Kulturpolitik
Die Kulturbranche steht unter hohem Spardruck. Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda sieht es als besonders problematisch an, dass Rechtspopulisten sich diese Haushaltkrise zunutze machen. "Rechte haben begriffen, wie Kulturpolitik geht", sagt der Politiker im langen Deutschlandfunk-Gespräch mit Stefan Koldehoff. "Gerade in solchen Zeiten brauchen wir Kultur."
Ex-Kulturstaatsministerin Monika Grütters hat sich zum Spar-Exzess in der Hauptstadtkultur zu Wort gemeldet und kritisiert im Deutschlandfunk Kultur ihre Berliner Parteikollegen von der CDU: Ihr blute angesichts der Verwerfungen zwischen Kulturszene und Berliner Senat das Herz. Sie spricht von mangelnder Sachkenntnis.
Der Berliner Kultursenator Joe Chialo, dem wegen der Sparpläne des Landes der geballte Zorn der Kunstszene entgegenschlägt, hat sich an der Schaubühne dem "Streitraum" von Moderatorin Carolin Emcke gestellt. Jakob Hayner hat für die "Welt" zugehört. Er beschreibt einen Abend, an dem sich vor allem die Verantwortlichen der Berliner Häuser Luft machten: "Man wünscht sich einen Senator auf den Barrikaden, jetzt wird ihm Mangel an Kampfgeist und Haltung vorgeworfen. Wieder Applaus. Der dritte Vorwurf lautet Populismus, weil der Senator die Kassiererin gegen prekäre Künstler ausspiele, wie der im Publikum sitzende Schaubühnen-Intendant Thomas Ostermeier vorbringt." Hayner kommt zu dem Schluss: "Die Kulturszene dürfte auch nach dieser über drei Stunden dauernden Diskussion nicht wissen, woran sie mit Chialo ist. Einer, der für sie im Stillen und ohne Empörungslyrik kämpft? Oder einer, der mit einem Lächeln die Zeitenwende in der Haushaltspolitik durchsetzt, die wie die Zeitenwenden Corona und Ukraine eine Schocktherapie für die Gesellschaft bewirken dürfte? Deutlich zeigt sich hingegen, dass ein ideologischer Deutungskampf tobt, wer die Interessen der kleinen Leute vertritt. Ob das mit Didier Eribon ('Rückkehr nach Reims') und Annie Ernaux auf dem Spielplan getan ist, wie Ostermeier für sein Haus proklamierte? Oder mit mehr Theaterpädagogik?"
Kunstgeschichte
Wo in der Kunst kommen stereotype judenfeindliche Motive vor? Wie sind sie dort gelandet? Und: Wie kann man heute mit diesen Bildern und Symbolen umgehen? Um diese Fragen ging es bei einem Symposium an der TU Berlin. "Zeigen, kommentieren, wegpacken? Es bleibt ein Dilemma", fasst Birgit Rieger im "Tagesspiegel" zusammen. "Aber nur, wenn man lernt, antijüdische und antisemitische Codes zu lesen und wahrzunehmen, kann man aufhören, sie zu reproduzieren."
In einem "FAZ"-Gastbeitrag zeigt Kunsthistoriker Horst Bredekamp, dass sich Emmanuel Macron beim Wiederaufbau der Kathedrale Notre-Dame von der Wiedererrichtung der Hagia Sophia inspirieren ließ, die von Kaiser Justinian nach einem Aufstand im Jahr 532 in fünf Jahren wieder errichten ließ: "In jedem Fall wird von nun an der Zeitraum von fünf Jahren als Synonym für die Beherrschung einer Ausnahmesituation und damit für den Ausweis von Souveränität schlechthin verstanden werden. Die Hagia Sophia von Istanbul und Notre-Dame in Paris werden seit dem 7. Dezember 2024 der Maßstab sein, der mit seinen 'fünf Jahren' ein metaphysisches Zeitmaß vorgibt, an dem sich der Zusammenhalt einer Gemeinschaft zeigt, wie er sein sollte. Nach dem mythischen Muster der Errichtung mittelalterlicher Kathedralen haben im Fall von Notre-Dame alle Bevölkerungsschichten durch Spenden dazu beigetragen, diese wiedererstandene Kirche zum Symbol der Einheit zu machen."
Malerei
Ein Jahr nach Helmut Schmidts Kanzlerschaft begann im November 1983 eine breit angelegte Suche nach einem Maler oder einer Malerin für das Porträt des Altkanzlers im Bundeskanzleramt in Bonn. Per Annonce in der "Bild"-Zeitung war die gesamte Republik beteiligt. Die Wahl fiel schließlich auf Bernhard Heisig. "Die Zeit" hat den langen Weg zur Verfertigung des Gemäldes noch einmal nachgezeichnet: Wie die Suche verlief, wie man auf den DDR-Maler kam, wie der Ex-Kanzler nach Leipzig raste, wie die SED-Führung darauf reagierte und wie der Prozess ablief: "Die Modell-Sitzungen in Leipzig waren nicht einfach. Wenn Schmidt später in der Rückschau meinte, 'Stillhalten fällt mir schwer', legte Heisig nach: 'Das haben Sie ja auch nie gemacht.' Der Künstler arbeitete drei Jahre an den Vorzeichnungen, Studien und insgesamt vier Porträts. An die Arbeit erinnerte sich Heisig als belastend, aber auch herausfordernd und interessant, so steht es in einem ZEITmagazin-Text über eine spätere Begegnung mit Schmidt am Brahmsee."
Graffiti
Über die von Moses und Taps bemalten DHL-Fahrzeuge hatte Monopol schon vor einigen Monaten berichtet, nun werden die "Post Graffiti" auch von der "Zeit" vorgestellt. "Mehrere Versuche, Moses und Taps für diesen Artikel zu einem persönlichen Gespräch zu treffen, verliefen im Sande", schreiben Christoph Heinemann und Oskar Piegsa, "Dann aber beantworteten sie einige Fragen schriftlich. Warum besprühen sie DHL-Fahrzeuge? 'Dass man plötzlich beim Begriff ›Post-Graffiti‹ an mit quietschigen Buchstaben bemalte Lieferwagen statt an domestizierte Urban-Art denkt, ist ein schöner Dreh', schreiben sie: 'Dass Graffiti sich sichtbare Bildträger sucht, liegt aber einfach in seiner Natur.'"
Performance
Leila Hekmat ist eigentlich bildende Künstlerin, hat aber jetzt im Berliner Hebbel am Ufer ihr Theaterdebüt gegeben. "'Gloriette' ist ein Abend in drei Akten und neun Szenen plus Epilog, dem man die Freude der Regisseurin an den Möglichkeiten eines Theaterraums anmerkt", schreibt Patrick Wildermann in seiner Besprechung im "Tagesspiegel". "Auf der Bühne wallt zu Beginn der verheißungsvolle Morgennebel um ein Kaufhaus, das als komplettes Gebäude nie zu sehen ist. Hekmat arbeitet viel mit Stoffen, um einzelne Abteilungen anzudeuten – oft sind es Bahnen und Vorhänge in opulenter Farbpracht, gern mit sakralen Motiven. Mal fährt auch ein Einkaufswagen voller Puppenbeine auf, oder eine Gondel öffnet als prickelnde 'Bum Bum Bar'. Der Rest bleibt der Vorstellung überlassen."