das sei­en ja eh die deut­schen Kar­di­nal­tu­gen­den."

"In Stuttgart wird die Kunst regelmäßig in die zweite Reihe gedrängt", schreibt Adrienne Braun im "Tagesspiegel" mit dem Blick aufs Kunstgebäude, das zwar nun saniert ist, aber in dem keine Kunst gezeigt wird. "Von 2013 bis 2016 residierte im Kunstgebäude bereits das Parlament, weil der Landtag saniert wurde. Aber auch in der Zukunft wollen Staats- und Finanzministerium den Kuppelbau als Ausweichquartier nutzen. Deshalb kann das Kunstministerium auch zur Wiedereröffnung immer noch keine vernünftige Konzeption vorlegen, obwohl seit Jahren darüber diskutiert wird. Es wurde schon allerhand Geld in Symposien gesteckt, um zu beraten, ob eine künstlerische Leitung installiert oder die Stuttgarter Institutionen gemeinsam kuratieren sollen, damit über die Gattungsgrenzen hinweg experimentiert werden kann. Passiert ist seither nichts."

Nur weltweit 15 Gemälde sind durchweg als echte Leonardos anerkannt. Jetzt sollen es auf einem Schlag drei mehr sein: Die Eremitage in Sankt Petersburg hat Werke aus dem Umfeld des Meisters zur eigenhändigen Schöpfung erklärt. Geht das mit rechten Dingen zu? Elke Buhrs Kommentar auf Detektor FM:


Kunstmarkt

Philipp Meier schreibt in der "NZZ" über die Art Basel / Hong Kong nach Covid und nach dem Gesetz zur nationalen Sicherheit, das Festlandchina 2020 in Hongkong einführte. "Risiken will niemand eingehen. Die Auslegeordnung auf der diesjährigen Art Basel nahm sich im Vergleich zu früheren Jahren ausgesprochen zahm aus. Es dominierte dekorative Wohnzimmer-Kunst. Aufgewertet wurde das Bild mit grossen Künstlernamen aus dem Westen: Picasso, Morandi, Schiele – unverfängliche Kunst zu exorbitanten Preisen."

Film

Schauspielerin Kirsten Dunst sieht in ihrem neuen Film auch eine Warnung, Demokratie nicht für selbstverständlich zu halten. In "Civil War" spielt sie eine Fotojournalistin während eines neuen Bürgerkriegs in den USA. Auf die Frage, ob sie Angst davor habe, dass solch ein Szenario Realität werden könnte, sagte sie der britischen Nachrichtenagentur PA: "Es gibt Debatten überall auf der Welt, und deswegen hat sich die Art, wie wir den Film gemacht haben, real angefühlt." Es gehe darum, Demokratie nicht für selbstverständlich zu halten. "Und wirklich um Menschlichkeit und darum, sich gegenseitig als Menschen zu sehen statt diese extremen Positionen hinter dem Handy oder Computern einzunehmen", sagte Dunst. "Ich glaube, dass es eine Warnung ist, irgendwie, und ein Antikriegsfilm für mich." Der britische Regisseur Alex Garland wollte Journalisten in den Mittelpunkt des Films stellen. Er habe das Gefühl gehabt, dass Journalisten schon seit längerer Zeit auf komplizierte Weise angegriffen würden und Menschen ihnen nicht mehr vertrauten. "Aber es gibt da draußen Journalisten, die eine unglaublich gute Arbeit machen, und die Frage ist nicht, ob sie gute Arbeit machen oder nicht, sondern warum ihre gute Arbeit nicht wahrgenommen wird", sagte er PA. "Civil War" soll am 18. April in Deutschland ins Kino kommen.

Oscar-Preisträgerin Halle Berry hat für ihren neuen Film "Never Let Go" gelernt, Eichhörnchen zu häuten. Die Arbeit an dem Thriller, in dem sie eine Mutter spielt, die mit ihren Söhnen in einem Wald überleben muss, sei "eine Herausforderung gewesen", zitierte "The Hollywood Reporter" die 57-Jährige am Mittwoch nach einem Event in Las Vegas. Sie habe "in dieser Welt, die sich so fremd anfühlte, eine Realität schaffen" müssen. "Ich musste wirklich ein Eichhörnchen häuten." Der Thriller, der im September in den USA ins Kino kommen soll, könnte ihrer 16-jährigen Tochter gefallen, sagte die Schauspielerin dem US-Magazin "Extra". Ihr zehnjähriger Sohn bekäme dagegen wohl "lange Zeit Albträume" von einem solchen Film, sagte Berry. "Ich meine, er hat den Trailer eines Horrorfilms gesehen und wir haben ein Jahr gebraucht, um ihn dazu zu bringen, alleine ins Bett zu gehen."