Medienschau

"Ein Hohn jedweder Idee von repräsentativer Baukunst"

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Die "SZ" sieht in Assads Palast eine Karikatur syrischer Baukunst, die "NZZ" bei Nan Goldin selbstdestruktive Züge und "Die Zeit" bei Joe Chialo reine Hilflosigkeit: Das ist unsere Presseschau am Dienstag

Kulturpolitik

Der Berliner Kultursenator Joe Chialo, dem wegen der Sparpläne des Landes der geballte Zorn der Kunstszene entgegenschlägt, hat sich an der Schaubühne dem "Streitraum" von Moderatorin Carolin Emcke gestellt. Tobi Müller und Tobias Timm haben von dem Abend eine erstaunliche Erkenntnis mitgenommen: "Die sogenannte titelscharfe Liste, die bereits für jeden Posten konkrete Zahlen nannte, kam von ganz oben – und nicht von Chialo und seinen Fachreferaten", schreiben sie in der "Zeit". "Joe Chialo scheint in diesem Prozess zu oft nur die Rolle eines hilflosen Beobachters zuzufallen, der sich nicht wirklich entscheiden mag: Soll er, wie in diesem Streitraum, den Verteidiger der Kultur spielen? Offensichtlich hat er in dieser Rolle in den vergangenen Monaten keine gute Figur gemacht, sonst wären die Kürzungen im Kulturbereich nicht extrem viel höher ausgefallen als in anderen Ressorts des Berliner Senats. Sonst wären die Kürzungen, die schon in drei Wochen in Kraft treten, früher und vor allem systematischer mit den Kulturhäusern eingeplant worden."

Ausstellung

Auch wenn es zunächst so anmoderiert wird, als beschäftige sich Philipp Meier in der "NZZ" noch einmal mit Nan Goldins Haltung zum Nahostkrieg: Eigentlich ist der Text eine sehr einfühlsame Besprechung ihrer Ausstellung in der Neuen Nationalgalerie in Berlin. Der Eklat bei ihrer Eröffnungsrede wird eher dazu genutzt, um die Verflechtung von Kunst und Politik im Werk der US-Fotografin herzuleiten "Was Nan Goldin tut, tut sie mit radikaler Kompromisslosigkeit. Ihr Vorgehen hat oft etwas Blindwütiges, wie ihre einseitige Parteinahme im Nahostkonflikt zeigt. Das nimmt bisweilen selbstdestruktive Züge an. Das wird ersichtlich in ihrer berühmten Arbeit 'Die Ballade der sexuellen Abhängigkeit'. Die Bilder dieser Fotoserie schildern den Kampf zwischen Autonomie und Abhängigkeit. Sie sind direkt, brutal und zärtlich zugleich: Koks und Speed, freie Liebe, Einsamkeit, Sehnsucht, Gewalt, Aids und der Tod vieler ihrer Freunde sind Gegenstand dieser atemberaubenden, epischen Sequenz aus Goldins Leben. Die Frage, warum sie fotografiere, beantwortete Nan Goldin einmal mit der Bemerkung: 'Man hält die falschen Dinge geheim, und das zerstört die Menschen.'"

Architektur

"Louis Vuitton meets Möbellager" - so beschreibt Gerhard Matzig in der "SZ" den "entsetzlichen" Palast des geflohenen syrischen Diktators Baschar al-Assad in Damaskus. Die Bilder von dem Bau "verblüffen durch einfältigsten Pomp, grobe Volumina und überaus stumpfe Materialität". Es sei ein "Palast-Imitat, das zur nackten Karikatur nicht nur der reichen, wunderbaren syrischen Baukultur wird – sondern auch zum Hohn jedweder Idee von repräsentativer Baukunst. Die Räumlichkeiten sind selbst dort, wo sie nur so strotzen von Zierrat, an Schmucklosigkeit kaum zu überbieten."

Porträt

Das in Japan gegründete Kunstkollektiv teamLab habe sich auf der ganzen Welt ausgebreitet und Partnerschaften aufgebaut, um seine immersive Technologie zu finanzieren, schreibt Zachary Small in einer "New York Times"-Recherche aus Tokyo. "'Es ist eher ein Kunstvergnügungspark oder ein Spielplatz', sagte Thu-Huong Ha, Kulturkritikerin bei der Japan Times." Andere Kritiker hätten teamLab-Ausstellungen mit einem Zuckerrausch verglichen, als Touristenfalle. Wie man auch zu den Erfahrungsräumen steht, klar ist, dass die Firma auf Wachstumskurs ist: "Die finanzielle Partnerschaft mit der Mori Building Company hat es teamLab Borderless ermöglicht, einen Strom von Spiegelräumen, Lichtshows und Installationen mit poetisch mysteriösen Namen wie 'Cosmic Void' und 'Frozen Transparency' zu produzieren. Das erste Kunstwerk, dem die Besucher begegnen, ist eine Kaskade aus digitalen Blumen. Um den Betrachter herum erscheinen, knospen, wachsen und verwelken Blütenspuren, die auf einem Computerprogramm basieren, das in Echtzeit auf die Umgebung reagiert. Mit dieser technischen Ausstattung unterscheidet sich TeamLab von anderen Anbietern immersiver Kunst, von denen einige dafür kritisiert wurden, dass sie einfach nur Animationen berühmter Kunstwerke in Schleifen an die Wände leerer Räume werfen. Während viele dieser Einrichtungen in den letzten Jahren geschlossen wurden, haben andere, wie teamLab und das amerikanische Unternehmen Meow Wolf, expandiert."

Calvin Tompkins porträtiert im "New Yorker" den Künstler Rashid Johnson, der gerade eine große Mid-Career-Ausstellung im New Yorker Guggenheim vorbereitet, die die gesamte Bandbreite seines Schaffens abdeckt, "von den Fotografien obdachloser Männer bis hin zu weitgehend abstrakten Skulpturen und Ölgemälden auf Leinwand". In einer Zeit, in der die zeitgenössische Kunst zur Geldanlage geworden ist, sei der Erfolg von Rashid Johnson beeindruckend - und offenbar felsenfest: "Der jüngste Rückgang der Auktionspreise für einige Künstler hat ihn nicht beeinträchtigt. Seine Gemälde erzielen auf dem Primärmarkt Preise zwischen fünfhunderttausend und mehr als einer Million Dollar, und 2022 wurde eines der weißen 'Surrender Paintings', die er Anfang des Jahres vorgestellt hatte, für drei Millionen versteigert. Er, Hovsepian und Julius, ihr dreizehnjähriger Sohn, leben in einem Stadthaus in Gramercy Park; vor kurzem haben sie ein palastartiges Sommerhaus in East Hampton und ein Feriendomizil auf Menorca, auf den Balearen, gekauft. All diese Immobilien ermöglichen es Johnson, der sich selbst als 'Stubenhocker' bezeichnet, einen Großteil seiner Zeit zu Hause zu verbringen."