Personalie
Zwei Jahre nach ihrem Amtsantritt verliert die Kuratorin Christine Macel vorzeitig ihren Posten als Direktorin des Musée des Arts décoratifs und des Musée Nissim Camondo in Paris. In einer internen Mitteilung, aus dem "LeJournal des Arts" zitiert, wird Macel nun bis zum Ende ihres Vertrags im Oktober 2025 wissenschaftliche und künstlerische Beraterin und dem Vorsitzenden des Verwaltungsrates unterstellt. Diese "im gegenseitigem Einvernehmen" getroffene Entscheidung erfolgte zwei Tage nach der Übergabe eines Berichts einer externen Firma über das Management der Museumsdirektorin, wie das Branchenblatt berichtet: "Unter der Leitung der Museumsdirektorin hatte die Abteilung für Konservierung innerhalb von zwei Jahren drei Abgänge zu verzeichnen." Die auf Gegenwartskunst spezialisierte Marcel war 22 Jahre lang Chefkuratorin am Centre Pompidou. 2013 kuratierte sie den französischen Pavillon der Venedig-Biennale, 2017 die Hauptausstellung in Venedig. "
Nachruf
Der Schweizer Kunstsammler und Mäzen Werner Merzbacher ist mit 96 Jahren gestorben. Thomas Ribi erinnert in der "NZZ" an sein bewegtes Leben. "In den siebziger Jahren besuchten er und seine Frau eine Fauvismus-Ausstellung im Museum of Modern Art in New York. Das war ein Schlüsselerlebnis. 'Da habe ich gespürt, dass die Farbe für mich das Wichtigste ist. Das, was mich fasziniert.' Die Sammlung, die er im Lauf der Jahre aufbaute, ist davon geprägt. Die Bilder von Kandinsky, Derain, Picasso, Matisse, Modigliani, Klee, Jawlensky und Beckmann: Es sind Farbfeuerwerke. Man spürt dahinter einen Sammler, der sich nicht an kunsthistorischen Kriterien orientierte, sondern intuitiv kaufte, was ihn bewegte. Und nur das. Ein Kunsthändler, der ihn manchmal beriet, prägte den Begriff 'Merzbacher-Bilder'." Er schenkte dem Kunsthaus Zürich eines der zentralen Werke der Sammlung: "Pipilotti Rists 'Pixelwald'. Tausende in allen Farben schimmernde LED-Lämpchen in einem dunklen, von sanfter Musik erfüllten Raum. Langsam, fast andächtig bewegen sich die Besucherinnen und Besucher zwischen ihnen hindurch. Sie sitzen oder liegen unter ihnen. Und schauen träumend dem Spiel der Farben zu."
Lena Schneider widmet sich im "Tagesspiegel" dem Leben und Werk des Kunsthistorikers Andreas Hüneke, der am 1. Oktober mit 80 Jahren verstorben ist. Hüneke, der 2003 den Potsdamer Kunstverein mitgründete, war bekannt für sein Interesse an weniger beachteten Aspekten der Kunstgeschichte und hat sich intensiv mit der Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts auseinandergesetzt. Er setzte sich in der DDR-Zeit und auch später für die Erforschung und Wertschätzung von Künstlern ein, die oft im Schatten bekannterer Namen standen. "In der engen DDR lotet er künstlerische Möglichkeiten aus, wo es geht. Dazu gehört 1985 das heute legendäre Friedensfest in der Nikolaikirche. Von der Suche nach politischen Freiräumen ist das nicht zu trennen. Als der Gründungsaufruf des Neuen Forums verfasst wird, gehören Andreas Hüneke und Saskia Hüneke zu den Erstunterzeichnern." Doch Andreas Hünekes' Metier blieb die kunsthistorische Forschung, schreibt Karim Saab in seinem Nachruf in der "Märkischen Allgemeinen": "Er war ein gefragter Herausgeber und schrieb Bücher über Erich Heckel, Lyonel Feininger, Carl Marx, Franz Marc, über die Künstlervereinigung Blauer Reiter, die Bauhaus-Meister und vor allem über die systematische Unterdrückung der modernen Kunst durch die Nazis. Seine Überblickswerke über die 'Entartete Kunst' mit Titeln wie 'Kunst am Pranger' führten ihn geradewegs auf das Feld der Provenienzforschung, noch bevor diese staatlich gefördert wurde."
"Die Kunst war ihr Gottesdienst", überschreibt Andreas Platthaus seinen "FAZ"-Nachruf auf die Münchner Malerin und Schriftstellerin Anita Albus, die jetzt kurz vor ihren 82. Geburtstag gestorben ist. "Mit der Wahl einer Malerei, die sich bewusst von allem Zeitgenössischen löste und ihre Vorbilder und Techniken wieder im Gegenständlichen einer Epoche fand, „in der die Wissenschaft als Kunst und die Kunst als Wissenschaft galt“, wie Albus es in in ihrem besten Buch, „Die Kunst der Künste“ (1997), formulierte, drang sie in gleich zwei Disziplinen vor, die in der Vergangenheit Frauen nur im Ausnahmefall ein Betätigungsfeld geboten hatten: eben die Malerei und die Naturwissenschaft."
Bücher
Clare Bucknell bespricht in der "London Review of Books" den letzten Roman der 2023 verstorbenen kanadischen Autorin Rebecca Godfrey: "Peggy" ist eine Nacherzählung des Lebens der Kunstsammlerin Peggy Guggenheim bis zur Eröffnung ihrer ersten Galerie im Jahr 1938. "Godfrey war von Peggys Geschichte fasziniert, nachdem sie im Schrank ihrer Großmutter über ein altes Exemplar des 'Skandalbuchs' Out of This Century gestolpert war. Als sie im Oktober 2022 im Alter von 54 Jahren an Lungenkrebs starb, hatte sie ein Jahrzehnt lang recherchiert und geschrieben und die ersten beiden Teile eines Romans weitgehend fertiggestellt. Auf Wunsch ihres Witwers übernahm ihre Freundin, die Essayistin und Romancierin Leslie Jamison, die Fertigstellung, wobei er sich auf diktierte Notizen, skizzierte Szenen und Hinweise von Godfrey stützte, wohin der letzte Teil führen sollte: Peggys Rückkehr nach Paris in den späten 1930er-Jahren und ihre Affäre mit dem jungen Samuel Beckett. 'Es war, als ob wir alle zusammen im Bett lägen: Peggy, Beckett, Rebecca und ich', schrieb Jamison 2023 im New Yorker. Die Durchlässigkeit, die der Schreibprozess mit sich brachte, begann sich wie eine Erweiterung der Durchlässigkeit anzufühlen, die sich in unserer Freundschaft so aufregend, fast unerlaubt, angefühlt hatte." Peggy sei Buch geworden voll von Frauen, die "die Welt in den falschen Hals bekommen." Für Peggy Guggenheim sei es anstrengend gewesen, "die Vorstellung eines anderen – ihres Ehemannes – von einem modernen Bild zu sein: "Ein Großteil des frühen Lebens der echten Peggy, so Godfrey in einem Interview mit Jamison für die Paris Review im Jahr 2019, wurde damit verbracht, 'einen Weg zu finden, etwas anderes zu sein als eine Ehefrau oder Freundin der Berühmten'. Der Bogen des Romans ist ihre Suche nach einem Stil. Guggenheim Jeune, die Galerie für surrealistische und abstrakte Kunst, die sie in Piccadilly eröffnet, zeigt die Zukunft: 'kühne Linien, geschmolzene Bronze, über die Leinwand gespritzte Farbe'. Sie verkörpert ihre merkwürdige Gabe - die sie schon früh als ihr 'einziges Talent' bezeichnet -, Veränderungen in der Luft zu spüren, Veränderungen des Wetters, die für andere Menschen nicht wahrnehmbar sind."
KI
Menschen aller Generationen sind nach Ansicht des Deutschen Kulturrats gefordert, sich mit den Möglichkeiten und Grenzen von Künstlicher Intelligenz (KI) auseinanderzusetzen. Dazu gehöre eine realistische Vorstellung darüber, wie die Modelle funktionierten, was sie könnten und was nicht, heißt es in einem Positionspapier. Auch die Prozesse künstlerischer und kreativer Arbeit verändern sich nach Ansicht des Kulturrats, da Künstlerinnen und Künstler KI anwenden und damit experimentieren. "Mit Hilfe von KI-Werkzeugen können sich künstlerische Ideen umsetzen lassen, die bislang als nicht realisierbar galten." Die Nutzung von KI-Werkzeuge durch Kreative werfe neue Fragen auf, was die menschliche Leistung ausmache. Und auch, wie diese von KI-Werken zu unterscheiden sei - etwa durch spezielle Transparenzregeln, also dass zum Beispiel KI-generierte Werke immer als solche gekennzeichnet werden müssen. "KI wird im Kunst-, Kultur- und Medienbereich aber auch als Chance gesehen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, insbesondere mit Blick auf repetitive Aufgaben", heißt es in dem Positionspapier weiter. Allerdings fielen durch KI auch Arbeitsplätze weg. Der Kulturrat weist außerdem darauf hin, dass Künstliche Intelligenz dabei helfen könne, die Bestände von Museen, Archiven und Bibliotheken schnell zu durchsuchen und zu erforschen. Dafür müssten diese Bestände aber alle digitalisiert sein - was sie nicht sind. Die Digitalisierung sei immer noch lückenhaft beziehungsweise gehe nur schleppend voran. "Hier ist die öffentliche Hand gefordert, mit abgestimmten Programmen Abhilfe zu schaffen.»"